Wien-Energie-Fiasko

Ludwig kontert: „Was hätte ich mitteilen sollen?“

Wien
13.09.2022 16:04

Michael Ludwig hat die im Rahmen seiner Notkompetenz über die Wiener Stadtwerke an die Wien Energie vergebenen Darlehen von insgesamt 1,4 Milliarden Euro neuerlich verteidigt. „Wir haben als Stadt Wien völlig zu Recht einen Wiener Schutzschirm für die Energieversorgung gespannt“, sagte der Wiener SPÖ-Bürgermeister. Davon, dass man etwas habe verheimlichen wollen, könne keine Rede sein - es sei von Anfang an vorgesehen gewesen, die Stadtgremien zu informieren.

Nach dem Finanzausschuss hat am Dienstag der Stadtsenat nachträglich die Milliardenkredite beschlossen, die der Wien Energie gewährt wurden, damit diese weiter an den Energiebörsen tätig sein kann. Alleine die Stadt hat insgesamt 1,4 Milliarden Euro vergeben, eine Kreditlinie von zwei Milliarden stellte der Bund bereit.

Die Frage nach der Freigabe von 700 MIllionen Euro im Juli
„Der Grund, warum ich am 15. Juli diese 700 Millionen freigegeben habe, war die Entwicklung am Energiemarkt bzw. die aufgrund einer Sanierung stillgelegte Nord-Stream-1-Pipeline“, sagte Ludwig. Deswegen habe die Geschäftsführung der Wien Energie damals angenommen, dass die Preise noch einmal stark steigen werden. Das Geld sei erst Ende August abgerufen worden, denn bis dahin sei das nicht notwendig gewesen - „also was genau hätte ich da der Öffentlichkeit mitteilen sollen?“, wies Ludwig den Vorwurf zurück, er habe die Hilfe für die Wien Energie verheimlichen wollen.

Ludwig: Koalitionspartner war informiert
Der Koalitionspartner in Wien sei im Übrigen darüber informiert gewesen. „Außerdem bin ich der Meinung, dass ich entsprechend der Stadtverfassung agiert habe, nämlich dass zuerst die politischen Entscheidungsträger zu verständigen sind - das ist in dieser Sache der Finanzausschuss, der Stadtsenat und dann der Gemeinderat. Also es ist meines Erachtens richtig, dass man entsprechend der Stadtverfassung zuerst die politischen Entscheidungsträger informiert und dann die Öffentlichkeit und nicht umgekehrt.“

Die Mitglieder der Gremien informell schon vor ihren regulären Sitzung zu informieren, sei nicht möglich gewesen. „Der Gemeinderat ist ein Kollegialorgan. Es kann ja nicht so sein, dass mir zufällig ein Gemeinderat über den Weg läuft und den informiere ich, oder ich suche mir quasi irgendwelche Gemeinderäte aus, die ich informiere.“

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Es ist meines Erachtens richtig, dass man entsprechend der Stadtverfassung zuerst die politischen Entscheidungsträger informiert und dann die Öffentlichkeit und nicht umgekehrt.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ)

„Alle großen Energieunternehmen machen das so“
Die Stadt Wien habe den Schutzschirm für die Wien Energie spannen müssen, weil das im Gegensatz zu anderen Ländern die österreichische Bundesregierung nicht getan habe, so Ludwig. „Das sind Darlehen, um die Geschäfte an der Energiebörse zu hinterlegen, es ist ja nicht so, dass das Geld weg ist.“ Alle großen Energieunternehmen in Europa würden das so machen. „Das ist auch der Grund, warum so ziemlich in allen EU-Ländern Rettungsschirme gespannt worden sind, und zwar in der Größe von zehn Milliarden bis 100 Milliarden. Die Briten haben 40 gemacht, die Deutschen 100 Milliarden.“

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Das sind Darlehen, um die Geschäfte an der Energiebörse zu hinterlegen, es ist ja nicht so, dass das Geld weg ist.

Michael Ludwig

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe die nationalen Regierungen aufgefordert, für die nationalen Energieunternehmen solche Rettungsschirme zu spannen. „Das haben auch so ziemlich alle gemacht, außer der österreichischen Bundesregierung.“

Solche Notkompetenzen hätten alle Bürgermeister in Österreich - „es wird nur weniger geben, die 700 Millionen freigeben können, weil Wien nicht nur eine große, sondern auch eine wirtschaftlich starke Stadt ist“. Die Kautionsleistungen, für die die Darlehen notwendig waren, seien inzwischen fast zur Gänze wieder zurückgeflossen, betonte Ludwig.

Gemeinderatsbeschluss soll am 21. September erfolgen
Nachdem am Montag der Finanzausschuss und am Dienstag der Stadtsenat die Darlehen für die Wien Energie nachträglich abgesegnet haben, ist am Mittwoch kommender Woche (21.9.) der Gemeinderat an der Reihe. „Nachdem die Diskussion jetzt schon sehr versachlicht ist, ist es schwer vorstellbar - ohne dem Gemeinderat in seiner Entscheidung vorgreifen zu wollen -, dass es hier noch zu einer anderen Beschlussfassung kommt“, so der oberste Beamte der Stadt, Magistratsdirektor Dietmar Griebler.

Dass laut Stadtverfassung die Entscheidung des Bürgermeisters den Gemeindeorganen „unverzüglich“ vorzulegen sei, ist laut Griebler so auszulegen, „dass das bei der nächsten regulären Sitzung durchzuführen ist“. Das sei eine „jahrzehntelange Praxis“ und werde auch von den Wiener Verfassungsexperten so gesehen.

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