322 Opfer klagten ihn

Horror-Dentist tötete 3900 gesunde Zähne ab

Ausland
07.09.2022 16:03

Sarah war 18 und hoffte darauf, wie ein Filmstar zu lächeln. Das war das Versprechen ihres Dentisten. Wenige Wochen später war ihr Mund eine einzige Wunde. „Lionel Guedj hat mir geraten, mir alle Zähne zu entfernen. Er sagte, ich würde nie mehr Zahnprobleme haben“, sagt sie. Hunderten Patienten erging es ähnlich. 322 gingen vor Gericht. Der Ex-Zahnarzt könnte am Donnerstag in Marseille zu zehn Jahren Haft verurteilt werden.

Im Jahr 2005 hatte Guedj seine Praxis im Norden von Marseille eröffnet, wo viele Menschen mit geringem Einkommen und nordafrikanischen Wurzeln leben. Er duzte seine Patienten, empfing bis zu 70 am Tag, viele ohne Termin. Fünf Jahre später war er mit einem Monatseinkommen von bis zu 80.000 Euro der bestbezahlte Zahnarzt Frankreichs. Seine Methode: „Nach dem ersten Termin gab es systematisch einen Behandlungsplan, um möglichst viele Zähne abzutöten und zu überkronen“, heißt es in einem Expertenbericht.

Operationen nachlässig ausgeführt
Guedj hat demnach 28-mal mehr Zahnersatz abgerechnet als ein durchschnittlicher Zahnarzt. Seine Operationen führte er schnell und nachlässig aus. Viele Patienten klagten anschließend über Entzündungen, Abszesse, Geschwüre, schlechtsitzenden Zahnersatz.

„Ich hatte Mundgeruch, mochte nicht mehr lächeln, ich hatte eine feuchte Aussprache und Schwierigkeiten beim Essen“, berichtet Sarah in der Zeitschrift „Closer“. Sie habe sich nach der Behandlung immer mehr zurückgezogen, weil sie sich schämte. „Mir wurde zu spät klar, dass man sich mit 18 nicht 24 Zähne ziehen lässt.“

Mehr als 300 seiner enttäuschten und wütenden Patienten sind schließlich vor Gericht gezogen. Sein Prothesenhersteller sagte aus, dass Guedj Brücken bei ihm bestellte, ohne sie vorher anzupassen. „Er hat so viel Geld verdient, dass er sich für unangreifbar hielt“, sagte sein ehemaliger Arbeitskollege. Guedj habe gesagt, dass er sich die besten Anwälte leisten könne und daher nichts zu befürchten habe.

Auch Röntgenaufnahmen manipuliert
Aussage seiner Sekretärin zufolge schreckte der Zahnarzt auch nicht davor zurück, Röntgenaufnahmen mithilfe eines Bildbearbeitungsprogramms ominöse weiße Flecken (die Karies anzeigen, Anm.) zu verschaffen. Guedj rechnet so viele Eingriffe ab, dass sein Arbeitstag bis zu 52 Stunden hätte dauern müssen. Nach Berechnungen der Anklage tötete Guedj etwa 3900 gesunde Zähne ab, im Schnitt elf pro Patient.

„Ich hatte einen Termin, weil mir ein einziger Zahn weh tat“, erzählt die 60-jährige Yamina Abdesselem. „Er hat mir gesagt, er müsse alle Zähne devitalisieren (den Nerv abtöten, Anm.). Ich habe ihm vertraut. Er hatte eine schöne Praxis, er war so freundlich“, erinnert sie sich. Heute lebt sie mit einem schlecht angepassten Gebiss, das nur mit viel Kleber hält. „Warum hat er das bloß getan?“

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