Hochwasserdrama

D: Nach Deichbruch erneut Tausende Evakuierungen

Ausland
10.06.2013 07:33
Im Kampf gegen drohende Überflutungen haben die Einsatzkräfte im deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt einen herben Rückschlag hinnehmen müssen. In der Nähe von Fischbeck barst in der Nacht auf Montag ein Elbe-Deich. Die 400 bis 500 Einwohner des Ortes wurden aufgefordert, sofort ihre Häuser zu verlassen, rund 1.000 weitere Menschen aus den umliegenden Dörfern mussten sich ebenfalls in Sicherheit bringen. Bereits am Sonntag mussten in Magdeburg rund 23.000 Bewohnern evakuiert werden.

Auch in drei anderen Dörfern in Sachsen-Anhalt sei in der Nacht auf Montag vorsichtshalber die Evakuierung angeordnet worden, sagte ein Sprecher des Katastrophenschutzstabs. Darunter sei der Ort Schönhausen mit etwa 1.000 Einwohnern.

Der Deich sei zunächst auf einer Länge von zehn Metern eingerissen, durch die Kraft der Wassermassen habe sich der Durchbruch inzwischen auf 50 Meter erweitert. Das nur 800 Meter entfernte Fischbeck sei inzwischen völlig überflutet.

Aufgrund des Deichbruches musste eine Elbbrücke der Bahn gesperrt werden, seither kommt es im ICE-Verkehr zu Ausfällen und stundenlangen Verspätungen. Betroffen sind die Bahnverbindungen von Frankfurt am Main nach Berlin und von Hannover nach Berlin.

23.000 Bewohner mussten ihre Häuser verlassen
Bereits am Sonntag war die Situation in In Sachsen-Anhalt kritisch - vor allem in der Landeshauptstadt Magdeburg. Die Elbe hatte dort bereits in der Früh noch viel höhere Stände als erwartet erreicht. Mit mehr als 7,50 Metern stand das Wasser einen knappen Meter höher als bei der Jahrhundertflut 2002.

Angesichts der Hochwassergefahr wurde mit der Evakuierung ganzer Stadtteile mit rund 23.000 Bewohnern östlich der Elbe begonnen. Die Bewohner des Gebiets vom südlichen Stadtrand bis zum Stadtteil Berliner Chaussee wurden aufgefordert, ihre Wohnungen zu verlassen. Hintergrund war, dass der Hochwasserscheitel eine Länge von rund 40 Kilometern habe und mehrere Tage lang gegen die Deiche drücken werde, wie der Krisenstab der Landesregierung mitteilte.

Stadtteil Rothensee "läuft voll wie eine Badewanne"
Schwer getroffen wurde der Stadtteil Rothensee mit seinem Umspannwerk. "Rothensee läuft voll wie eine Badewanne", sagte Bundeswehrsprecher Andre Sabzog am Sonntagnachmittag. Rund 3.000 Einwohner brachten sich in dem Stadtteil bereits in Sicherheit.

Rund 700 Soldaten versuchten unterdessen, ein Umspannwerk, das für die Stromversorgung der Stadt wichtig ist, zu retten. In aller Eile wurde noch ein Deich um das Gelände errichtet. Sollte das Umspannwerk überflutet werden, droht der Strom für Zehntausende Menschen auszufallen.

Bei einer Notabschaltung des Umspannwerks könnten auch viele der Pumpen ausfallen, die pausenlos durchsickerndes Wasser hinter den Deichen in die Elbe zurückpumpen. Auch wenn Bundeswehr und andere Hilfsorganisationen eigene Stromversorger dabei haben, hätte ein Stromausfall fatale Folgen für die Stadt.

Bundeswehr fährt mit schwerem Geschütz auf
Im Kampf um Rothensee fuhr die deutsche Bundeswehr mit schwerem Geschütz auf: Transportpanzer, Lastwagen und Geländefahrzeuge rollten an. Denn der Stadtteil im Norden Magdeburgs ist kein reines Wohngebiet. Bekannt ist er vor allem durch den Güterhafen und viele Industriebetriebe.

Für die Bundeswehr war Sachsen-Anhalt am Wochenende das Schwerpunktland. 5.500 Soldaten waren am Sonntag im Einsatz, bis zum Abend wurde noch auf 7.000 Mann aufgestockt. Allein 1.500 davon waren in Magdeburg aktiv.

Anschläge auf Deiche angekündigt
Für ein wenig Besorgnis sorgte in Magedburg zudem ein Drohschreiben, in dem Anschläge auf Deiche angekündigt wurden. Diese werden aber ohnehin verstärkt überwacht, teilte der Krisenstab der Landesregierung mit.

Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck sprach den Hochwasseropfern am Sonntag in Sachsen-Anhalt bei einem Besuch sein Mitgefühl aus. "Man kann sich nicht vorstellen, was da alles zu bewältigen ist."

Auch Norddeutschland rüstet sich
In Nord-Brandenburg steht das Schlimmste noch bevor. In Wittenberge stand die Elbe am Sonntag mit 7,77 Metern schon knapp 35 Zentimeter höher als 2002. Am Dienstag werden 8,10 Meter erwartet. Riesige Polder wurden geöffnet, um den Wasserstand der Elbe zumindest etwas zu senken. Lautsprecherwagen der Polizei forderten die Einwohner auf, ihre Wohnungen zu verlassen. Den Einsatzkräften stehe ein tagelanger Kampf bevor, hieß es.

Die Hoffnung, diesmal glimpflich davonzukommen, hat sich auch in Norddeutschland schon zerschlagen. Am Mittwoch und Donnerstag sollen in Schleswig-Holstein und anderen Regionen Rekordwasserstände erreicht werden. Wegen des steigenden Pegels wurde die Evakuierung der Altstadt von Hitzacker angeordnet.

In ganz Deutschland stemmen sich weiterhin rund 70.000 Feuerwehrleute und 11.000 Soldaten gegen die Flut. Mindestens sieben Menschen sind durch das Hochwasser schon ums Leben gekommen, mehrere werden noch vermisst.

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