krone.at-Kommentar

Der Strom kommt also aus der Steckdose. Danke, EU!

Motor
09.06.2022 19:13

So so, der Verkehr soll also klimaneutral werden. Oder doch emissionsfrei? Der Unterschied ist vielen am aktuellen Beschluss des Europaparlaments beteiligten Personen offenbar nicht klar, wie man aus diversen Aussendungen schließen kann. Kurz erklärt: Das eine hilft dem Klima, das andere steht nur auf dem Papier. Jedenfalls sollen ab 2035 keine Neuwagen mehr zugelassen werden, die kohlenstoffhaltigen Sprit verbrennen. Weil Strom ist gut, und eFuels (oder andere Alternativen) sind böse. Geht’s noch, EU?

(Bild: kmm)

Man muss die Frage stellen, was der Zweck bzw. der Hintergrund dieser Entscheidung ist. Geht es wirklich um die Rettung des Planeten? Darum, weniger CO2 in die Atmosphäre zu blasen und dadurch die globale Erwärmung aufzuhalten? Oder gibt es andere Gründe dafür, die Zukunft nicht technologieoffen zu planen?

Denn nur weil Elektroautos laut Gesetz weder Schadstoffe noch Kohlendioxid ausstoßen, heißt das noch lange nicht, dass sie es nicht tun. Der Auspuff steht halt woanders. Ja, klar, wir in Österreich, wir haben vergleichsweise viel Ökostrom. Top! Aber Österreich ist nicht Europa. Anderswo sind die Verhältnisse anders. Da wird Kohle verbrannt, um Strom zu erzeugen. Und Gas. Und darauf, dass Atomstrom gefährlich ist, haben wir uns eigentlich auch längst verständigt. Alles Sackgassen, in denen unsere Welt gegen die Wand fährt.

Was spricht gegen die Einbeziehung von eFuels?
eFuels haben sie völlig grundlos das Bummerl zugeschoben. Das sind diese synthetischen Kraftstoffe, die Benzin und Diesel ersetzen können und die mit regenerativ erzeugtem Strom aus Wasser und der Luft entnommenem CO2 hergestellt werden. Ja, man braucht sehr viel Energie dafür. So viel, dass wir sie in unseren Breiten nicht produzieren könnten. Müssen wir aber auch nicht, denn der Strom kann dort produziert werden, wo es genug Sonne/Wind und Platz gibt. Die Energiemenge ist also zu vernachlässigen. Das würde neue Energiequellen erschließen, denn Elektrizität lässt sich nicht über unbegrenzte Strecken transportieren, daraus erzeugte Kraftstoffe schon.

Außerdem könnte man damit den aktuellen Fahrzeugbestand (theoretisch von heute auf morgen) klimaneutral bekommen (Achtung: nicht emissionsfrei!). Man müsste das alles nur wollen und entsprechend fördern. Aber halt, alles, was an Fördergeldern denkbar ist, steckt ja bereits in der Elektromobilität! Da muss das Klima natürlich zurückstecken!

Die meisten Hersteller haben sich auf das Verbot bereits eingestellt, manche Marken machen viel früher Schluss mit Verbrennern als gefordert. Manchen hätte auch nichts Besseres passieren können. Volkswagen zum Beispiel, vom Saulus zum Paulus mutiert. Mit ihrer Alles-auf-Elektro-Strategie machen sie imagemäßig den Diesel-Skandal wett, den sie verbrochen haben. Außerdem hätten sie wegen der Milliardenzahlungen, die sie sich damit eingebrockt haben, wohl kaum die Möglichkeit, wirklich mehrgleisig zu entwickeln. All in. „Alles auf eine Karte“ ist sozusagen das letzte Hemd. Solche Unternehmen profitieren natürlich davon, wenn nur noch E-Mobilität „gut“ und erlaubt, der Rest „böse“ und verboten ist.

BMW z.B. könnte auch anders. Die Münchner sind für alles offen, was es braucht. Kein Wunder, dass CEO Oliver Zipse (in seiner Funktion als Verband der europäischen Automobilhersteller/ACEA) die Forderung des EU-Parlaments kritisiert. Nicht zuletzt wegen der schwierigen Lage, in der wir uns derzeit politisch und wirtschaftlich befinden: „Angesichts der Volatilität und Unsicherheit, die wir Tag für Tag weltweit erleben, ist jede langfristige Regulierung, die über dieses Jahrzehnt hinausgeht, in diesem frühen Stadium verfrüht.“

Aber vielleicht übersehe ich etwas. Vielleicht kommt der Strom tatsächlich emissionsfrei aus der Steckdose und bei seiner Erzeugung werden weder Schadstoffe noch CO2 ausgestoßen. In dem Fall retten Batterieautos natürlich ganz allein das Klima und wir müssen nur noch genügend Lademöglichkeiten zur Verfügung stellen. Für alle. Im Gemeindebau wie auf Autobahnraststätten. Dann führen wir noch die Vier-Tage-Woche ein, damit wir genug Zeit zum Tanken haben (okay, das war jetzt polemisch und utopisch). Dann, ja, dann sind alle Probleme gelöst und der 8. Juni 2022 muss nicht als schwarzer Mittwoch in die Geschichte eingehen.

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(Bild: kmm)



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