So schön zurechtgemachte Angeklagte stehen wohl selten vor Richter Oliver Kriz: Fesches Kostüm, hochhackige Schuhe, jedes blonde Härchen sitzt perfekt, das Make-up ist aufwändig. Und auch die Stimme der als Mann geborenen Angeklagten klingt schon sehr weiblich. Von zwei Bodyguards flankiert erklärt die 28-Jährige: "Ich bin jeden Cent wert, biete dafür eine tolle Show."
Sie habe stets ihren eigenen Künstlernamen verwendet, aber sie singe auch Michelle-Songs, erklärte die Künstlerin dann Richter Kriz. "Im Vertrag habe ich nie mit dem Namen Michelle unterschrieben", so die Frau, die sich schon mehrmals wegen Betrugs vor Gericht verantworten musste und daher als einschlägig vorbestraft galt, was sich auf die spätere Strafe erschwerend auswirkte.
Bilder der echten Michelle auf Double-Homepage
Staatsanwalt Christoph Pollak hielt der Künstlerin vor, auf ihrer Homepage Fotos der echten Michelle verwendet zu haben. "Da waren auch Fotos von mir selbst drauf", sagte die Frau. "Ja, aber nicht auf der Startseite", konterte der Staatsanwalt. Die Angeklagte erklärte, sie sei davon ausgegangen, dass die Diskothekenbesitzer gewusst hätten, dass es sich nicht um die echte Michelle handelte. "Sie hat sich 2007 von der Bühne verabschiedet, die Medien haben groß darüber berichtet", betonte die Oberösterreicherin.
Für Kriz war das kein Argument: "Schaun's, Sie sind hier in einem Bundesland, wo es einen Landeshauptmann gegeben hat, der auch da und wieder weg und wieder da war." Mittlerweile sei die echte Michelle wieder im Geschäft. "Sehn's? So ernst darf man das in der Branche nicht nehmen", so der Richter.
"Ich habe nie die Absicht gehabt, zu betrügen"
Die als Zeugen geladenen Diskothekenmanager erklärten dem Richter ihr Tagesgeschäft. "Wir haben schon viele Schlagerstars gebucht, Nik P., Andy Borg oder Andreas Gabalier zum Beispiel. 2.400 Euro (für Michelle, Anm.) schien mir da ein Glücksfall. Was weiß ich, wie die mit wirklichen Namen heißen", so ein Manager. Die von der Angeklagten verwendete Anschrift hätte eine Agentur-Adresse sein können. "Ich habe nie die Absicht gehabt, zu betrügen", erklärte die Frau. Der Richter sah das allerdings anders. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung gaben keine Erklärung zum Urteil ab, es ist somit noch nicht rechtskräftig.
von Kerstin Wassermann (Kärntner Krone) und krone.at
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