Kurz zieht Reißleine

Kickl muss gehen - und alle FPÖ-Minister folgen!

Österreich
20.05.2019 22:19

Türkis-blauer Super-GAU im Sog der Ibiza-Affäre: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat FPÖ-Innenminister Herbert Kickl kaltgestellt! Nach einem offenbar nicht erfolgreich verlaufenen Treffen der beiden verkündete Kurz am Montagabend in einer Pressekonferenz, den Bundespräsidenten um die Entlassung des blauen Hardliners bitten zu wollen (siehe Video oben). Damit treten auch alle freiheitlichen Ministerinnen und Minister zurück, wie die FPÖ bereits zuvor angekündigt hatte und kurz nach dem Statement des Kanzlers bestätigte. Laut Kurz werden sie in einer Übergangsregierung durch Experten und Spitzenbeamte ersetzt.

Der Bundeskanzler bedauerte in seiner Rede erneut die Lage, in der man sich derzeit befinde. Die FPÖ lasse es schlicht an „Sensibilität“ in der Causa fehlen, es gebe bei den Freiheitlichen keinen richtigen Willen zur Aufklärung der Ibiza-Affäre. Er habe den Eindruck, dass die FPÖ die Dimension des Skandals nicht realisiere. An sich sei er ja zu 100 Prozent zur inhaltlichen Regierungsarbeit gestanden, so Kurz, einige Personen hätten sich aber als nicht regierungsfähig erwiesen.

Experten ersetzen freiheitliche Minister
Er werde deshalb Bundespräsident Alexander Van der Bellen bitten, Innenminister Kickl zu entlassen - was der Staatschef laut Beobachtern auch machen wird. Kurz erklärte, da er annehme, dass nun alle freiheitlichen Minister - wie angekündigt - zurücktreten werden, sollen frei werdende Positionen von Experten und Spitzenbeamte besetzt werden. Damit bleibe die Regierung handlungsfähig. 

Regierungsumbildung „das einzig Richtige“
Diese Vorgangsweise bis zur vorgezogenen Nationalratswahl sei mit Van der Bellen abgesprochen worden, sagte Kurz. Er habe auch Kickl dessen bevorstehende Entlassung mitgeteilt, ebenso sei der neue FPÖ-Chef Norbert Hofer darüber informiert worden. Lieber wäre es ihm aber gewesen, so Kurz, hätte Kickl das Amt von sich aus geräumt, um die Aufklärung der Vorwürfe um illegale Parteienfinanzierung bei den Freiheitlichen zu ermöglichen. Jedenfalls sei die Regierungsumbildung „das einzig Richtige“, um Stabilität im Land gewährleisten zu können.

Das ganze, gut 13-minütige Statement des Bundeskanzlers sehen Sie hier:

Misstrauensantrag gegen den Kanzler?
Nach dem Kanzler-Statement ließ ein FPÖ-Sprecher dann wissen, dass mit Kickls erzwungenem Abgang wie angekündigt alle Freiheitlichen ihre Regierungsämter niederlegen. Kickl selbst schloss Konsequenzen in Richtung ÖVP nicht aus - nämlich in Form eines von JETZT gegen Kanzler Kurz ins Auge gefassten Misstrauensvotums im Nationalrat. „Der Hausverstand sagt einem, dass es relativ schwer ist, von jemandem das Vertrauen zu verlangen, dem man gerade das Misstrauen ausgesprochen hat“, so Kickl. Hofer meinte, man werde darüber beraten, ob man dem Antrag zustimme. Ob sich auch die SPÖ daran beteiligt, ist noch unklar - doch Parteichefin Pamela Rendi-Wagner scheint nicht abgeneigt, fordert sie doch Experten für alle Regierungsämter, auch jenes des Bundeskanzlers.

Aufbegehren der FPÖ-Granden blieb erfolglos
Hofer und Kickl hatten am Vormittag noch um das Innenministerium gekämpft - und eben den Rücktritt der gesamten blauen Ministerriege angekündigt, sollte Kickl sein Amt nicht behalten dürfen. Hofer meinte in einer gemeinsamen Pressekonferenz, dieser habe sich nichts zuschulden kommen lassen - und so könne man nicht zustimmen, dass er abberufen werde. Das Ibiza-Video sei „unentschuldbar“, auf Kickl als Innenminister bestehe man aber: Das Vorgehen der ÖVP „dulden wir in der FPÖ nicht“.

„Kalte und nüchterne Machtbesoffenheit der ÖVP“
Kickl schob in seinem Statement erneut Kurz und der ÖVP die Schuld für den Bruch der Koalition zu. Der Bundeskanzler habe den Verlust des Innenministeriums an die FPÖ noch immer nicht verwunden. Nun habe man die Chance gesehen, sich dieses Ressort zurückzuholen - „koste es, was es wolle“. Plötzlich sei es darum gegangen, ihn aus dem Amt zu entfernen. Es sei die Absicht gewesen, „einen Regierungspartner zu knebeln“, so Kickl, und „ein Rückfall in die Untiefen der ÖVP-Machtpolitik, die dieses Land so viele Jahre gelähmt gehalten hatte“. Sei es auf Ibiza eine „verantwortungslose Besoffenheit infolge von Alkohol gewesen, dann ist das jetzige Vorgehen der ÖVP eine kalte und nüchterne Machtbesoffenheit“.

Hofer „unendlich traurig“ über Koalitions-Aus
Hofer erklärte dann am Abend nach den jüngsten Entwicklungen, er sei „unendlich traurig, dass es so zu Ende gegangen ist“. Was die bevorstehende Wahl betrifft, meinte er im ORF-„Report spezial“, es sei „davon auszugehen“, dass er die FPÖ als Spitzenkanidat in diese führen werde. Über die - bisher immer als seine feste Absicht genannte - neuerliche Kandidatur bei der nächsten Bundespräsidentenwahl denke er jetzt nicht mehr nach: Das sei „so weit weg“, das werde man dann sehen.

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