Nach Doskozil-Abgang

„Briefe vielleicht zu Zeiten von Goethe spannend“

Politik
30.04.2021 17:43

Die SPÖ will die Anzahl der Vizeparteichefs reduzieren - von 17 auf sechs. Dass der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil herausfällt, war von Anfang an klar. Also hat er vorgegriffen und in einem Brief an die Parteispitze angekündigt, nicht mehr zu kandidieren. Darin hat er auch mit Kritik an der SPÖ nicht gespart. Ist die berechtigt? Hat die SPÖ ihre Volksnähe verloren und wohin muss sie sich orientieren, um zukunftsfähig zu bleiben? Das bespricht krone.tv-Journalistin Damita Pressl diese Woche bei „Moment Mal“ mit der Nationalratsabgeordneten Julia Herr und dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (beide SPÖ).

Wenn sich Herr und Kaiser über den Schritt Doskozils geärgert haben, dann merkt man es ihnen im Gespräch zumindest nicht an - es gebe wichtigere Dinge zu diskutieren, sagen beide sinngemäß, obwohl die Stimmung parteiintern ganz anders aussehen dürfte. Interne Diskussionen müssen „per se nichts Schlechtes sein“, sagt Herr, man dürfe aber angesichts von Rekordarbeitslosigkeit und Armutszuwachs „keine Zeit an diese Debatten verschwenden“. „Es gibt wichtigere Dinge als Briefinterpretationen“, befindet auch Kaiser, „das mag vielleicht zu Zeiten von Goethe spannend gewesen sein.“

Migration? „Müssen die Menschen überzeugen“
Ein Kritikpunkt Doskozils ist die Migrationspolitik der SPÖ. Denn die Mehrheit der Österreicher wünsche sich eine Migrationspolitik rechts der Mitte. Doch die politische Vision einer Partei nur nach der Mehrheitsmeinung zu richten, „das wäre ja der Untergang der Politik“, meint Herr. „Ich glaube, es geht darum, dass wir als Partei die Mehrheit der Bevölkerung von den Vorstellungen, für die wir kämpfen, überzeugen müssen.“ Das Migrationspapier, das Doskozil erwähnt, und an dem Doskozil und Kaiser gemeinsam gearbeitet haben, sehe einheitliche europäische Richtlinien vor, erklärt Kaiser, und würde wohl auch umgesetzt, hätte die SPÖ Regierungsverantwortung.

Soziale Gerechtigkeit? „Nicht genügend getan worden“
Wenn es nicht die Migration ist, warum also wandert besonders die Gruppe der Arbeiter immer stärker zur FPÖ ab? Hier wird Herr dann doch ein wenig selbstkritisch: In den letzten 20 Jahren sei „nicht genügend getan worden“, um gerechte Löhne und faire Bedingungen herzustellen. Die Sozialdemokratie sollte all jene vertreten, sagt auch Kaiser, „die sich über ihre Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen“. Das sei aber kein Widerspruch zu „Nischenthemen“, wie Doskozil sie nennt. „Es geht Hand in Hand, für Arbeitsplätze und gegen Diskriminierung zu kämpfen. Ich sehe da keinen Unterschied“, sagt Herr.

Was nun, Sozialdemokratie?
Die Zukunftsthemen der SPÖ sieht Kaiser im Umweltbereich, im Sozialstaat und im Anpassen der Arbeitswelt an neue Gegebenheiten: Immer mehr Wertschöpfung geschieht nicht mehr über menschliche, sondern über digitale und maschinelle Produktion. Doch das Comeback wird wohl nicht ganz einfach. „Wir liegen nicht dort, wo wir liegen könnten“, gibt Herr zu. Sie sieht bei der aus ihrer Sicht unzureichenden Sozialpolitik der Regierung genügend Anknüpfungspunkte. „Das ist für uns jetzt der Hebel“, sagt sie und verweist auf die steigenden Umfragewerte. „Man kann unserer Parteivorsitzenden viel vorwerfen, aber nicht, dass sie nicht Klartext gesprochen hätte im Kontext von Corona.“ Tatsächlich konnte die SPÖ im Zuge der Krise in Umfragen zulegen - die Frage ist nur, ob sie diesen Vorsprung behält.

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