Umstrittener Test

Forscher wollen H7N9-Virus aggressiver machen

Wissenschaft
07.08.2013 19:00
Forscher wollen für Experimente die Aggressivität des tödlichen Vogelgrippevirus H7N9 künstlich steigern. Das sei zum besseren Verständnis der Erreger notwendig, argumentierten die Virologen Ron Fouchier und Yoshihiro Kawaoka in einem offenen Brief im Fachmagazin "Nature". Bei solchen Versuchen, die höchst umstritten sind, erhält ein Gen eine neue Funktion oder eine höhere Aktivität.

An dem Erreger (Bild 2) sind bis Juli laut Weltgesundheitsorganisation WHO 43 Menschen gestorben. Zwar sei der Ausbruch derzeit gebannt, aber im Winter könnte das Virus wieder auftauchen, schreiben Ron Fouchier vom Medical Center in Rotterdam und Yoshihiro Kawaoka von der Universität Wisconsin-Madison (USA) und führen in dem Brief einen großen wissenschaftlichen Nutzen der geplanten Experimente an. Dadurch ließen sich bessere Impfstoffe entwickeln, die Gefahren eines neuen Ausbruchs besser studieren und künstlich die Risiken neuer Übertragungswege analysieren, so die Forscher.

Kritiker halten Risiken für zu groß
Die von Fouchier und Kawaoka vorgesehenen Experimente wären nicht die ersten dieser Art. Fouchier hatte bereits mit dem Vogelgrippevirus H5N1 experimentiert, an dem laut Weltgesundheitsorganisation WHO seit 2003 mehr als 300 Menschen starben, musste aber nach massiver Kritik pausieren.

Schon damals hatte er argumentierte, dass man im Labor mögliche Mutationen testen könne und Gesundheitsbehörden damit besser auf einen Ernstfall vorbereitet seien. Kritiker hielten entgegen, dass die Risiken zu groß seien und im Labor Biowaffen geschaffen würden, die gestohlen und gegen Menschen eingesetzt werden könnten.

"Künstliche Veränderungen sind sehr gefährlich"
Auch der Chef-Epidemiologe von Chinas Zentrum für Seuchenbekämpfung, Zeng Guang, findet derartige Forschungen fahrlässig: "Künstliche Veränderungen des Virus sind sehr gefährlich." In der Natur könne die Veränderung eines Erregers viele Jahre dauern. Im Labor werde allerdings unmittelbar ein umgewandeltes Virus erzeugt. "Das basiert nicht auf wirklich wissenschaftlichen Forschungen", kritisierte er in einem Interview in Peking. Schließlich gebe es keine Garantie, dass sich das Virus in der Realität genau so verändern werde wie die künstlich erzeugten Mutationen im Labor.

Im März war die neue Form der Vogelgrippe A(H7N9) erstmals bei Menschen nachgewiesen worden. In den meisten Fällen gingen die Behörden davon aus, dass sich die Menschen bei Geflügel angesteckt hatten. Tausende Tiere wurden gekeult und Märkte mit lebendem Geflügel geschlossen. Danach ging die Zahl der neuen Ansteckungen fast komplett zurück.

Übertragung zwischen Menschen möglich?
Allerdings vermutete die WHO schon im April, dass sich in einzelnen Fällen das Virus auch direkt zwischen Menschen übertragen haben könnte. Ein Forscherteam um Bao Chang-jun vom Zentrum für Seuchenbekämpfung in der südchinesischen Stadt Nanjing hatte diese Woche im "British Medical Journal" vor den Risiken einer Mensch-zu-Mensch-Übertragung gewarnt (siehe Infobox) und gemahnt: "Die Gefahr von H7N9 ist auf keinen Fall vorbei."

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