Zurückgerudert

Faymann stolpert in Uni-Debatte über Beschränkungen

Österreich
04.11.2009 15:49
Bundeskanzler Werner Faymann hat sich mit seinem wankelmütigen Kurs in Uni-Fragen den Zorn aller Beteiligten in der seit zwei Wochen andauernden Intensivdebatte zugezogen. Nachdem er Anfang der Woche für Zugangsregelungen mit Einstufungstests eintrat, ruderte der Kanzer am Mittwoch zurück. Die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten würden reichen, so Faymann. Der ÖVP missfällt der "Zick-Zack-Kurs", die Studenten fragen sich: "Weiß der Kanzler überhaupt, wovon er spricht?"

Faymann brüskierte die seit 14 Tagen protestierenden Studenten am Montag mit der Aussage, dass Universitäten ohne Zugsangsregelungen "Illusionen" seien und liegäugelte dabei mit einer Übernahme der Methoden der Fachhochschulen. Dort werden unter anderem strenge Aufnahmetests und sogenannte "Knock out"-Prüfungen angewendet, wenn die Nachfrage das Angebot an Studienplätzen übersteigt.

"Vernünftige Regelungen für Uni-Zugang schaffen" und "Regelungen statt finanzielle Beschränkungen", lauteten die Überschriften von Faymanns Presseaussendungen. SPÖ-Wissenschaftssprecherin stärkte ihm dann nach den wütenden ÖH-Reaktionen den Rücken mit "Zugangsregelungen sind keine Zugangsbeschränkungen".

Plötzlich reichen die Möglichkeiten aus
Jetzt ruderte der Kanzler plötzlich zurück: Schon jetzt gebe es die Bestimmungen zu den Studieneingangsphasen sowie den "Notfallsparagrafen" im Universitätsgesetz, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung des SPÖ-Chefs. Neue Regeln seien "von uns aus nicht beabsichtigt". Die bestehenden Gesetze müssten von den Unis bloß ausgenutzt werden. 

Auch generellen Aufnahmetests oder Knock-Out-Prüfungen erteilt Faymann man eine Absage. In den Studieneingangsphasen sollten sich die Studenten schließlich orientieren, ob ein Studium zu ihnen passt oder nicht. Die Entscheidung darüber solle bei ihnen liegen und nicht bei der Uni, hieß es vom Bundeskanzler.

"Kein Vorbild" sind für Faymann plötzlich auch die Zugangsregelungen an den Fachhochschulen. Im Ministerrat am Dienstag habe er nur darauf hingewiesen, dass es "bestehende Zugangsregelungen gibt, die eigens auf die jeweilige Bildungseinrichtung ausgerichtet sind". Gefordert seien nun "sowohl mehr finanzielle Mittel als auch der Dialog mit Vertretern der Studierenden, zu dem Wissenschaftsminister Johannes Hahn beauftragt wurde".

"Zeugnis völliger Konzeptlosigkeit"
Auf "Zick-Zack-Kurs" sieht ÖVP-Wissenschaftssprecherin Beatrix Karl den Bundeskanzler. "Erst solidarisiert sich Faymann mit den Studierenden, dann nennt er Zugangsregelungen nach FH-Vorbild als gutes Beispiel, nun ist er wieder dagegen", so Karl in einer Aussendung. Sie ortet deshalb "entweder ein durchschaubares Doppelspiel der SPÖ oder aber ein Zeugnis völliger Konzeptlosigkeit".

Auch die Österreichische HochschülerInnenschaft ortet "Konzeptlosigkeit" bei der SPÖ, Faymann habe "offenbar nicht gewusst, wovon er spricht, als er die FH-Zugangsbeschränkungen als gutes Beispiel nannte", erklärte Thomas Wallerberger vom Vorsitzteam der ÖH Bundesvertretung. 

Seine Kollegin Sigrid Maurer forderte die Regierung erneut auf, "endlich zur Vernunft zu kommen und die Lösung der Probleme anzugehen" - etwa mit einem verbindlichen Finanzierungsplan für zwei Prozent des BIP bis 2015 oder einem nationalen Hochschulplan, der auch die Schulen mitdenke. "Offenbar weiß die SPÖ selbst nicht, wofür sie eigentlich ist - vor einem Jahr hat sie selbst die Abschaffung der Zugangsbeschränkungen beschlossen."

Umfrage: Proteste spalten Bevölkerung
Die Österreicher sind in der Frage der Studentenproteste laut einer OGM-Umfrage gespalten: 51 Prozent von 500 Befragten gaben an, kein Verständnis für die Studierenden aufzubringen, 42 Prozent taten dies schon. Besonders verständnisvoll waren SPÖ (55 Prozent)- und Grün-Wähler (71 Prozent), am wenigsten Verständnis brachten FPÖ- (76 Prozent) und BZÖ-Anhänger (65 Prozent) auf.

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