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KW 48 - die wichtigsten Neuerscheinungen der Woche

Musik
28.11.2020 06:00

Musik als Lebenselixier - besonders für das Wochenende, wo man hoffentlich auch Zeit dafür hat. Wir haben für euch wieder die besten Alben und Veröffentlichungen der Woche zusammengesammelt. Quer durch alle Genres ist hier garantiert für jeden was dabei. Viel Spaß dabei!

(Bild: kmm)

Götz Alsmann - L.I.E.B.E.
Im deutschsprachigen Raum hat kann jemand so die Vermischung aus Jazz und Schlager geprägt wie Kultfigur Götz Alsmann. Drei Jahre nach dem gefeierten und vielbeachteten „In Rom“ gibt es mit „L.I.E.B.E.“ nun rechtzeitig vor dem Jahresende endlich ein neues Werk und das ist mit 20 Titel und gut 74 Minuten Spielzeit mehr als opulent ausgefallen. Dabei huldigt er sogar dem ganz großen Udo Jürgens und covert seinen Hit „Was ich dir sagen will“ mit betörender Schönheit. Auffallend ist auch die Rückbesinnung auf den deutschen Schlager, dessen Pfade Alsmann in den letzten Jahren zulasten einer höheren Internationalität verlassen hatte. So tingelt er geschickt zwischen Bert Kaempfert, Ilse Werner und Johannes Heesters, ohne dabei seine stringente musikalische Linie zu verlassen. 7/10 Kronen

Amahiru - Amahiru
Der Franzose Frédéric Leclercq ist derzeit einer der umtriebigsten und fleißigsten Musiker im gesamten Metal-Kosmos. Nicht nur, dass er bei den deutschen Stadion-Thrashern Kreator den Bass überhängte, fördert er mit ex-Slipknot-Drummer Joey Jordison nach wie vor das Projekt Sinsaenum, hat dafür den lukrativen Job bei Dragonforce an den Nagel gehängt. Weil der Lockenkopf offenbar nicht ausgelastet ist, hat er mit Amahiru nun ein weiteres Projekt angerissen, dass er mit der japanischen Ausnahmegitarristin Saki führt und das mit seinem an Fantasy angelehnten Modern Metal mit Power-Metal-Schlenkern und Höchstleistungen am Sechssaiter durchaus ein bisschen an seine einstige Drachenbande erinnert. Wer es gerne opulent und auf Hochglanz getrimmt hat, der findet hier sein Glück mit Sicherheit. 6,5/10 Kronen

Billie Joe Armstrong - No Fun Mondays
Wenn man grob darüber nachdenkt, dann sind in diesem Jahr noch gar nicht so viele wirklich Corona-bezogene Alben entstanden. Vielleicht kommt die Schwemme dann doch erst 2021, wie die angedrohte Pleitewelle bei Einzelunternehmen und kleinen Firmen. Den Lockdown zum Spaß genutzt hat der ewig kindliche Billie Joe Armstrong. Der Green Day-Frontmann hat sich beim ersten Lockdown ins Studio gesetzt und unter dem Titel „No Fun Mondays“ jede Woche einen seiner Lieblingssongs in den Äther gejagt. Jetzt erscheint dieses astreine Lockdown-Projekt gesammelt als zweiseitige Vinyl und bringt natürlich nur jenen was, die ohnehin alles von ihm ins Haus stellen. Die Highlights sind obskure Nummern wie „War Stories“ der 70s Band The Starjets oder „Corpus Christi“ der Cali-Punks The Avengers. Wenn es aber, wie etwa bei „Kids In America“ oder „You Can’t Put Your Arms Round A Memory“ zu gewöhnlich wird, fadisiert man sich schnell. Lauwarm. Ohne Bewertung

Gary Barlow - Music Played By Humans
Man kann das Glas immer als halbvoll oder halbleer betrachten. Für den ehemaligen Take That Gary Barlow gibt es nur Ersteres, was er auf seinem fünften Soloalbum „Music Played By Humans“ beweist. Handgemachte, echte und vor allem optimistische Musik will er uns in diesen düsteren Zeiten anbieten, was ihm wundervoll gelingt. Zum Gelingen tragen nicht nur Gäste wie Michael Bublé, Barry Manilow, Chilly Gonzales oder der Kolumbianer Sebastián Yatra bei, sondern auch die Mischung aus Swing, Big-Band-Sound, Jazz und Orchester. Zehn Wochen vor dem Lockdown war Barlow mit dem Material fertig und hätte wohl selbst nicht gedacht, dass dieses Album etwas so Tröstliches mit sich bringen würde. Ein rundes, schönes Stück elegante Musik. 7/10 Kronen

The Blue Stones - Live On Display EP
Nicht zuletzt durch die famosen White Stripes oder auch Royal Blood weiß man sehr gut, dass Duos im Rock-Kanon mehr als gut funktionieren. Zu zweit sind seit einigen Jahren auch die Blue Stones unterwegs, die anfangs gar nicht wirklich wussten, in welche Richtung sie tendieren würden, dann aber immer tiefer in die alternative Blues-Rock-Szene gezogen wurden und u.a. die Aufmerksamkeit von Produzent Paul Meany (Twenty One Pilots) auf sich zogen. Auf der Corona-gerechten EP „Live On Display“ bieten die beiden Amerikaner nun vier Studio- und vier Liveversionen an, um sich möglichst breitenflächig vorzustellen. Beeindruckend ist die klangliche Vielseitigkeit, die von Lo-Fi („Grim“) über Blues/Grunge-Rock („Let It Ride“) bis hin zu sanftem R&B („Careless“) reicht. Und das in einer unglaublich optimistischen Selbstverständlichkeit. Gerne mehr davon! Ohne Bewertung

Blvth - I Love That I Hate Myself
So schnell kann man gar nicht schauen, wie das zweite Album des albanisch-deutschen Starproduzenten Blvth durch die Gehörgänge rauscht. In der Kürze liegt aber manchmal die Würze und „I Love That I Hate Myself“ ist nicht nur wesentlich persönlicher und offener als sein Debüt „Pusher“ vor zwei Jahren, sondern auch musikalisch spannender und vielseitiger ausgefallen. Der Produzent von Casper, Marteria, Kummer und Co. changiert im elektronischen R&B- und Pop-Gewand zwischen Selbstliebe und Selbsthass und tut sich inhaltlich sichtlich schwer, sich selbst richtig einordnen zu können. Im Prinzip kann sich jeder selbst mit den inhaltlichen Themen identifizieren. Eine schöne, warmherzige, aber auch fordernde (Kurz)Platte. 7/10 Kronen

Autumnblaze - Welking Shores Burning
Wenn man die Gegenthese zu AC/DC sucht, dann ist man bei den Deutschen von Autumnblaze goldrichtig. Während die Australier sich präzise wie ein Uhrwerk wiederholen und nur gelegentliche Schlenker nach außen wagen, erfinden sich Autumblaze ständig neu. Anfangs war es noch märchenhafter Power Metal, später Dark Metal mit Gothic-Versatzstücken, sechs Jahre nach dem letzten Output sind sie auf „Welking Shores Burning“ bei einer verträumten Post Rock angekommen, der in seinen zartfühligen Momenten an Cigarettes After Sex erinnert, ohne aber Greg Gonzalez‘ himmelhohe Stimmlage zu verwenden. Für dieses Übermaß an gediegener Melancholie braucht man aber viel Geduld, denn auf Albumstrecke ist das sanfte Gedudel irgendwann fast nicht mehr auszuhalten. Bitte nicht anhören, wenn Depressionen im Anmarsch sind… 5/10 Kronen

Tim Burgess - Ascent Of The Ascended EP
Mit dem neuen Album „I Love The New Sky“ hat Tausendsassa Tim Burgess diesen Mai für etwas wohlige Abwechslung im unsicheren und eingesperrten Corona-Frühling gesorgt, doch die Kreativität des umtriebigen Vollblutmusikers war offenbar so hoch, dass er zu Jahresende noch eine EP nachschiebt. „Ascent Of The Ascended“ beinhaltet mit dem Titeltrack und „Yours. To Be“ zwei wunderschöne, fast träumerische neue Songs, die er direkt nach dem Album schrieb und noch vier Songs, die er für die Live-Session des „Paste“-Magazins präsentierte. Darunter befindet sich das Charlatans-Cover „The Only One I Know“. Eine schöne Werkschau mit zwei wundervollen neuen Songs - höchste Qualität wie von ihm gewohnt. Ohne Bewertung

Cadaver - Edder & Bile
Death-Metal-Trüffelschweine haben den Tag lange herbeigesehnt, denn „Edder & Bile“ ist das erste Cadaver-Studioalbum seit geschlagenen 16 Jahren. An der Livefront haben sich die Norweger zuletzt schon breitgemacht, nun haben Anders Odden und Tausendsassa Dirk Verbeuren auch endlich den Rundling eingeklopft. Odden, der sich zuletzt u.a. als Gitarrentechniker von Satyricon die Miete bezahlte, versucht krampfhaft die alten Erfolge wiederzubeleben und ist den englischen Champions-League-Musikern von Carcass näher als je zuvor. Den Sound hat man absichtlich stumpf gehalten, was aber vor allem beim Schlagzeug einfach nur wehtut und anno 2020, bei aller Trueness, nicht mehr nötig ist. Eine große Rückkehr schaut jedenfalls anders aus, da greift man lieber zur Carcass‘ „Surgical Steel“ von 2013 - so geht Comeback. „Edder & Bile“ ist eher was für Hardcore-Fans und Alleshörer. Brauchen tut man das rein qualitativ leider nicht. 5,5/10 Kronen

C’est Karma - Farbfilm EP
Luxemburg kennt man hierzulande eher als Schreckgespenst für kommerziell schwergewichtige Fußballklubs aus dem Westen, doch der kleine Staat am Tor zu Westeuropa hat auch eine musikalisch große Zukunft. C’est Karma erprobte sich im Vorprogramm von Milky Chance und liebt Musik und Gestus von Björk oder Charli XCX. Zudem zeigt sich die gerade erst 18-Jährige mit portugiesischen Wurzeln sozial schwer organisiert und behandelt auf ihrem Blog zukunftsweisende Themen wie Gleichberechtigung und die Rettung des Klimas. Der fleischgewordene Albtraum des regressiven alten weißen Mannes also und diese Haltung schwingt auch auf der wundervollen, aber mit fünf Tracks viel zu kurzen EP „Farbfilm“ mit. Irgendwo zwischen Fever Ray und Adrienne Lenker ist schon eine richtige Verortung für feingestrickte Popsongs wie „Fist Fight“ oder „Industrial Salt“. Da kommt Großes auf uns zu! Ohne Bewertung

Darkness - Over And Out EP
Mit Geburtsjahr 1984 gehören die Ruhrpott-Thrasher Darkness zu den dienstältesten Bands ihres Bereichs und auch wenn man zwischenzeitlich länger pausierte oder unter anderem Namen neue Ufer erklimmen wollte, seit 2013 ist bei den Prügelbuben wieder alles im Lot. Ein richtiger Nachfolger zum 2018er-Album „First Class Violence“ ging sich zwar noch nicht aus, vor der nächsten richtigen Full-Length gibt es mit „Over And Out“ als Weihnachtspräsent aber eine mehr als üppige, nämlich gut halbstündige EP zu bewundern. Neben durchaus knackigen neuen Songs gibt es ein mediokres Skid Row-Cover („Slave To The Grind“, eher weniger mutig ausgewählt…) und eine ohrenbetäubend nervende Akustikversion von „Faded Pictures“. Für Unplugged braucht man eben auch die richtige Stimme. Fans und Genre-Lieblinge schlagen aber ohnehin zu. Ohne Bewertung

Dream Theater - Distant Memories: Live in London
Auch wenn sie vor allem hierzulande nicht unbedingt die Wertschätzung erfahren, wie sie es anderswo gewohnt sind, Dream Theater sind und bleiben die absoluten Prog-Größen der Neuzeit. 2019 jährte sich das Meisterwerk „Metropolis Pt. 2: Scenes From A Memory“, was John Petrucci und Co. für eine ausführliche Jubiläumstour genutzt haben. Im Februar diesen Jahres war man noch in London unterwegs. Ganz kurz vor dem Untergang der Welt, wie wir sie heute kennen. So nutzt man die Leerzeit nun zumindest mit dem wundervollen Livedreher „Distant Memories“, der - gewohnt üppig - fast drei Stunden Prog-Geschichte vereint und natürlich dementsprechend sauber und makellos inszeniert wurde. Von den Gitarren Petruccis über das punktgenaue Drumming von Mike Mancini bis hin zu La Bries herausragender Stimme passt hier natürlich alles. Business as usual eben - nur im ganz hochqualitativen Bereich! Ohne Bewertung

Edwin - Lost EP
Mit „Sieben“ hat der in hiesigen Hip-Hop-Kreisen längst bekannte und mehrfach erprobte Edwin vergangenen Juni nach dem ersten Lockdown-Schock sein Debütalbum veröffentlicht. Fast exakt ein halbes Jahr darauf fühlt sich der Floridsdorfer offenbar wieder „Lost“ und legt eine eben so benannte EP nach. In fünf Songs widmet sich der Wiener einmal mehr zeitgeistigen Coming-Of-Age-Themen mit ganz viel Autotune und interessanten Features von Jugo Ürdens oder Naked Cameo-Frontmann Lukas Maletzky. Smooth, entspannt und ganz dem Zeitgeist entsprechend wissen vor allem „Blick“ und „Berliner Luft“ zu überzeugen. Ohne Bewertung

Gotts Street Park - Volume Two EP
Die düstere Stadt Leeds in Nordengland ist jetzt nicht unbedingt das neue Liverpool oder Manchester, hat sich aber längst zu einem ernsthaften Player im Musikbusiness gemausert. Nicht zuletzt die Indie-Heroen alt-J haben von dort ihren nicht aufhaltbaren Siegeszug angetreten, mit dem jazzig angehauchten Trio Gotts Street Park kommt schon die nächste Klangperle aus der kühl-industriellen Umgebung. Auf ihrer heuer bereits zweiten EP kooperieren die Briten gekonnt mit Goldstimmen wie Grand Pax, Zilo oder Rosie Low und verschaffen dem Mix aus Soul, Jazz, R&B und Hip-Hop eine angenehm optimistische Note. Hier kann man wundervoll elegant in die 60er-Jahre zerfließen. Ohne Bewertung

Hatebreed - Weight Of The False Self
Über die Jahre hat sich Jamey Jasta zu einem richtiggehenden Promi in der US-amerikanischen Musikwelt entwickelt. Zumindest im harten Flügel, doch dafür hat er sein Hauptprojekt Hatebreed ein bisschen schleifen lassen. Geschlagene vier Jahre sind seit dem Vorgänger vergangen, dass man sich auf „Weight Of The False Self“ trotzdem keine großen Sprünge erwarten darf, war langjährigen Beobachtern ohnehin von vornherein klar. Fette Breakdowns, vereinzelte Two-Step-Parts und eine ganze Menge an Thrash-Metal-Killerriffs finden sich in der guten halben Stunde zuhauf. Zwischen Pro-Pain und Merauder holzt der Glatzkopf durch sozial- und gesellschaftskritische Songs wie „Let Them All Rot“, „Set It Right (Start With Yourself)“ oder „Wings Of The Vulture“. An einen Geniestreich wie „Perseverance“ kommen Hatebreed schon länger nicht mehr an, das Dicke-Hose-Gerumpel ist aber auch anno 2020 noch ein knackiger Wutbeschleuniger. Knallt deftig. 7/10 Kronen

HGich.T - Los Angeles
Wer sich schon einmal mit dem Hamburger Anarchokollektiv befasst oder es - noch besser - bei einer der zahlreichen Gelegenheiten in Österreich live gesehen hat weiß, dass hier kein Stein auf dem anderen bleibt. Sind HGich.T Kunst und purer Dadaismus oder purer Müll? Diese Frage beschäftigt Musik- und Trashliebhaber seit knapp 25 Jahren und eine allumfassende Lösung wird man auch mit „Los Angeles“ nicht finden. Zwischen knalligem Techno, Sozialkritik und gesellschaftlicher Bestandsaufnahme pumpen die Tracks von Tutenchamum, DJ Hundefriedhof und Co. wieder unnachahmlich zeitlos aus den Boxen und weiß in relativ unzweideutigen Songs wie „Prollo Polo“, „Wo wohnt bescheuert“ und „Dr. Geilser Hardstyler“ durchaus zu überzeugen - wenn man sich mit dem Grundkonzept per se anfreunden kann… 7/10 Kronen

Joji - Nectar
Eine zweite vielversprechende Karriere zu bekommen, das gelingt auch nicht allen. George Miller ist Internet-Freaks kein Unbekannter, den Anfang der 2010er-Jahre begeisterte er als global erfolgreicher YouTuber („Harlem Shake“!) unter seinen Pseudonymen Filthy Frank und Pink Guy. Vom großen Humor hatte er aber irgendwann genug und versuchte sich als Joji im ernsthaft konnotierten Musiksegment festzusetzen. Das ist insofern schwierig, als das Internet nicht vergisst und ihm bereits auf dem Debütalbum „Ballads 1“ die Typveränderung nicht ganz abnahm. Mit „Nectar“ versucht er es ein weiteres Mal, doch sein smoother R&B scheitert auf Langstrecke nicht nur an seiner Vergangenheit, sondern auch daran, dass die Hitlastigkeit der Songs schnell zu wünschen übriglässt und eine knappe Stunde Material viel zu viel ist. In Songs wie „Modus“ oder dem flotten Upbeat-Track „Daylight“ (mit Diplo) sticht sein Talent ebenso heraus wie im Highlight „Run“, doch die Hälfte der Songs hätten gereicht. Da wären auch die wirklich guten übriggeblieben. Weniger ist halt doch mehr. 7/10 Kronen

Keiser - Our Wretched Demise
Der Black Metal spielt nicht zuletzt sehr stark mit Ästhetik und Bildsprache. Da ist ein Cover-Artwork als Eyecatcher gleiche einmal sehr wichtig und da tappen die Norweger von Keiser schon mal ins erste Fettnäpfchen. Der rote Mond sieht auf „Our Wretched Demise“ ein bisschen wie ein Wachsklecks aus, aber man soll ja nicht nach der Verpackung beurteilen. Musikalisch macht das diabolische Quartett mit den Schlagerfrisuren viel richtig, das beweisen schon die knallenden Riffs, die herausgerotzten „Ughs“ und das Blast-Drumming auf „Scourge Of The Wicked“. Interessant wird es kurz danach, denn in den folgenden Kompositionen entdeckt man neben der Deibelei den Rock’n’Roll, was zwar mehr nach Carpathian Forest als nach Kvelertak klingt, aber trotzdem für ordentlich Kurzweil sorgt. Cool sein geht eben auch ohne andauernd böse zu grimmen. Diese Band hat jedenfalls Potenzial. 7/10 Kronen

Mark Kelly - Marathon
Manche Dinge brauchen eben ihre Zeit. Etwa das Soloalbum von Marillion-Keyboarder Mark Kelly, der diesen Plan offenbar seit vielen Jahren umsetzen will, aber immer an Dienstplänen oder schlichtweg mangelnder Zeit scheiterte. Ein echter „Marathon“ eben, worauf wohl auch der Albumtitel hindeuten soll. Inhaltlich hat sich Kelly jedenfalls an seinen Privatinteressen festgekrallt. Raumfahrt, Astronomie und das Fliegen im Generellen hat den Tastenvirtuosen schon immer geprägt, für die Umsetzung hat er auf eine All-Star-Truppe verzichtet und sich mit Verwandten und kundigen Musikern aus der zweiten Reihe zusammengetan. Dass er sich musikalisch dabei nicht sonderlich weit von seinen Hauptarbeitgebern wegbewegt ist keine große Überraschung, auch wenn die meisten Tracks eine angenehme Kürze aufweisen und sich nicht ins Unendliche ziehen. Angenehmes Futter für Prog-Fans von einem, der es wirklich kann. 7,5/10 Kronen

Martin Kohlstedt - Flur
Die Reduktion auf das Wesentliche, das Besinnen auf die Essenz des Klanges, das Runterschrauben auf den nackten Korpus, der aber so viel mehr aussagt, als wäre mit allzu viel Brimborium ausgestattet. All das hat sich der bekannte Weimarer Pianist Martin Kohlstedt zuletzt überlegt, denn nach dem opulenten, mit dem Leipziger Gewandhaus-Chor aufgenommenen Album „Ströme“ tritt er auf „Flur“ komplett zurück. Ein Mann und sein Klavier. Wohlige-warme Wohnzimmeratmosphäre trifft auf Seelenmassage. Süchtig sei er danach gewesen, sich wieder nackt zu fühlen und sein Instrumentarium auf das Mindeste herabzubrechen, gab er Interviews bekannt. Im Prinzip ist „Flur“ eines der tröstlichsten und angenehmsten Lockdown-Werke, die es in diesem Jahr zu hören gab. Ein Pianowerk von betörend anmutiger Schönheit. 7,5/10 Kronen

Peter Maffay und…
Der Veröffentlichungsrhythmus des deutschen Kultrockers Peter Maffay nimmt schon perverse Züge an. Nach seinem erfolgreichen Studioalbum „Jetzt!“ gab es ein paar Outputs mit diversen „Erinnerungen“, jetzt legt er mit „Und…“ noch einmal ein Werk auf den Vorab-Gabentisch, auf dem die Ikone die besten Duette seiner Karriere vereint. Auf den insgesamt 17 bunten Songs findet man so unterschiedliche Interpreten und Stimmen wie die Deutschen Udo Lindenberg, Johannes Oerding und Pur und internationale Kapazunder der Marke Katie Melu, Keb‘ Mo‘ oder Zucchero. Gemeinsam wurde tief im Backkatalog Maffays gegraben und aus allen möglichen Hits, Raritäten und Klassikern gewählt, um eine bunte Werkschau zu präsentieren. Ganz am Ende gibt’s ein „Duett“ mit seinen Fans - was für ein pathetischer Abschluss. Maffay geht halt immer. Ohne Bewertung

Massendefekt - Zurück ins Licht
Na gottseidank - es wird auch längste Zeit, dass uns jemand „Zurück ins Licht“ bringt. Ein hehrer Wunsch, der noch ein bisschen auf sich warten lässt, aber die deutschen Punk-Rocker von Massendefekt tun ihr Bestes, um den Optimismus in schweren Zeiten wie diesen hochzuhalten. Zwei Jahre nach dem letzten Werk „Pazifik“ fällt vor allem auf, dass die Band einiges von ihrer aggressiven Energie eingebüßt und gegen eine zugänglichere Massentauglichkeit eingetauscht hat. Ob das der richtige Weg ist, das muss jeder für sich entscheiden, aber Songs wie „Tun was ich will“ oder „Freunde, dachte ich“ gehen mehr Richtung Die Toten Hosen als anarchischem Gepolter. Inhaltlich pendelt man zwischen Antirassismus, Gesellschaftskritik und persönlichen Themen über Liebe, Party und Alkohol. Ein schönes Werk, dem aber doch der Biss der alten Tage fehlt. 6,5/10 Kronen

Mork - Pesta EP
2020 kann man getrost als Jahr der Pest bezeichnen. Was passt gen Ende dieser furchtbaren Zeit besser ins Bild als menschenverachtender, bewusst hölzern produzierter und dem alten norwegischen Geist entlehnter Black Metal? Richtig, nichts. Mork-Alleinunterhalter Thomas Eriksen nutzte die im Europavergleich höheren Freiheiten in seiner skandinavischen Heimat, um in verschiedenen Studios eine knackige EP einzuspielen, die wirklich Lust auf das nächste Album macht. Mit dem getragenen, im Mid-Tempo gehaltenen Titeltrack trifft er atmosphärisch voll ins Schwarze, das Burzum-Cover von „Valen“ ist mehr als gelungen, zwei Liveversionen runden das auf 500 Stück limitierte Vinyl-Vergnügen schlussendlich ab. Black Metal, wie man ihn aus Norwegen hören und genießen will. Nothing more, nothing less. Ohne Bewertung

Ennio Morricone - Morricone Segreto
Der Tod von Ennio Morricone rief weltweite Bestürzung aus. Der größte Komponist aller Zeiten prägte die klassische Filmmusik wie kein Zweiter und war eine globale Kulturinstitution. Auf „Morricone Segreto“ befinden sich nun üppige 27 Stücke, unter denen sich viele alternative Takes befinden und zudem sieben bislang unveröffentlichte Filmsongs. Der Anspruch der Plattenfirma war, die bislang eher unbekannte, nämlich düstere und psychedelische Seite des großen Maestros zu zeigen. Das Experimentelle kommt in gewissen Phasen durchaus raus, aber weit weniger als es wohl die Intention der Macher im Hintergrund war. Selten Partituren und exklusive Perlen für Hardcore-Fans sind allemal enthalten. Für den Otto Normalverbraucher aber kein Pflichtkauf. Ohne Bewertung

Naked Cameo - Insomnia EP
Die Debütsingle „Luddite“ hat die bis dorthin relativ unbekannten Naked Cameo relativ schnell in lichte Höhen katapultiert. Zumindest hatte man ansprechende Streaming-Charts-Platzierungen zu verbuchen, wurde für unterschiedlichste Indie- und Nachwuchs-Awards quer durch den Kontinent nominiert und hat sich damit auch Plätze auf diversen Festivals erspielt. Mit Livespielen ist derzeit nichts, aber „Insomnia“ ist das Trio trotzdem. Auf den neuen Tracks haben die verträumten Oberösterreicher etwas mehr Zugang zum Rock gefunden und wissen vor allem in den Songs „Dead Weight“ und „Pleasant Insomnia“ gut zu überzeugen. Die eher düsteren Texte werden mit einer fröhlichen Grundstimmung ausgekleidet - das nimmt Schwere und überzeugt! Ohne Bewertung

Nelio - Von Ebbe und Flut EP
Mundart-Pop aus hiesigen Gefilden wird viel zu schnell verwerflich mit Partystimmung á la LaBrassBanda und Co. gleichgestellt, das Wiener Kollektiv Nelio beweist aber, dass es auch anders geht. Auf ihrer EP „Von Ebbe und Flut“ nimmt man Naturgewalten wie Klima oder die Corona-Pandemie als geschickte Metapher für gegenwärtige Probleme und Sorgen. So kommt es, dass Songs wie „A Meter Meer“ oder „Feuer“ ungemein politisch klingen, aber durch die gemächlich-poppige Ausrichtung niemals belehrend wirken. Nelio machen sich Sorgen um die Probleme der Welt und die Tücken der Zwischenmenschlichkeit und setzen auf ihrer EP mehr Statements, als andere Bands in ihren ganzen Diskografien. Hat auf jeden Fall mehr Aufmerksamkeit verdient! Ohne Bewertung

Paenda - My Heart EP
Der moderne Musikmarkt weiß - Full-Length-Alben sind in Zeiten des Streamings mitunter obsolet geworden. Die Steirerin Paenda bettet ihre neuen Songs aber trotzdem gerne in einen konzeptionellen Mantel, verteilt diese aber auf zwei EPs. Die erste namens „My Heart“ erschien nun und dreht sich inhaltlich um verschiedene Herzensthemen. Das wird mal mit freudvollem Feelgood-Pop („Friend Zone“), mal mit nachdenklich-elektronischen R&B-Anleihen („My Heart“) oder mittels progressiver Radiotauglichkeit („Perfect Fit“) in Szene gesetzt. Die einzelnen Songs überzeugen nicht nur durch Paendas eindringliche Stimme, sondern auch aufgrund des songwriterischen Ideenreichtums und der knackigen Produktion. Man darf auf den im Frühjahr 2021 avisierten Abschluss des Gesamtkonzepts gespannt sein - der Abstand vom einstigen Song-Contest-Trubel tut der Künstlerin jedenfalls sehr gut. Ohne Bewertung

Rachel Palmer - Antecedent
Im Klang liegt die Schönheit, das trifft auch auf die elektronische versierte Virtuosin Rachel Palmer zu. Intim, melancholisch und gedankenverloren mäandert sie durch eine knappe Dreiviertelstunde Soundderivate, die sich völlig unbeeindruckt und vor allem galant durch die Gehörgänge schlängeln. Traummusik für den luziden Wachzustand, könnte man „Antecedent“ auch nennen, denn durch das völlige Fehlen von Gesang und einem stringenten Rhythmus kann man sich besonders herzhaft in die Klangwelt der Künstlerin ziehen lassen. Ein Album, das gleichermaßen Heim- wie Fernweh evoziert und einfach nur unaufgeregt ist. Das mag so manchen zu lahm erscheinen, hat aber definitiv etwas für sich. 7/10 Kronen

Das Paradies - Sammlung 1: Pause an der Kurve in Vektoria EP
Hinter dem durchaus einladenden Pseudonym Das Paradies steckt niemand Geringerer als der Leipziger Florian Sievers, ein Musikenthusiast und Klangtüftler vor dem Herren, der es nicht so mit Berührungsängsten hat. Auf „Sammlung 1: Pause an der Kurve in Vektoria“ hat sich der Produzent und Multiinstrumentalist erstmals mit den sphärischen Sounds des Dub auseinandergesetzt und mithilfe von Gaststimmen wie von Albrecht Schrader oder Pola X eine ganz besonders leichtfüßige Soundwelt erschaffen. Das Paradies klingt dabei nie fordernd oder aufdringlich, sondern lässt sich in seinem skurrilen Dadaismus gleichermaßen humorig wie analytisch genießen. Ein sehr interessantes und vor allem originäres Werk, das sehr kurzweilig ist. Ohne Bewertung

Psycroptic - The Watcher Of All EP
Irgendwie muss man sich ja bemerkbar machen, um in Zeiten wie diesen nicht völlig von der Bildfläche zu verschwinden. Das haben sich auch die australischen Technical Death Metaller von Psycroptic gedacht, die - wohl auch mangels Liveauftrittsmöglichkeiten - vor dem angekündigten Studioalbum 2021 mit einer biederen 2-Track-EP (so man das überhaupt so nennen kann) noch ein paar Dollar scheffeln möchten. Die 12‘‘-Vinyl ist auf 1500 Exemplare limitiert und zielt somit ohnehin nur auf die langjährigen, treuen Fans ab. Frickelige Riffgewitter, mannigfaltiges Geshoute und etwas anstrengende, an Spät-80er-Power-Metal gemahnende Einsprengsel sind außerhalb des engen Zirkels das Geld auch nicht unbedingt wert. Ohne Bewertung

Roadwolf - Unchain The Wolf
In den letzten Jahren hat sich im internationalen Metalsektor eine durchaus merkbare Besinnung auf die Klassiker der Früh-80er erkennen lassen. Weltweit sprießen Bands aus dem Boden, die ihren großen Helden von Iron Maiden über Judas Priest bis hin zu Accept huldigen, nur im Genre-Brachland Österreich war diesbezüglich wenig zu merken. Diese Lücke füllen die Wiener Roadwolf nun aber mehr als würdig mit „Unchain The Wolf“, ein von Twin-Gitarren-Leads, feurigen Riffs und Spielfreude überbordendes Album, das vor allem Spaß macht und eigentlich gerade jetzt als Partybringer live präsentiert gehört. Natürlich werden die Lederhosen straffgezogen, doch mit dem Closer „Condemned To Rock“ zeigt man auch seine Rock-Liebe und könnte locker als Bonustrack am neuen AC/DC-Rundling mitspielen. Hier herrscht jedenfalls beste Stimmung und genau das ist es, was die Band plante und wir alle brauchen. Feines Werk! 7,5/10 Kronen

Roedelius - Drauf und dran
Hans-Joachim Roedelius schrieb als Mitbegründer von Cluster und Harmonia in den 70er-Jahren europäische Musikgeschichte, seit vielen Jahren organisiert er mit leidenschaftlicher Passion alljährlich das „More Ohr Less“-Festival in seiner Wahlheimat Baden, das er selbst heuer, unter widrigsten Umständen, mit einem mehr als adäquaten Line-Up füllen konnte. Der mittlerweile 86-Jährige ist aber auch selbst unaufhaltsam künstlerisch aktiv und veröffentlicht mit „Drauf und dran“ Klavierwerke aus den unterschiedlichsten Perioden seines mannigfaltigen Schaffens und griff dabei auf unterschiedliche Werkzeuge wie Yamaha, Steinway oder Bösendorfer zurück. Als Heil für Körper und Seele sieht Roedelius die fein gesponnenen Songpreziosen, die mit schlichten Titeln wie „Absolut“, „Jedenfalls“, „Durchaus“ oder „Ohnedies“ aufwarten und ausschließlich als streng limitiertes und handnummeriertes Notenheft mit - so modern muss man schon sein - Download-Code mitkommt. Greifen Sie zu! Ohne Bewertung

Scour - Black EP
Was kommt eigentlich raus, wenn man Mitglieder bzw. Ex-Mitglieder von Bands wie Pig Destroyer, Cattle Decapitation, Animosity und Agoraphobic Nosebleed zusammenmixt? Falsch gedacht, nicht Grindcore, sondern schwedischer Black Metal. Auf der dritten EP innerhalb von vier Jahren klingt die US-All-Star-Riege Scour schwärzer denn je, was der Band aber sehr gut zu Gesicht steht. Die modern produzierten und meist im Highspeed-Tempo runtergeklopften Songs hämmern in bester Dark Funeral-Manier und erinnern vor allem an schwedischen Black Metal mit leichten Death-Versatzstücken. Dazu das zeitlose Organ von Pantera-Legende Phil Anselmo, der natürlich im tiefen Segment bleibt, aber dem Gebräu trotzdem eine aggressiv-schöne Farbe verleiht. Mit dem melodischen Zwischenteil von „Microbes“ macht man sich aber keine Freunde… Ohne Bewertung

Shame On Youth! - Human Obsolescence
Während sich weiter oben in unserer Rubrik eine zukunftsträchtige Luxemburgerin viele Gedanken über die Zukunft des Planeten macht, stänkern die Italiener von Shame On Youth! lieber herum. Das ist insofern interessant, als das unsere südlichen Nachbarn selbst noch im Post-Teenager-Alter stecken, gegen die Jugend und ihre Werte und Hobbies auf dem Album „Human Obsolescence“ aber vom Leder ziehen, als wären sie schon kurz vor der Rente mit ungewisser Zukunftsperspektive. Vom prolligen Hardcore im Pressezettel ist musikalisch wenig zu merken. Das ist eher Anarcho-Punkrock der Marke Turbonegro oder - weiter gegriffen - von mir aus auch noch Kvelertak, nur ohne auch nur annähernd an Klasse und Esprit der zwei Vorzeigecombos heranzureichen. Die wie einen Hemdkragen aufgestellte Pseudocoolness beginnt auf Dauer zu nerven und ob der inhaltlichen Grundausrichtung werde ich nicht schlau. Eine eher maue Angelegenheit. 5/10 Kronen

Jack Slamer - Keep Your Love Loud
Handgemachter Classic Rock hat in den letzten Jahren ein wohliges Revival erfahren und sich wieder verstärkt im Mainstream breitgemacht. Nicht nur in der ersten Reihe mit Greta Van Fleet, sondern auch etwas weiter dahinter, etwa durch die famosen Rival Sons. Wie amerikanisch man aus Mitteleuropa klingen kann, das beweisen die Schweizer Jack Slamer mit „Keep Your Love Loud“ bereits das dritte Mal. Frontmann Florian Ganz gleicht Rival Songs-Fronter Jay Buchanan in der Stimme zudem fast wie ein Zwilling, was zwar der Eigenständigkeit, nicht aber der Qualität der Songs abträglich ist. Wie bei vielen Fans hängt auch hier der Wurm in der Langstrecke. So sehr die ersten Songs mit ihrer flotten, zwanglosen Ausrichtung auch gefallen - irgendwann wird es redundant und man hört eben doch die Kluft zu den ganz Großen des Genres. „Keep Your Love Loud“ ist ein nettes, feines Classic-Rock-Album, aber nichts, was einen vom Hocker haut. 6/10 Kronen

Sodom - Genesis XIX
Die Vorschusslorbeeren zum neuen Album der deutschen Thrash-Metal-Institution Sodom waren schon verdächtig hoch gehängt. Meist hält die Realität dann doch nicht ganz stand und so verhält es sich im Endeffekt auch mit „Genesis XIX“. Zuvorderst fällt schon einmal die grottig-schlechte Produktion auf. Frontmann Tom Angelripper wollte sie möglichst analog den frühen 80ern nachempfinden, im Ergebnis klingt das Geholz vor allem bei Schlagzeug und Gitarre aber diffus und altbacken, ohne den Noir-Charme zu erreichen. Die wirklich guten Songs verheizen Sodom mit „Sodom & Gomorrha“ oder „Euthanasia“ recht früh, danach versucht man sich auf die glorreichen Zeiten zu berufen, scheitert dabei aber immer wieder („The Harponeer“, „Waldo & Pigpen“). Mit „Nicht mehr mein Land“ befindet sich außerdem ein wirklich peinlicher, wohl nur augenscheinlich unpolitischer Song auf dem Album, der nicht sein musste. Naja, das geht schon deutlich besser. 5,5/10 Kronen

Steps - What The Future Holds
Hierzulande hat man wahrscheinlich gar keine so große Ahnung davon, wie populär Steps Ende der 90er in Großbritannien waren. Die Dancepop-Truppe eroberte rund ums Millennium mit „Step One“ (1998), „Steptacular“ (1999) und „Buzz“ (2000) in kürzester die Charts und Fanherzen, wurde mit einem BRIT-Award nominiert und erspielte sich neben Headliner-Touren auch einen Posten im Vorprogramm von Britney Spears. Relativ schnell zerbröckelte das Kollektiv aber wieder, 2017 startete man bereits das zweite Comeback und „What The Future Holds“ ist das zweite Lebenszeichen nach der erneuten Wiedergeburt. Die Hittauglichkeit ist überraschend groß und weiß - mein voller Ernst - ein überhyptes Durchschnittswerk wie die neue von Kylie Minogue mühelos in die Schranken. Songs wie „Something In Your Eyes“, „To The Beat Of My Heart“ oder „Heartbreak In This City“ klingen etwas aus der Zeit gefallen, machen aber einfach Spaß und vermitteln diese unschuldige Ungezwungenheit, die Katy Perry schon lange verloren hat. 7,5/10 Kronen

TV Smith - Lockdown Holiday
Punk-Fans werden aufjauchzen, denn TV Smith gehörte mit seiner Combo The Adverts Pionier tatsächlich zu den Genrepionieren im einst noch wilden Großbritannien der 70er-Jahre. Auch wenn ihm nie eine kommerziell erfolgreiche Karriere vergönnt war, überzeugt Smith seit den 90er-Jahren auch mit unregelmäßig erscheinenden Singer/Songwriter-Platten. Eine solche lässt sich während einer Pandemie natürlich umso besser zusammenschustern, weshalb „Lockdown Holiday“ - Nomen est Omen - natürlich wirklich ein astreines Virusalbum ist, das einzig und allein von Smiths rauchig-ausdrucksstarker Stimme und der akustischen Gitarre dominiert wird. Anstatt ordentlich auf Tour zu gehen war eben dazu gezwungen, sich daheim hinzusetzen und zu musizieren. Die im Spätfrühling ganz allein eingespielten Nummern sind eindrucksvoll, emotional und tröstlich. Ein reifes und überlegtes Album - steht dem Alt-Punk gut! Campino, schau gut hin! 7/10 Kronen

Urfaust - Teufelsgeist
In dunkleren Metalkreisen gibt es nur wenige Bands, die so polarisieren wie die Holländer Urfaust. Für die einen ist die Gemengelage aus Black Metal, Doom, Okkultismus und Hipster-Hype das Nonplusultra der schwarzen Szene, die anderen lachen über die luftleeren Auflösungserklärungen, langweilige Liveshows und das penetrante Vermarkten ihrer selbst (nun etwa mit limitiertem Gin zum Album). Die Wahrheit liegt wie immer irgendwo in der Mitte, auf dem „Comeback“-Album „Teufelsgeist“ findet zumindest eine klangliche Rückbesinnung in Richtung atmosphärische und Keyboard-schwangere Frühtage statt, aber edel benannte Tracks wie „Offerschaal der astrologische Mengvormen“ oder „Bloedsacrament voor de Geestenzieners“ sind auch nicht viel mehr als Mummenschanz für all jene, die unbedingt „Aura“ zur mangelhaften Musik brauchen. Naja... 5/10 Kronen

Voivod - Lost Machine: Live
Nach der früher in diesem Jahr veröffentlichten EP „The End Of Dormancy“ hatten Fans und Liebhaber der kanadischen Frickel-Thrasher wohl nicht ganz zu Unrecht die Hoffnung, es könnte heuer noch einen Nachschlag in Form eines Studioalbums geben. Tja, Pech gehabt. Dahingehend heißt es zumindest noch zuwarten zu müssen. Away, Snake und Co. müssen in einer Zeit der verpflichtenden Bühnenabwesenheit aber natürlich auch etwas verdienen und legen nun eben das Livealbum „Lost Machine“ unter den Gabentisch. Aufgenommen im Sommer in Québec City, als die Welt noch mehr als in Ordnung war, wildern sich die Nordamerikaner gewohnt technisch und querbeet durch ihr buntes und mittlerweile auch schon fast 40-jähriges Schaffen und verzichteten hörbar darauf, im Nachhinein noch groß nachzupolieren. Solche Pakete wurden von anderen Bands aber auch schon wesentlich liebevoller geschnürt… Ohne Bewertung

Volbeat - Rewind, Replay, Rebound: Live in Deutschland
Und gleich noch eine Band, die uns schmerzlich vor Augen führt, wie weh die derzeitige Existenz ohne Livekonzerte momentan ist. Die dänischen Hitparadenstürmer Volbeat haben sich in den letzten Jahren bekanntlich nicht zuletzt durch eine erhebliche Verweichlichung bzw. Verpoppung ihres Sounds in unermessliche Erfolgshöhen geschwungen. Bei Liveshows kriegt man dank Pyroshows und ordentlichem Budget aber immer noch ganz gut mit, welche geschickte Songwriting-Maschinerie und welche Liebe zur Musik hinter Michael Poulsen und Co. stecken. Der Elvis-Metal mit Punk-Versatzstücken, Rock’n’Roll-Feeling und selbstbewusster Breitbeinigkeit wurde letztes Jahr auf Tour in Deutschland aufgezeichnet und bietet außer Wehmut und Live-Fomo leider nichts Neues. Aber Weihnachten naht ja bekanntlich, das legitimiert ohnehin jeden vermarktbaren Ausfluss. Ohne Bewertung

Within The Ruins - Black Heart
Within The Ruins haftet wohl auf ewig ein bisschen der Ruf der zu-spät-gekommenen an. Mit ihrem Metalcore waren sie vor etwas mehr als zehn Jahren längst nach dem großen Hype des Genres dran, ihre Alben hatten zudem auch nie die songwriterische Finesse oder Durchschlagskraft, um aus dem Wulst der vielen Veröffentlichen herausstechen zu können. Seit einigen Jahren versucht es das Massachusetts-Kollektiv mit veränderter Rezeptur. Progressivere Schlenker im Instrumentarium, noch mehr Clean Vocals im Gesang und dazu das penetrante Schielen auf möglichst flirrende Gitarrenbögen. Auf „Black Heart“ treibt die Band diese Zugangsweise auf ihre bisherige Spitze und halten genau das ein, was Avenged Sevenfold einmal versprochen haben, bis sie endgültig zu oft Metallica in ihren Wohnzimmern aufdrehten. „Black Heart“ strotzt allen Trends und dem gängigen Zeitgeist und ist mitunter gerade deshalb wirklich gut gelungen. Kann man anchecken! 7,5/10 Kronen

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