Irak-Reise

Historisch: Papst Franziskus hielt Messe in Bagdad

Ausland
06.03.2021 17:45

Zum Abschluss seines zweiten Besuchstags im Irak hat Papst Franziskus eine historische Messe in dem Land gehalten. Das katholische Oberhaupt sprach am Samstag angesichts der Corona-Restriktionen vor wenigen Gläubigen sowie Regierungsvertretern in der chaldäischen St.-Josefs-Kirche im Zentrum von Bagdad. Es war sein erster Gottesdienst nach dem Ritus der Ostkirchen. Zuvor hatte er den höchsten schiitischen Geistlichen des Landes, Großajatollah Ali al-Sistani, getroffen.

In seiner Predigt appellierte Franziskus an die kleine christliche Gemeinde im Irak, sich nicht schwach zu fühlen. „Manchmal fühlen wir uns unfähig, nutzlos“, sagte der 84-Jährige vor rund 180 Anwesenden. „Daran dürfen wir nicht glauben, denn Gott will genau durch unsere Schwäche hindurch große Wunder wirken.“

Treffen mit Großajatollah
Mit der Messe endete der offizielle Teil des zweiten Reisetages Franziskus‘ im Zweistromland. Der Samstag markierte den religiösen Höhepunkt des Papst-Besuchs. Vor der Messfeier traf Franziskus den höchsten schiitischen Geistlichen im Irak, Großajatollah Ali al-Sistani, in der südirakischen Stadt Najaf. Der Papst dankte dem 90-Jährigen dafür, dass er sich für die Verfolgten einsetze. Al-Sistani will darauf achten, dass Christen im Irak „in Frieden und Sicherheit leben“ könnten. Zudem warb der Papst für die Zusammenarbeit zwischen den Religionsgemeinschaften.

Das Treffen der beiden geistlichen Oberhäupter fand hinter verschlossenen Türen statt. Das Oberhaupt der katholischen Kirche habe dabei dem 90-Jährigen für dessen stabilisierende Rolle in den vergangenen Jahren gedankt, wie der Vatikan mitteilte. Angesichts von Gewalt und Schwierigkeiten habe der muslimische Geistliche „seine Stimme zur Verteidigung der Schwächsten und Verfolgten erhoben“, sagte Vatikan-Sprecher Matteo Bruni nach Angaben von Kathpress. Darum sei al-Sistani ein wichtiger Faktor für die Einheit des irakischen Volkes.

Wie „Vatican News“ mitteilte, sei es eine Gelegenheit für den Papst gewesen, dem Großajatollah zu danken, weil der muslimische Religionsführer zusammen mit der schiitischen Gemeinschaft auch die Heiligkeit des menschlichen Lebens und die Bedeutung der Einheit des irakischen Volkes bekräftigt habe. Bei der Verabschiedung wiederholte der Papst sein Gebet zu Gott für eine Zukunft des Friedens und der Geschwisterlichkeit für das Land Irak, für den Nahen Osten und für die ganze Welt.

Das Büro des 90-jährigen al-Sistani, der sich nie in der Öffentlichkeit zeigt, veröffentlichte im Anschluss an das Treffen ein Foto der Begegnung sowie eine Erklärung, in der der Großajatollah dem Papst für seinen Besuch in Najaf dankt. Zugleich versicherte der Schiitenführer, persönlich darauf zu achten, „dass die christlichen Bürger wie alle Iraker in Frieden und Sicherheit leben, mit all ihren verfassungsmäßigen Rechten“.

Keine gemeinsame Erklärung
Eine gemeinsame Erklärung unterzeichneten der Papst und der Großajatollah jedoch nicht. Es wäre ein Erfolg für Franziskus‘ Reise gewesen. Der Papst hatte im Jahr 2019 bei seinem Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein gemeinsames Dokument mit dem Großimam Ägyptens und hohen religiösen Vertreter des sunnitischen Islam, Ahmad al-Tayyib, unterschrieben. Es trug den Titel „Die Brüderlichkeit aller Menschen - Für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“.

Najaf, rund 150 Kilometer südlich der Hauptstadt Bagdad, ist ein wichtiges Zentrum des schiitischen Islam. Hier steht unter anderem die Imam-Ali-Moschee, wo der 661 getötete Schwiegersohn des Propheten Mohammed, Ali, begraben sein soll. Auf ihn geht der schiitische Islam zurück, neben dem sunnitischen Islam die zweite große Strömung der Weltreligion. Die Schiiten stellen im Irak die Mehrheit.

Nach dem Gespräch mit al-Sistani bekräftigte der Papst laut Kathpress bei einem interreligiösen Treffen in der Stadt Ur seine Botschaft von Dialog und Geschwisterlichkeit aller Menschen. Das Land, das vor genau 100 Jahren ohne Rücksicht auf ethnische und religiöse Grenzen als Nationalstaat entstand, droht bis heute immer wieder entlang der alten Bruchlinien zu zerbrechen. Franziskus warb in Ur, einem zentralen Ort für die irakische Identität, für eine Mitgestaltung der Religionen in der Gesellschaft.

In der antiken sumerischen Stadt, die nach biblischem Zeugnis die Heimat Abrahams ist, leitete er ein interreligiöses Treffen. Juden, Christen und Muslime beziehen sich auf Abraham als gemeinsamen Stammvater. Vor den Ruinen Urs und dem 4000 Jahre alten Stufentempel in der Wüste des Südirak beschwor er Vertreter aller Glaubensgemeinschaften, jeglichem Hass entgegenzutreten.

Quellen: APA/dpa

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