Pommers Feierabend

So kam es zum Kuchengate

Pommer am Abend
20.05.2022 15:29

Einen schönen Freitagabend.

Ich bin kein Süßer. Alle heiligen Zeiten esse ich ein Stück Torte, am liebsten mit Marzipan, was mich wohl einige Follower kosten wird. Die Marzipan-Debatte ist dem Rosinen-Disput nicht unähnlich. Für viele sind Rosinen wie verfaulte Weintrauben aus der Hölle - würde man sie im Dschungelcamp statt Krokodilpenis oder Schafaugen-Cocktail servieren, die Zuseher daheim würde es so richtig beuteln. Auch umgekehrt wäre es vielen lieber: besser Wasserspinnen und Ziegenzungen in den Gugelhupf, als diese verrunzelten braunen Dinger. Um die Banalität abzukürzen: Ich liebe Marzipan. Rosinen sind mir egal, sie und ich haben eine friedliche Koexistenz geschaffen, wenn ich ausnahmsweise für die Rosinen mitsprechen darf.

Ich mache mir über Nachspeisen keine großen Gedanken, und dann kam Kuchengate. Das hieß auf Twitter wirklich so. Hintergrund: Ich traf den heute gewählten ÖVP-Wien-Chef Karl Mahrer am Dienstag in seinem Büro. Wir haben eine Stunde über alles Mögliche gesprochen, über seine Integrationspläne (die lagen wohl noch in Gernot Blümels altem Schreibtisch), über die Mobilität in Wien und seine Idee der Stundenbüros. Das fand ich kurios-interessant, so wie ich auch andere Dinge auf dieser Welt kurios-interessant finde, wie zum Beispiel den Kuhfisch. Der sieht aus wie ein Hausrind, das untergetaucht ist, womöglich aus Flucht vor der Polizei oder nach einer Identitätskrise. Sollten Sie einmal googeln. Kuhfische wirken kurios, die Daseinsberechtigung würde ich ihnen allerdings freilich nie absprechen. So sind Stundenbüros. Wer daheim nicht arbeiten kann, irgendwie aber auch nicht ins echte Büro fahren will (dort sind die Kollegen, Sie kennen das), kann sich die mieten. Eine Art Hotel Orient für Berufstätige, in das man auch vor Feierabend hingeht. Und dann sagte Karl Mahrer über Homeoffice: „Einfach ist das nicht, denn daheim sind die Kinder, daheim ist die Frau, manchmal ist der Wohnzimmertisch voll, weil dort der Kuchen gebacken wird. Da kann man nicht arbeiten.“

Da war etwas los, sage ich Ihnen. „Die 50er-Jahre haben eine Vermisstenanzeige aufgegeben“, schrieben die einen, andere: „Da werden den hart arbeitenden Männern wieder Steine in den Weg gelegt, ein Wahnsinn.“ Mahrer fühlte sich falsch interpretiert und äußerte sich dann auch im „Kurier“ zur Causa: „Meine Frau backt gar keinen Kuchen, das mag sie nicht. Bei uns backe ich.“ Nicht allzu oft, vermute ich, wer bäckt schon auf dem Wohnzimmertisch? Ist das nicht eine Zweckentfremdung gesellschaftlich akzeptierter Tischlogik, eine Crème brûlée wird ja auch nicht auf einem Wickeltisch abgeflammt. Prinzipiell ist es aber schön, dass die Partei die Backtradition so hochhält - wenn vermutlich auch aus Eigennutz, es ist wohl in vielen Fällen die einzige Möglichkeit, den einstigen Kollegen eine Feile zukommen zu lassen.

Nach einer Diskussion, ob wir auch wirklich richtig zitiert haben und einer Klarstellung von Karl Mahrer, dass wir es haben, möchte ich hiermit sagen: Für mich ist die Sache damit im wahrsten Wortsinne gegessen. In der Kantine gab es heute Biskuitroulade. Ich hasse Biskuitrouladen.

Ich wünsche einen schönen Feierabend, so Sie einen haben.

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