Scham, Depression & Co

Viele Arbeitslose leiden an psychischen Problemen

Leben
02.09.2021 13:51

Leben in der Arbeitslosigkeit ist kein Honigschlecken. Eine Mehrheit der Betroffenen lebt in einem armutsgefährdeten Haushalt und muss seine Ersparnisse auflösen oder das Umfeld um Geld bitten. Obwohl die meisten aktiv Jobs suchen, gibt es kaum Bewerbungsgespräche. Dazu kommen psychische Probleme, auch wegen der geringen gesellschaftlichen Wertschätzung. Besorgniserregend: Auch rund die Hälfte der Lehrlinge litt während der Pandemie unter psychischen Erkrankungen.

Rund neun von zehn Arbeitslosen erhalten weniger als 1200 Euro Unterstützung monatlich. Das liegt einerseits daran, dass vor allem Menschen aus schlecht bezahlten Jobs, womöglich nach Teilzeit-Anstellungen, von Arbeitslosigkeit betroffen sind, so eine Sora-Umfrage im Auftrag des sozialliberalen Momentum-Instituts. Außerdem erhalten Arbeitslose nur 55 Prozent des letzten Nettoeinkommens.

Vier von zehn Arbeitslosen können sich keine neue Kleidung leisten
Die Umfrage unter mehr als 1200 Arbeitslosen ergab, dass unerwartete Ausgaben für 75 Prozent der Befragten existenzbedrohend sind. Vier von zehn Arbeitslosen können sich bei Bedarf keine neue Kleidung kaufen. Zwischen einem Viertel und einem Fünftel aller Arbeitslosen kann es sich nicht leisten, mehrmals die Woche Fleisch, Fisch oder eine entsprechende vegetarische Speise zu essen oder die gesamte Wohnung warmzuhalten.

Schamgefühle, finanzielle Engpässe, soziale Isolation
Zu den finanziellen Problemen kommen noch psychische dazu. Arbeitslose kämpfen mit Vorurteilen. Parallel zu den Arbeitslosen befragten, in einem Dienstverhältnis stehenden, Menschen unterschätzten die Anstrengungen von Arbeitslosen, einen Job zu finden, enorm - überschätzen aber deren finanzielle Situation deutlich.

Sechs von zehn Arbeitslosen haben das Gefühl, sie seien kein wertvoller Teil der Gesellschaft mehr. Knapp 60 Prozent aller Arbeitslosen schämen sich für ihre Arbeitslosigkeit und versuchen diese zu verheimlichen. Die Hälfte kann aufgrund des Wegfalls ihres Einkommens soziale Kontakte nicht mehr so häufig pflegen, wie sie es möchte. Für Langzeitarbeitslose ist die Situation noch schwieriger.

Viele Lehrlinge kämpfen mit Depressionen und Essstörungen
Auch rund die Hälfte der Lehrlinge in Österreich litt während der Corona-Pandemie unter psychischen Erkrankungen, das zeigt eine aktuelle Studie der Donau-Universität Krems und der MedUni Wien. Vor allem Depressionen (48,3 Prozent) und Essstörungen (56,3 Prozent) waren weit verbreitet, Frauen und diverse Personen sowie Menschen mit Migrationshintergrund waren besonders häufig betroffen.

„Der Zustand der psychischen Gesundheit darf zurecht als besorgniserregend bezeichnet werden“, sagte Josef Rehberger, stellvertretender ÖGB-Jugendvorsitzender Die Gewerkschaft fordert deshalb den Ausbau der psychosozialen Unterstützung für Jugendliche und Lehrlinge und mehr finanzielle Mittel für Jugendeinrichtungen und -zentren. Konkret brauche es unter anderem flächendeckend ausreichende Kapazität für Psychotherapie bei vollständiger Kostenübernahme durch die Krankenversicherung, vermehrte Präventionsmaßnahmen für Mobbing und Diskriminierung und die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen.

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(Bild: kmm)



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