Vor Wirtschaftsboom?

Ägypten setzt enorme Hoffnungen in neuen Suezkanal

Wirtschaft
06.08.2015 16:25
Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hat am Donnerstag den neuen Suezkanal eingeweiht. Die 72 Kilometer lange Wasserstraße verläuft teilweise parallel zum fast 150 Jahre alten Suezkanal, der das Mittelmeer und das Rote Meer miteinander verbindet. Die zweite Fahrrinne fungiert auch als Gegenverkehrsspur und erhöht die Kapazität des Kanals deutlich. Das Projekt soll nicht nur dem Land ein wahres Wirtschaftswunder bringen, sondern auch das internationale Ansehen der Regierung aufpolieren.

Bei der Eröffnungszeremonie stand der frühere Armeechef Sisi in Galauniform auf einer historischen Jacht und fuhr an der Spitze einer Flottenparade auf dem Kanal, während Kampfflugzeuge und Hubschrauber über die Szenerie flogen. Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande wohnte der Einweihung als Ehrengast bei, auch andere ausländische Staatschefs waren zugegen. Für die Zeremonie wurden strenge Sicherheitsvorkehrungen getroffen, die Behörden wollten Ägypten als sicheres Land präsentieren.

Mega-Projekt in weniger als einem Jahr realisiert
Die Erweiterung des Suezkanals um eine zusätzliche Wasserstraße kostete umgerechnet rund acht Milliarden Euro, wurde in weniger als einem Jahr realisiert und ist ein Prestigeprojekt Sisis. Dieser hatte vor seiner Wahl im Mai 2014 vor allem einen Aufschwung für die Wirtschaft versprochen. Die Arbeiten an dem neuen Kanal wurden auf den Tag genau ein Jahr vor der Einweihung von Sisi in Gang gesetzt und sollten von vornherein nur ein Jahr dauern - obwohl erste Schätzungen von einer Bauzeit von etwa drei Jahren ausgegangen waren. Die nötigen Gelder trieb die Regierung größtenteils über den Verkauf von Anleihezertifikaten an Bürger auf.

Der zügige Bau solle eine "Botschaft für die Öffentlichkeit und ausländische Investoren" sein, dass die Regierung in der Lage sei, Projekte zu leiten, sagt Amr Adly, Experte am Carnegie Center für den Mittleren Osten. Seit dem Sturz des früheren Präsidenten Mohammed Mursi vor zwei Jahren stehe die neue Führung demnach unter dem Druck, ihre Rechtmäßigkeit innerhalb und außerhalb Ägyptens unter Beweis stellen zu müssen. Die Fähigkeit, ein wirtschaftliches Projekt wie den neuen Suezkanal umzusetzen, sei Teil des Vorhabens, "diese Rechtmäßigkeit zu zementieren".

Milliarden an Mehreinnahmen, eine Million neue Jobs
Der erste Suezkanal war nach fast einem Jahrzehnt Bauzeit 1869 eröffnet worden. Er erspart Schiffen das Umfahren Afrikas und ist eine der am meisten befahrenen Wasserstraßen überhaupt. Der neue Suezkanal - neben der zweiten Fahrrinne wurde teilweise auch der alte Kanal erweitert und vertieft - ermöglicht nun deutlich mehr Verkehr zwischen dem Mittelmeer und dem Roten Meer: Während dort heute rund 50 Schiffe täglich unterwegs sind, sollen es bis 2023 mit etwa 100 doppelt so viele sein. Zudem kann der neue Kanal künftig in beide Richtungen befahren werden - die durchschnittliche Wartezeit für Schiffe verkürzt sich dadurch von 18 auf elf Stunden.

Für Ägypten sind vor allem die Gebühren für die Durchfahrt eine wichtige Einnahmequelle. Vom neuen Suezkanal erhofft sich die Regierung, dass er weit mehr Geld in die Kassen spült: Während für 2015 Einnahmen in Höhe von umgerechnet rund 4,9 Milliarden Euro erwartet werden, sollen es 2023 bereits 12,1 Milliarden sein. Darüber hinaus wollen die Behörden das Ufer des neuen Kanals zu einem Industrie- und Handelsgebiet ausbauen - mit mehreren Häfen und einer Service-Anlaufstelle für Handelsflotten. Alles in allem verspricht die Regierung für die nächsten 15 Jahre nicht weniger als eine Million neue Jobs.

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