Von Demo an Front?

Bericht: Einberufung für verhaftete Putin-Gegner

Ukraine-Krieg
22.09.2022 11:32

Russland greift offenbar mit voller Härte gegen Demonstranten durch, die am Mittwoch gegen die von Präsident Wladimir Putin verordnete Teilmobilmachung der Streitkräfte auf die Straßen gingen. Unmittelbar nach Putins Dekret versuchten junge Männer massenhaft das Land zu verlassen, am Abend kam es in Dutzenden Städten zu Protesten, bei denen fast 1400 Personen festgenommen wurden. Bilder und Videos zeigen, wie sie in Busse geschleppt und abtransportiert werden. Berichten von Bürgerrechtlern zufolge werden den Festgenommen noch auf der Polizeiwache die Einberufungspapiere ausgehändigt.

Das Bürgerrechtsportal OVD-Info zählte am Mittwochabend mehr als 1350 Festnahmen in 38 Städten Russlands. Allein in St. Petersburg wurden diesen Angaben zufolge 556 Demonstranten in Gewahrsam genommen, in der Hauptstadt Moskau waren es ebenfalls mehr als 500.

Mehrere Verletzte, auch Minderjährige festgenommen
Am Donnerstagvormittag befanden sich noch immer rund 1300 Festgenommene in Polizeigewahrsam. OVD zufolge wurden auch Personen verletzt. In Moskau erlitt ein junger Mann eine Gehirnerschütterung, eine junge Frau verlor das Bewusstsein. Gegen das Gesetz seien 33 Minderjährige festgenommen worden. Auch neun Journalisten seien festgehalten worden. In der Regel werden die Festgenommenen nach einer Nacht in Gewahrsam zu Geldstrafen oder Arrest verurteilt. Gegen manche werden Strafverfahren eingeleitet. Die Behörden selbst machten keine Angaben.

Viele Frauen unter den Demonstranten
In Moskau riefen die Menschen „Nein zum Krieg!“ oder forderten ein „Russland ohne Putin“. Fotos und Videos zeigten, wie Polizisten die Demonstranten, unter ihnen viele Frauen, die um das Leben ihrer Männer, Brüder und Söhne fürchten, grob ergriffen und in Busse schleppten. Von dort wurden sie in Polizeistationen gebracht. Ähnlich große Proteste hatte es zuletzt in den Tagen direkt nach dem russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar gegeben.

In Tomsk und Irkutsk in Sibirien, in Jekaterinburg am Ural und an anderen Orten gingen demnach vereinzelt Menschen auf die Straße. Sie hielten Plakate mit den Farben der ukrainischen Flagge und Sprüchen wie „Nein zur Mobilisierung!“ in die Höhe.

Von der Demo zum Militärdienst?
In den Polizeirevieren wurden den Festgenommenen verschiedene Delikte zur Last gelegt, unter anderem Widerstand gegen die Polizei und Diskreditierung der Armee. Bürgerrechtlern zufolge wurden jungen Männern noch auf der Polizeiwache die Vorladung zur Musterung bzw. die Einberufungspapiere in die Hand gedrückt, wie in einem Videobericht auf ntv zu hören ist. Demnach könnte es für die Betroffenen von der Straße direkt zum Militär und in den Krieg gehen.

Staatsanwalt drohte mit 15 Jahren Haft
In Moskau hatten die Behörden vor der Demonstration nachdrücklich vor einer Teilnahme gewarnt: Die Staatsanwaltschaft drohte den Menschen mit bis zu 15 Jahren Haft. Seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine vor knapp sieben Monaten geht die russische Staatsmacht unter anderem mit verschärften Gesetzen hart gegen Oppositionelle und Kriegsgegner vor.

300.000 Reservisten mobilisiert
Mittwochfrüh hatte Präsident Putin bei einer Ansprache im Fernsehen die Teilmobilisierung von Russlands Streitkräften befohlen. Insgesamt 300.000 Reservisten sollen zum Kampf gegen die Ukraine eingezogen werden. Hintergrund dürften personelle Schwierigkeiten Russlands bei dem am 24. Februar begonnenen Angriffskrieg sein.

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