Nachdem die jüngsten Gehaltserhöhungen in der Wirtschaftskammer (WKO) bekannt geworden sind – ausgerechnet in Zeiten, in denen überall vom Sparen die Rede ist –, brodelt es in den Betrieben des Landes: Viele Unternehmer sind wütend auf ihre eigene Interessensvertretung.
Trotz erster persönlicher Konsequenzen des WKO-Chefs Harald Mahrer schlägt der Kammer statt Verständnis nun offener Zorn entgegen. „Der Zeitpunkt ist der schlechteste überhaupt“, sagt etwa der Gmundner Sporthändler Karl Kaltenbrunner gegenüber dem Ö1-„Morgenjournal“: „Wenn man überall predigt, man müsse sparen, und sich selbst dann vier Prozent mehr gönnt, ist das einfach heftig.“ Er ist mit dieser Meinung längst nicht allein: Ein Rundruf des Senders unter Unternehmern zeigt, dass viele das Vertrauen in die Kammer verloren haben.
Wut richtet sich vor allem gegen einen
Vor allem das Vorgehen von Mahrer sorgt für Empörung. Kaltenbrunner findet klare Worte: „Er sollte sagen: Das war falsch, ich übernehme Verantwortung und trete zurück.“ Im Internet haben sich mittlerweile mehrere Unternehmerinitiativen gebildet – mit Forderungen wie „WKO-Lohnerhöhung stoppen“ oder „Kammerumlage aussetzen“.
Einer der lautesten Kritiker ist Stephan Zöchling, Chef des steirischen Autozulieferers Remus. Er stellt die Kammer grundsätzlich infrage: „Es ist einfach die Frage, ob die Wirtschaftskammer in ihrer Struktur noch zeitgemäß ist.“ Zöchling fordert, die milliardenschweren Rücklagen der Kammer zu nutzen, um die Mitgliedsbeiträge zu senken. „Es ist auch meiner Meinung nach nicht ganz klar, was 5800 Mitarbeiter dort eigentlich machen.“
Enormes Gehaltsgefälle bei Präsidenten
Zusätzlichen Ärger lösten die veröffentlichten Gehälter der Kammer-Spitzen aus. So erhält etwa Wiens Kammerpräsident Walter Ruck 14.076 Euro brutto monatlich – ein Plus von 21 Prozent gegenüber 2021. Zum Vergleich: In Kärnten verdient sein Amtskollege weniger als die Hälfte. Ruck verteidigt die Höhe mit der größeren Verantwortung und verweist auf seine parallele Tätigkeit als Bauunternehmer.
Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer selbst kassiert insgesamt rund 28.500 Euro brutto im Monat – als Präsident der WKÖ, des ÖVP-Wirtschaftsbundes und des Generalrates der Nationalbank. Nach der massiven Kritik kündigte er am Montag immerhin an, seinen Posten in der Nationalbank aufzugeben, WKO-Präsident will er aber bleiben.
„Übergeht die wirtschaftliche Realität völlig“
Für viele kleine und mittlere Betriebe sind solche Summen ein Affront. „Die Kammer sollte eine Vorbildfunktion haben und in dieser Zeit ein Zeichen setzen“, sagt der technische Berater Philip Sager aus Mödling gegenüber Ö1. Er selbst nutzt das Service der Kammer gerne, fühlt sich aber vor den Kopf gestoßen: „Gerade weil ich mich dort bisher gut aufgehoben fühlte, stört mich das jetzt besonders. Der automatische Mechanismus übergeht die wirtschaftliche Realität völlig.“
Während Mahrer nun von „Fehlerkultur“ und „Reformbereitschaft“ spricht, bleibt die Stimmung an der Basis angespannt. Unternehmer fordern mehr Transparenz, eine Neuausrichtung der Strukturen – und ein Ende der Selbstzufriedenheit in der Kammer. Für viele steht längst fest: Die WKO hat den Kontakt zu ihren Mitgliedern verloren.
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