Übergriffe in Köln

Merkel: “Harte Antwort des Rechtsstaats nötig”

Ausland
05.01.2016 19:43

Politiker aller deutschen Parteien fordern nach den Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln ein entschiedenes Vorgehen gegen die Täter. Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte die Attacken "widerlich", nötig sei eine "harte Antwort des Rechtsstaats". Innenminister Thomas de Maiziere verurteilte die Übergriffe als "abscheulich und nicht hinnehmbar". Stadt und Polizei gaben am Dienstag bei einem Krisengipfel bekannt, dass die Sicherheitsvorkehrungen bei Großereignissen künftig verstärkt werden und es gleichzeitig einen Verhaltenskodex für Bürger geben soll.

Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert drückte Merkel in einem Telefonat mit der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker "ihre Empörung über diese widerwärtigen Übergriffe und sexuellen Attacken aus". Es müsse alles daran gesetzt werden, die Schuldigen so schnell und so vollständig wie möglich zu ermitteln und ohne Ansehen ihrer Herkunft oder ihres Hintergrundes zu bestrafen.

De Maiziere: "Flüchtlinge nicht unter Generalverdacht stellen"
Ähnlich empört wie Merkel reagierten weitere Spitzenpolitiker. Inennminister Thomas De Maiziere mahnte: "Der Rechtsstaat darf nicht zulassen, dass Menschen, die in unseren Städten friedlich feiern, derartigen Übergriffen ausgesetzt sind." Allerdings dürfe die offensichtliche Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund an den Taten "nicht dazu führen, dass nun Flüchtlinge, gleich welcher Herkunft, die bei uns Schutz vor Verfolgung suchen, unter einen Generalverdacht gestellt werden".

Die Taten seien "nicht entschuldbar", sagte der deutsche Justizminister Heiko Maas. Auch er warnte zugleich vor "Pauschalisierungen" oder einer Verknüpfung der Vorfälle mit dem Flüchtlingsthema. "Es kommt im Strafrecht nicht darauf an, wo jemand herkommt oder welchen Pass er hat, sondern es geht um konkrete Tatnachweise - und das ist jetzt Aufgabe der Ermittlungsbehörden."

NPD und AfD machen Stimmung gegen Merkels Asylpolitik
Die rechtsextremistische NPD und die rechtspopulistische AfD versuchten wiederum die Vorfälle in den sozialen Medien zu instrumentalisieren, um Stimmung gegen Flüchtlinge und Politiker der etablierten Parteien zu machen. AfD-Chefin Frauke Petry sprach von den "entsetzlichen Folgen einer katastrophalen Asyl- und Migrationspolitik" und verlangte von der Kanzlerin, "endlich die Sicherheit in Deutschland wiederherzustellen". Auf Facebook warnte ihre Partei vor Überfremdung in Deutschland: "Nein Danke, Frau Merkel, das wollen wir nicht!"

Die parteilose Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker betonte, dass die Behörden noch keinerlei Hinweise hätten, dass es sich bei den Tätern um Flüchtlinge handle. Doch laut dem Kölner "Express" soll es sich - laut Aussagen der Polizei - um Asylanten handeln (siehe Screenshot unten).

Zudem handelte sich Reker einen gewaltigen Shitstorm ein, nachdem sie auf die Frage von Journalisten, wie man sich als Frau besser schützen könne, unter anderem antwortete: "Es ist immer eine Möglichkeit, eine gewisse Distanz zu halten, die weiter als eine Armlänge betrifft."

Die Reaktionen - etwa bei Twitter unter dem Hashtag #einearmlaenge - pendelten zwischen Spott und scharfer Kritik. Ein Nutzer des Kurznachrichtendienstes schrieb etwa: "Ich könnte platzen! Bekommen Frauen jetzt eine Mitschuld, wenn sie sich nicht an die Verhaltensregeln halten?" Ein anderer kommentierte ironisch: "Banken sollten vielleicht besser #einearmlaenge Abstand von Bankräubern halten."

"Hier geht es um Männergewalt"
Die Grünen-Politikerin Claudia Roth warnte dennoch davor, die Vorfälle als Vorwand für Ressentiments gegenüber Asylsuchenden zu nutzen. "Es ist doch nicht so, dass wir jetzt sagen können, das ist typisch Nordafrika, das ist typisch Flüchtling", sagte Roth gegenüber dem WDR. "Hier geht es um Männergewalt und hier geht es um den Versuch, eine Situation wie die Silvesternacht auszunutzen, als wäre das ein rechtsfreier Raum."

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft verlangte von Justiz und Polizei ein konsequentes Vorgehen. "Klar ist, dass dies unabhängig von der Herkunft erfolgen muss. In den Fällen, wo die Voraussetzungen gegeben sind, müssen kriminelle Straftäter dann auch abgeschoben werden", sagte die Politikerin.

"Menschen fremder Kulturen die Spielregeln besser erklären"
Beim Krisengipfel am Dienstag verkündete die Stadt, dass sie einen Verhaltenskodex herausgeben wolle, der den Bürgern online zugänglich gemacht werde. Bei Großereignissen wie beispielsweise dem berühmten Karneval sollen die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt werden. Bei Events ohne offiziellen Veranstalter wird die Stadt künftig als fiktiver Veranstalter wirksam. Weiters soll es auch eine temporäre Videoüberwachung geben. Reker betonte: "Wir müssen den Menschen fremder Kulturen die Spielregeln bei Großereignissen besser erklären. Offenherzigkeit darf nicht mit Freizügigkeit verwechselt werden."

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Aus dem Video-Archiv: Frau in zehn Stunden 108 Mal von Männern belästigt

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