Triumph für Selenskyj

„Diener des Volkes“ schafft absolute Mehrheit

Ausland
22.07.2019 21:36

Nach einem in der Geschichte der unabhängigen Ukraine beispiellosen Wahlerfolg will der prowestliche Präsident Wolodymyr Selenskyj mit einer Parlamentsmehrheit das Land aus der Krise führen. Der 41-Jährige gewann nicht nur über die Liste seiner in die EU und NATO strebenden Partei „Diener des Volkes“ eine Mehrheit, sondern auch überraschend viele Direktmandate. Selenskyj kann demnach mit mehr als 240 der 424 Abgeordneten ohne Koalitionspartner regieren, wie seine Partei mitteilte.

Die Wahlkommission in Kiew sprach von einem ordnungsgemäßen Verlauf der Abstimmung am Sonntag. Auch die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) lobten die Wahl in der Ex-Sowjetrepublik als demokratisch. Sie sei transparent und gut organisiert gewesen. Selenskyj hatte am Wahlsonntag noch von möglichen Koalitionsverhandlungen gesprochen. Nun kann er mit einer absoluten Mehrheit alleine regieren.

Erstmals absolute Mehrheit in der Geschichte der Ukraine
Das hat bisher noch keine Partei der Ex-Sowjetrepublik seit ihrer Unabhängigkeit geschafft. Nach Auswertung von mehr als 60 Prozent der Stimmzettel lag die Partei Selenskyjs am Montagnachmittag bei 42,7 Prozent. Beobachtern zufolge wurde bei der Abstimmung eine ganze Abgeordnetengeneration abgewählt, die in den vergangenen 20 Jahren das politische Geschehen in dem Krisenland mitbestimmte.

Die Erwartungen an Selenskyj sind nun groß. Seine Partei versprach im Wahlkampf, den Krieg im Osten des verarmten Landes zu beenden und die Korruption zu bekämpfen. Dieses Ziel bekräftigte der frühere Schauspieler auch am Wahlabend. Vorrangige Aufgabe sei zudem, ukrainische Gefangene aus Russland zurückzuholen, sagte der Staatschef.

Wermutstropfen Wahlbeteiligung: Nicht einmal die Hälfte ging wählen
Mit der vorgezogenen Neuwahl erreichte Selenskyj sein Ziel, sich mit seiner neuen Partei eine eigene Machtbasis im Parlament zu schaffen. Bislang war „Diener des Volkes“ nicht in der Obersten Rada vertreten, was eine Umsetzung der geplanten Reformen Selenskyjs behinderte. Er erzielte seinen Erfolg allerdings bei der niedrigsten Wahlbeteiligung in der jüngeren Geschichte der Ukraine. Nicht einmal die Hälfte der 30 Millionen Wahlberechtigten gab ihre Stimme ab.

Zweitstärkste Kraft wurde die prorussische Oppositionsplattform mit knapp 13 Prozent der Stimmen. Parteichef Juri Boiko sagte, dass die Wahl die krisengeschüttelte Ukraine wieder auf einen „friedlichen und normalen Weg“ zurückbringe. An dritter Stelle landete die Partei Europäische Solidarität von Ex-Präsident Petro Poroschenko. Sie holte demnach rund acht Prozent. Insgesamt schafften fünf der 22 angetretenen Parteien den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde. Darunter waren auch die „Vaterlandspartei“ von Ex-Regierungschefin Julia Timschenko sowie die Partei „Stimme“ des Kuschelrocksängers Swjatoslaw Wakartschuk.

Russland: Selenskyj „muss noch Reife zeigen“
Erste Reaktionen aus dem Nachbarland Russland waren zunächst verhalten. Selenskyj müsse noch politische Reife zeigen, schrieb der Außenpolitiker Konstantin Kossatschow auf Facebook. „Die politische Kindheit und Jugend ist für Präsident Selenskyj somit beendet. Jetzt kommt die Zeit der echten Verantwortung“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im russischen Oberhaus.

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