Jahresrückblick

Fall geklärt, Motiv offen: Grenzen unserer Justiz

Kärnten
28.12.2025 09:00

Was ist in den zwei Minuten und sechs Sekunden passiert, in denen ein Soldat in Spittal erschossen wurde? Wie konnte ein unauffälliger 23-Jähriger zum Amokläufer werden? Das Kärntner Gerichtsjahr war geprägt von Straftaten mit Fragezeichen.

Rund 50 Strafprozesse finden Woche für Woche am Klagenfurter Landesgericht statt. Die Anklagen reichen vom Drogenhandel über schweren Betrug bis hin zum Mord – wobei dieses Delikt zum Glück nur noch selten verhandelt werden muss.

2025 nur zwei Mal: Der 20-jährige Lukas P. erhielt zwölf Jahre Haft, nachdem er seinen um ein Jahr älteren Kameraden Mustafa in der Spittaler Türkkaserne erschossen hat. Videoüberwachungen zeigen, wie das Opfer ins Wachzimmer geht, um sich zu melden, und zwei Minuten und sechs Sekunden später der Todesschütze recht gelassen herauskommt und die Rettung alarmiert. Was in der kurzen Zeitspanne dazwischen passiert ist, wird man vermutlich nie erfahren – P. konnte oder wollte es nicht erklären, für eine Verurteilung spielt die Frage nach dem Warum oft auch gar keine Rolle.

Freigesprochen wurde dagegen ein 45-Jähriger für einen Mord, der sich 2001 jenseits des Ural ereignet hatte. Laut russischer Anklage hätte der Tschetschene in einer Disco einen Mann erstochen, die Staatsanwaltschaft Klagenfurt musste den Vorwurf aufgrund internationaler Rechtshilfeabkommen verfolgen. Wie aber die Justiz in Russland arbeitet – die Ermittlungen waren offenkundig einseitig – überzeugte die Kärntner Geschworenen nicht.

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EXW-Mastermind Benjamin H. bleibt für die Justiz ein Dauerbrenner: Der verurteilte Millionenbetrüger floh bei Haftausgang.(Bild: Kerstin Wassermann)
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Rekordstrafe für einen Wiener Millionär, der bei Handykauf in Klagenfurt peinlich auszuckte: 96.000 Euro, Berufung läuft.(Bild: Kerstin Wassermann)
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Missbrauch: Neun Jahre Haft und Einweisung für einstigen pädophilen WAC-Platzwart.(Bild: Kerstin Wassermann)
Ein ehemaliges Heimkind klagt Kärnten wegen Misshandlung in Einrichtungen des Landes – etwa in ...
Ein ehemaliges Heimkind klagt Kärnten wegen Misshandlung in Einrichtungen des Landes – etwa in Görtschach.(Bild: Kerstin Wassermann)
Zwölf Jahre Haft für den 21-jährigen Lukas P., der in der Spittaler Türkkaserne Kameraden Musti ...
Zwölf Jahre Haft für den 21-jährigen Lukas P., der in der Spittaler Türkkaserne Kameraden Musti erschoss. Warum blieb auch vor Gericht ungeklärt.(Bild: Kerstin Wassermann)
Feuerteufel: Sechs Jahre Haft (nicht rechtskräftig) nach Brandserie in Bad Bleiberg
Feuerteufel: Sechs Jahre Haft (nicht rechtskräftig) nach Brandserie in Bad Bleiberg(Bild: Kerstin Wassermann)

Nicht überzeugt waren die Gerichte aber auch von Ermittlungen aus Kärnten – und so bleibt ein Todesfall in der 200-Seelen-Ortschaft Edling weiterhin ungeklärt.

Rätsel um Todesursache, dann erfolglose Tätersuche
Im Februar 2023 war hier eine 62-jährige Pensionistin tot vor der Leichenhalle aufgefunden worden. Kriminalisten glaubten an einen Unfall, die Gerichtsmedizinerin erkannte dagegen eine Bluttat. Der Sohn der Frau geriet kurzzeitig unter Mordverdacht, ehe die Ermittlungen im Frühling ergebnislos eingestellt werden mussten – der Fall Edling liegt seitdem als Cold Case im Archiv.

Heiß waren dagegen die Spuren, die 2025 zu zwei Brandstiftern führten: Ein Ebenthaler riskierte das Leben seiner Nachbarn, als er ihr Auto abfackelte und die Flammen auf das Haus übergriffen, in dem kleine Kinder schliefen. Niemand kann sich den Angriff erklären, sogar Schlafwandeln wurde überprüft. Der 64-Jährige akzeptierte allerdings etwas überraschend die Strafe von drei Jahren teilbedingt – entweder ein verspätetes Schuldeingeständnis oder Resignation. Auch in Bad Bleiberg sorgte ein Feuerteufel für Angst und Schrecken – ein Feuerwehrmann (24) wurde nicht rechtskräftig für die unheimliche Brandserie verurteilt.

Aufsehenerregend war auch eine Reihe von Prozessen gegen Kinderschänder – die teils mit sehr hohen Strafen von 14 Jahren Haft endeten. Allerdings neigt das Oberlandesgericht Graz dazu, diese wieder zu reduzieren, was ministerielle Ankündigungen, Sexualstraftaten stärker zu ahnden, in der Praxis dann wieder ad absurdum führt!

2026 startet für Gericht mit Herausforderungen
Doch für Kärnten ist die Gunst von Justizministerin Anna Sporrer wichtig: Zum einen geht es um die Zukunft der zweisprachigen Bezirksgerichte, die zwar verfassungsrechtlich abgesichert sind, für die sich aber dennoch kaum neue Richter finden lassen. Und zum anderen muss das Landesgericht Klagenfurt saniert werden, sobald die benachbarte Justizanstalt in den spektakulären Neubau gezogen ist.

Dieses 170-Millionen-Projekt in Flughafennähe schreitet zügig voran; schon im März wird die Dachgleiche gefeiert! Derzeit beherbergt das alte Gefängnis ja noch einen der gefährlichsten U-Häftlinge Österreichs: Ahmad G., jener 23-Jährige, der im Februar für den ersten Terroranschlag auf Kärntner Boden verantwortlich zeichnet.

Der Mordprozess gegen soll bis März stattfinden und auch hier wird sich vor allem die Frage nach dem Warum stellen. Wie konnte aus einem jungen Flüchtling aus einer kurdischen Familie mitten in Villach ein IS-Sympathisant werden, der für seinen Glauben nicht nur töten, sondern auch selbst sterben will?

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