Der italienische Verteidigungsminister Guido Crosetto ist der Ansicht, dass die NATO überholt ist. Die Lebensrealitäten hätten sich geändert, doch der Militärbund würde wie vor 30 Jahren kommunizieren. Seine Aussagen kommen zu einem brisanten Zeitpunkt.
„Die NATO hat keine Existenzberechtigung mehr. Einst war der Atlantische Ozean das Zentrum der Welt, jetzt ist es die Welt. Die NATO muss sich an die veränderte globale Realität anpassen“, erklärte Crosetto am Rande einer Konferenz an der Universität Padua am Freitag.
„Früher waren die USA und Europa das Zentrum der Welt, heute gibt es den Rest der Welt, zu dem eine Beziehung aufgebaut werden muss“, so Crosetto, der der Regierungspartei „Fratelli d‘Italia“ (Brüder Italiens) von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni angehört.
„Die Welt hat sich verändert“
„Wir reden oft so, als lebten wir noch vor 30 Jahren, aber alles hat sich geändert. Wir reden über Europa, als ob Europa noch etwas zählen würde. Vielleicht hätte es einmal etwas zählen können, wenn es sich eine politische Rolle gegeben hätte, wenn es eine Außenpolitik oder eine Verteidigung gehabt hätte. Aber seine Zeit ist vorbei, und ich sage das mit Bedauern: Die Welt hat sich verändert“, betonte der Minister.
Auch die Vereinten Nationen würden als Organisation nichts mehr bewegen können. „Die UNO zählt in der Welt nichts, weniger als Europa, weniger als ein Staat, weniger als China, weniger als Indien oder weniger als Israel“, fügte Crosetto hinzu.
Trotz der schwierigen Lage müsse sich Italien vorerst keine Sorgen um seine Sicherheit machen, versicherte der Minister. „Kriege sind noch weit entfernt, auch wenn die Welt schwieriger ist als noch vor vier oder fünf Jahren“, erklärte Crosetto, Mitbegründer der „Fratelli d‘Italia“.
Der Minister verlässt damit die Linie, die Meloni während des Ukraine-Krieges vorgegeben hatte. Sie trat zuletzt vermehrt als Sprachrohr des Westens auf und bemühte sich vor allem um den Zusammenhalt des Militärbündnisses – angesichts der gehegten Ausstiegsfantasien von US-Präsident Donald Trump.
Italien verliert den Anschluss
Crosettos Ansagen sind im Lichte des anstehenden NATO-Gipfels in Den Haag besonders brisant. Dort soll eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben offiziell beschlossen werden. Rom scheiterte in den vergangenen Jahren bereits an der aktuellen Hürde von zwei Prozent des BIP (siehe Grafik oben). Italien ist nach Griechenland das EU-Land mit der höchsten Schuldenlast.
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