Studie über Muslime

Hälfte der Flüchtlinge verweigert Handschlag

Wissenschaft
10.08.2017 12:05

Wie stehen heimische Muslime zu den Themen Religionsverständnis, Gesellschaft, Politik, Familie und Antisemitismus? Dieser Frage gingen Peter Filzmaier und Flooh Perlot von der Donau-Universität Krems auf den Grund. 1129 Flüchtlinge, Zuwanderer und in Österreich geborene Muslime wurden befragt. Die Kremser Studie zeigt unter anderem: Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge sowie über 40 Prozent der türkischstämmigen Befragten haben "sehr oder eher Verständnis dafür", wenn Männer Frauen nicht die Hand reichen.

Die Untersuchung wurde von der Donau Universität Krems im Auftrag des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) erstellt. Befragt wurden Muslime mit türkischem und bosnischem Migrationshintergrund sowie muslimische Flüchtlinge aus den Ländern Syrien, Afghanistan, dem Irak, Iran und Somalia sowie aus Tschetschenien. Es zeigten sich große Unterschiede in den verschiedenen muslimischen Gruppen - im Folgenden die Ergebnisse im Detail.

Persönlicher Glauben
Die Studie zeigt, dass sich die unterschiedlichen muslimischen Gruppen in ihren Einstellungen und ihrer Religiosität zum Teil unterscheiden, betont Studienautor Filzmaier: "Vor allem Befragte aus Somalia bezeichnen sich selbst als sehr gläubig, auch bei Personen aus Tschetschenien ist dieser Anteil überdurchschnittlich hoch. Während sich Befragte türkischer Herkunft und aus Syrien etwas häufiger als sehr gläubig deklarieren, sagen rund die Hälfte der Personen aus dem Iran und Personen bosnischer Herkunft von sich, nicht oder eher nicht gläubig zu sein."

Islam in der Gesellschaft
Sieben von zehn der befragten Flüchtlinge wollen sehr oder eher, dass der Islam in ihrer eigenen Familie eine starke Rolle einnimmt. Dass der Islam auch in der Gesellschaft eine starke Rolle spielen soll, dieser Aussage stimmt ein Viertel der befragten Flüchtlinge sehr, weitere 20 Prozent eher zu. Fast zwei Drittel der Flüchtlinge sowie rund die Hälfte der befragten Menschen türkischer Herkunft sprechen sich sehr oder eher dafür aus, dass religiöse Regeln im Alltag auf jeden Fall Platz einnehmen sollen. Auch zeigen mehr als die Hälfte der Flüchtlinge sowie über 40 Prozent der Türkischstämmigen sehr oder eher Verständnis dafür, wenn Männer Frauen nicht die Hand reichen.

Viertel der Befragten will islamisches Recht berücksichtigt haben
Mehr als drei Viertel aller Befragten bosnischer Herkunft sowie zwei Drittel der Befragten türkischer Herkunft und mehr als die Hälfte der Flüchtlinge finden österreichische Gesetze und Vorschriften für gläubige Muslime angemessen. Zugleich ist ein Viertel der Flüchtlinge der Meinung, dass islamische Rechtsvorschriften berücksichtigt werden sollten. Insbesondere Befragte aus Tschetschenien und Afghanistan sind häufiger dieser Meinung.

Religion und Partnerwahl
Für knapp zwei Drittel der Flüchtlinge ist es sehr oder eher wichtig, dass ihr Partner bzw. ihre Partnerin ebenfalls muslimischen Glauben hat, besonders wichtig ist dies für Somalier und Tschetschenen. Auch mehr als die Hälfte der Befragten türkischer Herkunft stimmt hier zu.

Gleichstellung
40 Prozent der Befragten türkischer Herkunft sowie ein Drittel der Flüchtlinge wollen, dass Frauen auf jeden Fall als Jungfrauen in die Ehe gehen. Unter Menschen bosnischer Herkunft stimmt nur ungefähr jeder Zehnte dieser Aussage zu. Der gemeinsame Turn- und Schwimmunterricht von Mädchen und Burschen wird von jedem Fünften der befragten Flüchtlinge stark abgelehnt.

Jeder dritte Somalier ist bereit, für Glauben zu sterben
Somalier zeigten sich in der Befragung sehr radikal: Jeder Dritte ist der Ansicht, man müsse bereit sein, für die Verteidigung seines Glaubens zu sterben. Insgesamt wird die Aussage, dass man bereit sein muss, für den Glauben zu sterben, allerdings unter allen Befragten großteils abgelehnt (58 Prozent "auf gar keinen Fall").

Witze über Islam wollen drei Viertel der Befragten verboten sehen
Eine Gleichberechtigung aller Religionen wird quer durch alle Gruppen mit mehr als 80 Prozent befürwortet. Knapp 60 Prozent der Flüchtlinge und Befragten türkischer Herkunft finden jedoch, dass es verboten sein soll, sich öffentlich über den Islam lustig zu machen, weitere rund 20 Prozent stimmen dieser Aussage eher zu.

Juden teilweise ein Feindbild für Flüchtlinge
Knapp die Hälfte jener, die sich als sehr gläubig einschätzen, stimmt der Aussage zu, dass Israel der Feind aller Muslime sei. Besonders hoch ist die Zustimmung unter Somaliern sowie unter Syrern. Insgesamt stimmt ein gutes Drittel der Flüchtlinge und der Personen türkischer Herkunft dieser Aussage zu, eine Mehrheit dieser Gruppe lehnt sie gleichzeitig ab. Der Aussage, dass Juden zu viel Macht auf der Welt hätten, stimmen gut ein Drittel der befragten Syrer und ein Viertel der Befragten türkischer Herkunft klar zu, ein weiteres Drittel stimmt dem eher zu.

Kurz: "Wir brauchen vor allem drei Punkte"
Integrationsminister Sebastian Kurz erklärte am Donnerstag gegenüber krone.at: "Ich sehe mich bestätigt in meiner Haltung. Wir brauchen vor allem drei Punkte:

  • Migration massiv reduzieren, insbesondere von bildungsfernen Menschen aus anderen Kulturkreisen;
  • eine Reform der Sozialsysteme, damit Menschen nicht in der Mindestsicherung verharren, damit am Rande der Gesellschaft stehen und dadurch Parallelgesellschaften gefördert werden;
  • konsequente Sprach- und Wertevermittlung im Bildungssystem anstatt Parallelstrukturen wie Islam-Kindergärten."

Kurz weiter: "Insbesondere Islamkindergärten zeigen, dass durch ethnische, religiöse und sprachliche Abschottung Integrationsprobleme in die folgenden Generationen weitergetragen werden."

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