Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Österreich hat sich schleichend in eine Teilzeitrepublik verwandelt. Zwar steigt die Beschäftigung, doch das gesamte Wachstum geht auf das Konto von Teilzeitstellen. Während die Bevölkerung in den letzten drei Jahrzehnten um 1,2 Millionen Menschen gewachsen ist, hat sich die Zahl der Vollzeitjobs nicht erhöht.
Eine alarmierende Entwicklung, die Experten Sorgen bereitet: Besonders auffällig ist der Trend bei Frauen. Laut einer aktuellen Studie der Agenda Austria sind bei uns nur rund 33 Prozent der Frauen zwischen 15 und 64 Jahren in Vollzeit beschäftigt. Ein europaweiter Vergleich zeigt: Nur in den Niederlanden ist dieser Anteil noch geringer. Allerdings hat das Nachbarland eine deutlich höhere Beschäftigungsquote insgesamt.
Teilzeit als Wohlstandsphänomen?
„Teilzeit ist vielfach ein Wohlstandsphänomen“, sagt Carmen Treml, Ökonomin der Agenda Austria. Doch der vermeintliche Luxus könnte langfristig zum Problem werden. „Wenn Österreich weiterhin ein Wohlfahrtsstaat bleiben will, müssen nicht nur mehr Personen, sondern diese auch mehr Stunden arbeiten.“
Doch warum arbeiten immer weniger Menschen Vollzeit? Ein entscheidender Faktor ist die steuerliche Belastung. Viele Arbeitnehmer, insbesondere Zweitverdiener in Familien, sehen nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben kaum einen finanziellen Vorteil, wenn sie mehr Stunden arbeiten. „Grundvoraussetzung dafür ist, dass sich die Mehrarbeit steuerlich auch auszahlt“, so Treml.
Familienpolitik und fehlende Anreize
Hinzu kommt die traditionelle Rollenverteilung. Viele Frauen reduzieren ihre Arbeitszeit nach der Geburt von Kindern – auch weil Betreuungsplätze fehlen oder die Kosten hoch sind. Gleichzeitig gibt es für Männer kaum Anreize, in Teilzeit zu gehen, um Care-Arbeit zu übernehmen. Das Ergebnis: Eine Schieflage, die nicht nur die Wirtschaft bremst, sondern auch die Pensionen gefährdet.
Experten fordern längst Reformen. Dazu gehören bessere Kinderbetreuung, flexiblere Arbeitsmodelle – und vor allem eine Entlastung bei den Steuern. Denn eines ist klar: Ohne mehr Vollzeitjobs wird Österreich den Wohlstand nicht halten können.
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