70 Jahre NATO

Kritik an Deutschland, Warnung vor China

Ausland
03.04.2019 22:38

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat zum 70. Geburtstag der Allianz eindringlich zu Geschlossenheit aufgerufen und die USA an die Bedeutung enger transatlantischer Beziehungen erinnert. Denn bei den Feierlichkeiten traten die Differenzen zwischen der Führungsmacht USA und den anderen Partnern erneut zutage. So übte US-Vizepräsident Mike Pence scharfe Kritik an Deutschland, dessen Verteidigungsausgaben viel zu niedrig seien. Zudem wurde die Kooperation mit Russland beim Bau der umstrittenen Pipeline Nord Stream 2 als Gefahr für die Sicherheit des Westens bezeichnet. Neben Russland bezeichnete Pence China als „vielleicht größte Herausforderung“ für die NATO.

„Wir müssen uns anpassen.“ Es gehe um die Frage, wie man sich an den Aufstieg der Volksrepublik anpasse, sagte Pence am Mittwoch vor dem Beginn eines NATO-Außenministertreffens in Washington. Als Beispiele für aus US-Sicht kritische Punkte nannte Pence das europäische Interesse an chinesischer Technologie für den Ausbau des schnellen 5G-Mobilfunknetzes und die sogenannte Seidenstraßen-Initiative, über die China zum Beispiel in Häfen in Italien investieren will. Von vielen NATO-Partnern wird der US-Kurs gegenüber China kritisch bewertet. Sie sehen China eher als Handelspartner denn als militärischen Rivalen und wollen eine starke Thematisierung Chinas in der NATO verhindern.

Pence machte deutlich, dass die USA das nicht von ihrer Position abbringen werde. „Chinas wachsender Einfluss wird notwendigerweise mehr amerikanische Aufmerksamkeit und Ressourcen erfordern“, sagte er. „Und während wir uns dieser Herausforderung stellen, müssen die europäischen Verbündeten mehr tun, um die Stärke und Abschreckung unserer transatlantischen Allianz mit ihren Ressourcen zu erhalten.“

Stoltenberg: „Offene Diskussion ist ein Zeichen von Stärke“
NATO-Generalsekretär Stoltenberg versuchte, beide Seiten des Atlantiks wieder enger aneinander zu binden und mahnte in seiner mit viel Applaus bedachten Rede, die NATO sei gut für Europa, aber auch für die USA. „Die Stärke einer Nation misst sich nicht nur an der Größe ihrer Wirtschaft. Oder an der Zahl ihrer Soldaten. Sondern auch an der Zahl ihrer Freunde“, so Stoltenberg. Die vielen Freunde und Partner in der NATO zu haben, habe die USA stärker und sicherer gemacht. Der Norweger erinnerte zudem daran, dass die USA Europa als Plattform für ihre weltweiten Einsätze bräuchten.

Stoltenberg sagte, es gebe unter den NATO-Staaten durchaus ernste Meinungsverschiedenheiten - etwa zu Handel, Energie, Klimawandel oder dem Atomabkommen mit dem Iran. Aber das Bündnis habe immer geschafft, trotz Differenzen an einem Strang zu ziehen, um sich gegenseitig zu schützen. „Offene Diskussionen und unterschiedliche Meinungen sind kein Zeichen von Schwäche. Das ist ein Zeichen von Stärke“, zeigte sich der ehemalige norwegische Ministerpräsident überzeugt, dass das Bündnis nach wie vor stark sei.

„Verbündete müssen mehr für Verteidigung ausgeben“
Stoltenberg zeigte am Mittwoch erneut Unterstützung für US-Präsident Donald Trumps Forderung nach höheren Verteidigungsausgaben anderer Mitgliedsstaaten. „Die NATO ist ein starkes Bündnis. Aber um ein starkes Bündnis zu bleiben, muss die NATO ein faires Bündnis sein.“ Stoltenberg mahnte: „Die NATO-Verbündeten müssen mehr für Verteidigung ausgeben.“ Dies sei die klare Botschaft von Trump und diese zeige Wirkung. Die NATO-Alliierten investierten inzwischen deutlich mehr in die Verteidigung.

Es ist aber auch entscheidend, welche Investitionen durch die NATO-Partner getätigt werden. So ist der Ärger in Washington über das türkische Vorhaben, die Streitkräfte mit dem russischen Raketenabwehrsystem S-400 aufzurüsten, sehr groß. Die USA hatten als Reaktion darauf zuletzt die Auslieferung von Material für F-35-Kampfjets an Ankara vorerst gestoppt. Solange die türkische Regierung nicht auf das russische Luftabwehrsystem S-400 verzichte, würden die Auslieferungen und Aktivitäten rund um die F-35-Jets zunächst ausgesetzt, teilte das US-Verteidigungsministerium.

Ärger über russisches Abwehrsystem in der Türkei
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu stellte aber am Mittwoch zum wiederholten Male klar: „Der Deal ist geschlossen, wir werden davon nicht zurücktreten.“ Die Abwehr, die für den Eigengebrauch geplant sei, muss aus seiner Sicht nicht mit NATO-Systemen kompatibel sein. Die US-Regierung fürchtet allerdings, dass Russland über das Abwehrsystem an sensible Daten über die Fähigkeiten der F-35-Jets gelangen könnte.

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