Hoffnung im Staub
Maddie McCann: Suchtrupp gräbt bei Wohnhaus
Die Polizei ist angerückt, das Gelände abgesperrt: In Portugal läuft seit Dienstagmorgen eine neue Großsuche nach Madeleine McCann. Im Fokus: ein Grundstück beim ehemaligen Wohnhaus des Hauptverdächtigen. Es könnte die letzte Chance sein, Antworten zu finden.
Es ist Dienstagmorgen, 3. Juni 2025, als sich schwere Einsatzfahrzeuge durch die staubige Landschaft nahe Praia da Luz wälzen. Ermittler errichten blaue Zelte, sperren Wege, bringen schweres Gerät in Stellung. Der Ort: Atalaia, ein paar Kilometer vom Ferienort entfernt, wo Madeleine McCann 2007 spurlos verschwand.
Die Szene ist gespenstisch vertraut – doch diesmal liegt der Fokus auf einem bestimmten Anwesen: einem kleinen Haus, in dem Christian B. einst lebte. Der Deutsche sitzt in Haft – nicht wegen Madeleine, sondern wegen der Vergewaltigung einer 72-jährigen US-Amerikanerin. Sein Name schwebt dennoch seit Jahren über dem Fall wie ein dunkler Schatten.
Maddie McCann war am 3. Mai 2007 während eines Familienurlaubs in Portugal aus einer Ferienwohnung verschwunden. Sie war damals drei Jahre alt – heute wäre sie 22. Seither fehlt jede Spur von ihr. Anstoß für die erneute Suche ist eine Anordnung der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Deutsche Ermittler wollen mit modernster Radartechnik das Grundstück durchleuchten – auf der Suche nach einer Wahrheit, die seit 18 Jahren verborgen liegt.
Ermittler durchkämmen Ruinen und ein verlassenes Farmhaus
Etwa eine Stunde nach Beginn der Aktion durchsuchten sechs Kriminalbeamte ein verfallenes Gebäude auf einer bewachsenen Anhöhe bei Atalaia. Das alte Farmhaus liegt abgeschieden oberhalb des Küstenorts, Spaziergänger ziehen nur wenige Meter entfernt den Hang entlang.








Die Ermittler tragen Plastikboxen aus dem Inneren – offenbar gefüllt mit Erde und möglichem Fundmaterial. Weiße Schutzhelme lehnen an einer brüchigen Mauer, während ein Mann das Gestrüpp mit einem Trimmer zurückschneidet. Das Dach fehlt komplett, das Haus wirkt wie aufgegeben.
Ganz in der Nähe stehen zwei Zelte – ein beiges und ein blaues –, sie dienen als Basislager für Ausrüstung und Verpflegung. Hier lagern unter anderem Bodenradargeräte, die erst beim Fund auffälliger Strukturen unter der Erde weitere Grabungen auslösen sollen.
Das Haus von Christian B. – Spur oder Sackgasse?
Das Gelände, das jetzt durchkämmt wird, umfasst 21 Parzellen. Es geht um alte Brunnen, Wassertanks, verwachsene Ruinen – alles im Umkreis von B.s ehemaligem Zuhause. Mit Bodenradar können die Beamten bis zu viereinhalb Meter tief blicken. Wenn der Apparat anschlägt, wird gegraben.
Ein portugiesischer Polizist, der anonym bleiben will, fasst es gegenüber Reportern so zusammen: „Unsere Erwartungen sind niedrig – aber wir haben unsere Befehle.“ Intern kursiert bei den lokalen Behörden die Hoffnung, dass alles „in einem Tag erledigt“ sei.
Schon 2023 hatten Taucher einen Stausee durchsucht, den B. einst sein „kleines Paradies“ genannt haben soll – ohne Ergebnis. Auch frühere Grabungen der britischen Polizei verliefen im Sand. Und so schwingt auch diesmal ein bitterer Ton mit: Der Wille ist da – doch die Zweifel sind es ebenso.
Unsere Entschlossenheit, keinen Stein unberührt zu lassen, ist ungebrochen.
Kate und Gerry McCann am 3. Mai 2025 (18. Jahrestag der Entführung)
Letzter Versuch vor Christian B.s Freilassung
Laut portugiesischen Medien sollen auch zwei alte Brunnen vollständig leergepumpt werden. Ziel: herauszufinden, ob dort Spuren oder Beweise verborgen sind. Die Initiative geht demnach von den deutschen Ermittlern aus – warum genau, wurde bisher nicht veröffentlicht.
Im September 2025 könnte Christian B. entlassen werden - wenn sich kein belastendes neues Material ergibt. Bis heute hat er jede Beteiligung an Maddies Verschwinden bestritten. Dennoch bleibt er der einzige offiziell benannte Verdächtige. Madeleines Eltern, Kate und Gerry McCann, äußerten sich bislang nicht zur neuen Aktion.
Anwohner in Praia da Luz reagieren zurückhaltend. Tony Gallagher, seit 20 Jahren dort lebend, erinnert sich noch gut an die ersten Suchaktionen im Jahr 2007: „Alle wollen Antworten, aber es wurde in den letzten 20 Jahren schon so viel Geld ausgegeben – ohne echte Ergebnisse.“
Hoffnung im Staub – oder das Ende einer Spur?
Auch die britische Polizei ist dieses Mal nur Beobachterin. Operation Grange, die Maddie-Sondereinheit von Scotland Yard, läuft zwar weiter - aber die Führung liegt bei Portugal und Deutschland. Offiziell soll noch bis Freitag gesucht werden – vielleicht auch länger, falls etwas entdeckt wird. Die Lage bleibt angespannt. Denn falls diesmal wieder nichts gefunden wird, könnte das Ermittlungsinteresse endgültig verebben.
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