Regierung im Chaos

Präsidentenmord in Haiti: Minister vor Anklage

Ausland
15.09.2021 11:01

In Haiti werden die Ermittlungen zum Mord an Präsident Jovenel Moise zunehmend von einem politischen Machtkampf überschattet: Nachdem die Staatsanwaltschaft den Regierungschef wegen möglicher Verwicklung in den Mordfall anklagen wollte, entließ Ministerpräsident Ariel Henry nun den Chef der Staatsanwaltschaft. Henry hatte der Staatsanwaltschaft zufolge in der Nacht des Attentats mit einem der Hauptverdächtigen in dem Fall telefoniert.

Die Polizei nahm bereits dutzende Verdächtige im Zusammenhang mit dem Mord fest, darunter haitianische Polizisten, kolumbianische Söldner und zwei US-Bürger haitianischer Herkunft. Unter den Festgenommenen ist auch Moïses Sicherheitschef. Laut Polizei wurde das Attentat von Haitianern mit politischen Ambitionen und Verbindungen ins Ausland geplant.

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Ich habe das Vergnügen, Sie über die Entscheidung zu informieren, Sie von Ihrem Amt zu entbinden.

Ariel Henry

Die Staatsanwaltschaft wollte nun Henry wegen möglicher Verwicklung in den Mord anklagen. Der als Chef der Staatsanwaltschaft fungierende Regierungskommissar der Hauptstadt Port-au-Prince, Bed-Ford Claude, forderte den für die Mordermittlungen zuständigen Richter auf, den Regierungschef anzuklagen. Claude forderte zudem, „aufgrund der Schwere der aufgedeckten Tatsachen“ eine Ausreisesperre gegen Henry zu erlassen.

Zuvor hatte es Forderungen aus der Regierung gegeben, dass der Regierungschef zurücktreten solle. Der Regierungschef setzte nun aber den Chef der Staatsanwaltschaft ab: „Ich habe das Vergnügen, Sie über die Entscheidung zu informieren, Sie von Ihrem Amt zu entbinden“, hieß es in einem Schreiben Henrys, das am Dienstag (Ortszeit) öffentlich wurde.

Henry nicht verfassungsmäßig bestätigt
Moise hatte Henry keine 36 Stunden vor seinem Tod zum bereits siebten Regierungschef seiner Amtszeit ernannt. Henry und sein Kabinett wurden allerdings nach einem Machtkampf um das Amt erst mehrere Wochen später am 20. Juli vereidigt. Da Haiti seit Anfang 2020 kein beschlussfähiges Parlament hat, konnte der 71 Jahre alte Ex-Innenminister und Neurochirurg nicht verfassungsgemäß im Amt bestätigt werden. Für September geplante Präsidenten- und Parlamentswahlen in dem von Erdbeben und Wirbelstürmen geplagten, armen Land wurden auf November verschoben. Bevor Henry sein Amt als Regierungschef Mitte Juli antrat, hatte er sich einen Machtkampf mit Interims-Ministerpräsident Claude Joseph geliefert. In der Folge wurde Joseph wieder Außenminister.

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