"Es stellt sich die Frage, wie kompetent waren die Untersuchungen, dass man so etwas übersehen hat", meinte Chirurg Georg S. Kobinia bei einer Pressekonferenz in Wien. Kobinia hat im Auftrag der Familie des nach der Transplantation verstorbenen Patienten Manfred Lassbacher ein Privatgutachten erstellt.
Der spätere Spender aus Villach war zunächst in seiner Heimatstadt behandelt und danach am 10. Juli 2007 für die Organentnahme in das LKH Klagenfurt überstellt worden. Seine Nieren wurde daraufhin an zwei mögliche Empfänger in Graz weitergegeben.
Spender war "Risikopatient"
Beim Ultraschall in Klagenfurt wurden die Metastasen des 57-Jährigen nicht entdeckt. Dabei handelte es sich nicht um ein junges Unfallopfer, sondern laut Kobinia um einen "Risikopatienten", der unter einer Leberzirrhose litt, starker Raucher war und schlussendlich an einer Gehirnblutung starb. Auch den "suspekten Befunden" des Landeskrankenhaus Villach - unter anderem schlug ein Tumormarker an - wurde nicht nachgegangen. Die Schuld sieht die Anwältin der Familie, Karin Prutsch, beim LKH Klagenfurt.
Die erste Niere des 57-Jährigen wurde dem Grazer Patienten in der Nacht auf 14. Juli 2007 eingesetzt. Bei der Transplantation der zweiten Niere, die ein 28-Jähriger bekommen sollte, wurden die Metastasen rechtzeitig entdeckt. "Der junge Mann hatte das Glück, dass er der zweite im Operationssaal war", sagte Prutsch.
Zwölf Stunden später wurde Lassbacher die Niere wieder entnommen. Zwei Jahre später, im April 2009, starb der Steirer an Krebs. "Das Organ war bereits an den Blutkreislauf angeschlossen", sagte Prutsch. Eine DNA-Analyse zeigte, dass das Tumorgewebe von Lassbacher morphologisch ident mit jenem dem Spendertumors sei, so Kobinia.
Sohn: "Damit so etwas nie mehr passiert"
Anzeige gegen das Klagenfurter Krankenhaus wurde nicht erstattet. Man möchte für die Witwe und den Sohn von Manfred Lassbacher eine außergerichtliche Einigung auf Schadenersatz. "Der Grund, warum ich hier sitze, ist, den Weg meines Vaters weiterzugehen, seine Tapferkeit weiterzuführen und damit so etwas nie wieder passiert", sagte Lukas Lassbacher.
Als "bedauerlichen Vorfall" hat der medizinische Direktor des Landeskrankenhaus Klagenfurt, Peter Lind, den Tod des Steirers bezeichnet. Man habe sich bei der Organentnahme in Klagenfurt rechtmäßig und gemäß den internationalen Richtlinien verhalten, üblich sei vor Transplantationen eine Ultraschalluntersuchung des vorgesehenen Organs, erklärte Lind am Donnerstag.
Direktor LKH Klagenfurt: "Nur halbe Stunde Zeit"
In solchen Fällen bleibt den Ärzten ein Zeitfenster von etwa einer halben Stunde. "Eine andere Untersuchung als ein Ultraschall geht sich zeitlich nicht aus. Der Nachteil ist, dass dadurch Tumore oder Läsionen im Millimeterbereich und mit der selben Dichte wie das Organ nicht zum Vorschein gebracht werden können", erklärte der Mediziner.
Die Anwältin der Familie spricht von einem anderen Zeitfenster: "Der Spender ist dort drei Tage lang auf der Intensivstation gelegen. Da hätte man Zeit genug gehabt, diese suspekten Befunde weiter zu verfolgen." Lind meinte zudem, dass die Ärzte auch bei der Explantation nichts sehen hätten können, da die Niere von Fettgewebe umgeben ist. Trotz dieses Vorfalls glaubt Lind nicht, dass sich die Vorgehensweise ändern wird: "Ich glaube nicht, dass man in Zukunft andere Diagnosemechanismen einbauen kann." Der Zeitrahmen würde spezielle Krebsuntersuchungen einfach nicht zulassen.
"CT oder MRT notwendig"
Gutachter Kobinia ist da anderer Meinung: Die Art der Untersuchung vor Explantationen müssten sich ändern. "Das wäre der nächste Schritt", so der Mediziner. Die Untersuchungen müssten um ein CT oder MRT erweitert werden.
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