Bevölkerung in Angst
Bereits zwölf Tote nach Bärenattacken in Japan
Im Norden Japans geht die Angst um: Seit April haben Bären schon zwölf Menschen getötet und mehr als hundert weitere verletzt, so viele wie nie zuvor. Um Bären abzuschrecken, wagen sich viele Menschen nur noch mit Glöckchen am Rucksack nach draußen.
„Wir hören fast jeden Tag Nachrichten über Menschen, die angegriffen oder verletzt werden. Es ist einfach nur beängstigend“, sagt der Jäger Kakeru Matsuhashi, der durch einen Wald in der stark betroffenen Region Akita läuft.
Nach dem Vorbild traditioneller japanischer Jäger, Matagi genannt, ist der 28-Jährige mit einem Messer bewaffnet. Keiji Minatoya, ebenfalls aus Akita, wurde vor zwei Jahren selbst attackiert: Der Bär warf ihn vor seiner Garage zu Boden und biss ihm ins Gesicht. „Ich dachte, das ist mein Tod“, erzählt der 68-Jährige, der sich befreien und in sein Haus retten konnte.
In diesem Jahr traf es Pilzsammler, Wanderer, Dorfbewohner. In Iwate, der Nachbarregion von Akita, wurde ein 67-jähriger Mann tot vor seinem Haus gefunden, seine Leiche wies Biss- und Kratzspuren auf. Ebenfalls in Iwate wurde ein 60-Jähriger getötet, der ein Außenbecken eines Thermalbads reinigte. Seine Leiche wurde in einem angrenzenden Waldstück gefunden.
Population nimmt stark zu
Für Verunsicherung sorgen auch die fast täglichen Berichte über Bären, die sich aus den Bergwäldern in Wohngebiete vorwagen. Sie sind bereits in Supermärkte eingedrungen und in der Nähe von Schulen gesichtet worden. Ein Grund für die vermehrten Kontakte zwischen Menschen und Bären ist die stark zunehmende Bären-Population: Die Zahl der Braunbären in Japan hat sich in den vergangenen 30 Jahren verdoppelt und liegt nach Angaben der Regierung inzwischen bei rund 12.000 Exemplaren. Auf der japanischen Hauptinsel Honshu ist die Zahl der Asiatischen Schwarzbären, auch Kragenbären genannt, sogar auf 42.000 gestiegen.
Fachleute führen die Entwicklung auf das reichliche Nahrungsangebot zurück: Bären sind Allesfresser, die sich hauptsächlich von Pflanzen wie Eicheln ernähren. Die Erwärmung infolge des Klimawandels führt dazu, dass es immer häufiger Jahre mit einem Überfluss an Eicheln gibt. Aufgrund der älter werdenden Bevölkerung gibt es in Japan zudem immer weniger Jäger und damit mehr Rehe und Wildschweine, typische Beutetiere von Bären.
Nahrungsknappheit verschärft Problem
In einigen Regionen sei die „Bärenpopulation mittlerweile so groß, dass die Berge nicht mehr genug Platz bieten“, sagt der Experte Naoki Ohnishi vom japanischen Forschungsinstitut für Forstwirtschaft und Forstprodukte. Auch die zunehmende Entvölkerung ländlicher Gebiete trägt dazu bei, dass immer mehr Bären durch verlassene Dörfer streunen.
Jungtiere verlieren Scheu vor Menschen
Verschärft wird das Problem in diesem Jahr durch eine Nahrungsknappheit: Alle zwei bis fünf Jahre tragen Eichen nur wenige Früchte – dieses Jahr ist so ein Jahr. Auf der Suche nach Nahrung streifen die Bären daher durch Dörfer und Städte, wie Shinsuke Koike, Professor an der Universität für Landwirtschaft und Technologie in Tokio, erklärt. Durch die vermehrten Kontakte verlieren vor allem Jungtiere ihre natürliche Scheu vor Menschen.
Die Regierung in Tokio hat inzwischen eine stärkere Jagd auf die Tiere angekündigt. In der vergangenen Woche schickte sie Soldaten nach Akita und Iwate. Sie sollen die Jagd auf Bären vor allem logistisch unterstützen, etwa durch das Aufstellen von Fallen. Mit Gewehren bewaffnete Polizisten sollen aber auch Bären abschießen. Eine gründliche Bejagung sei der einzige wirksame Weg, um die Gefahr durch Bären langfristig zu verringern, sagt Forscher Ohnishi. Kurzfristig wird auch die natürliche Lebensweise der Bären für eine Entspannung der Lage sorgen: Bald halten die Bären ihren Winterschlaf.
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