Daten veröffentlicht

Superreichen-Liste erzürnt die Griechen

Ausland
29.10.2012 14:08
Die Veröffentlichung einer Liste mit den Namen von 2.059 griechischen Staatsbürgern, die angeblich über ein Konto in der Schweiz verfügen, hat in Griechenland für großen Wirbel gesorgt. Während die Liste einerseits die Diskussion über die - vor allem die ärmeren Gesellschaftsschichten betreffenden - Sparmaßnahmen weiter anheizte, geht die Justiz gegen den für den Bericht verantwortlichen Chefredakteur des renommierten Magazins "Hot Doc" vor.

Das Nachrichtenmagazin veröffentlichte am Samstag Namen von 2.059 Griechen, die angeblich Geld auf einem Konto der HSBC in der Schweiz gelagert haben. Dabei handle es sich um die berühmt-berüchtigte "Lagarde-Liste" (benannt nach der damaligen französischen Finanzministerin und nunmehrigen IWF-Chefin Christine Lagarde), die Griechenland 2010 von den französischen Behörden übergeben wurde.

Haftbefehl gegen Chefredakteur
Laut "Hot Doc" würden einige Depots mehr als 500 Millionen Euro aufweisen. Auf der Liste befinden sich auch der Sprecher des griechischen Parlaments, der das Konto dem Bericht zufolge nicht in seiner Steuererklärung berücksichtigt habe, einige Angestellte des Finanzministeriums und zahlreiche bekannte Geschäftsleute.

Auch wenn das Magazin in seinem Artikel extra betonte, dass der Besitz eines Schweizer Kontos an sich nicht illegal sei und keinen Hinweis auf Steuerhinterziehung gebe, reagierte die Justiz unmittelbar und stellte einen Haftbefehl gegen Herausgeber und Chefredakteur Kostas Vaxevanis (Bild 2) aus. Mit der Veröffentlichung der Liste habe das Magazin nämlich die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Menschen verletzt.

"Freier Journalismus wird hinter Gitter gesperrt"
Gleichzeitig schürte der Bericht aber auch Gerüchte, dass es der griechische Staat in den letzten zwei Jahren verabsäumt habe, in Sachen "Lagarde-Liste" aktiv zu werden und bei Steuerflucht ein Auge zugedrückt habe. Dementsprechend reagierte auch Chefredakteur Vaxevanis mit Unverständnis auf den Haftbefehl: "Anstatt anhand der bereits 2010 übergebenen Daten endlich gegen die Steuerflüchtlinge dingfest zu machen, versuchen sie jetzt, die Wahrheit und den freien Journalismus hinter Gitter zu sperren. Der springende Punkt ist, dass diese Gruppe von Leuten Gewinne einstreicht und das Griechenland erschafft, das sie wollen, während das Land hungert."

Am Sonntag wurde der Journalist verhaftet. "Ich werde jetzt gerade festgenommen. Machen Sie es weiter bekannt", twitterte der Chefredakteur am Morgen. Die Polizei bestätigte die Festnahme. Kurz nach seiner Verhaftung wurde Vaxevanis von einem Staatsanwalt verhört und danach bis zum Prozessbeginn auf freien Fuß gesetzt. Am Montag musste sich der Chefredakteur erstmals kurz vor Gericht verantworten, bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu drei Jahre Haft.

Neues Sparpaket über 13,5 Milliarden Euro in Verhandlung
Der Bericht fällt in eine Phase, in der das überschuldete Land gerade intensiv mit der Gläubiger-Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds über ein neues Sparpaket in der Höhe von 13,5 Milliarden Euro verhandelt. Die Einsparungen sind Voraussetzung für die Auszahlung einer weiteren Hilfstranche von 31,5 Milliarden Euro. Zuletzt wurde aber immer klarer, dass Griechenland für die mittelfristige Haushaltssanierung mehr Zeit braucht.

Weiterer Schuldenschnitt geplant?
Unterdessen wurde vermeldet, dass die Troika angeblich einen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland vorschlägt. Wie der "Spiegel" berichtet, unterbreiteten die Troika-Vertreter ihren Vorschlag am vergangenen Donnerstag bei einer Vorbereitungssitzung für das nächste Finanzministertreffen der Euro-Zone. Der Vorschlag sieht demnach vor, dass sich vor allem die öffentlichen Gläubiger Griechenlands an der Maßnahme beteiligen und auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichten. Damit würden die Steuerzahler deutlich belastet.

Bei dem Treffen, an dem Spitzenbeamte der Finanzministerien teilnahmen, sei der Vorschlag auf den Widerstand mehrerer Staaten gestoßen, darunter auch Deutschland, berichtete der "Spiegel". Viele Teilnehmer hätten gesagt, sie wollten das Geld nicht verlieren, das ihre Regierungen für Unterstützungszahlungen an Griechenland vergeben hätten. Die EZB wäre dem Bericht zufolge von einem Schuldenschnitt ausgenommen, weil ihr diese Form der Staatsfinanzierung untersagt ist. Die Zentralbank habe sich aber bereit erklärt, ihre Gewinne aus griechischen Anleihen zur Verfügung zu stellen.

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