EU-Lieferkettengesetz

Grüne toben: Vorhaben verpasst nötige Mehrheit

Wirtschaft
28.02.2024 14:25

Das EU-Lieferkettengesetz hat erneut die benötigte qualifizierte Mehrheit unter den EU-Staaten verfehlt. Neben Österreich haben sich noch andere Mitglieder quergelegt. Die heimischen Grünen sprechen davon, eine „historische Chance“ verpasst zu haben.

Das Scheitern teilte die belgische Ratspräsidentschaft am Mittwoch auf der Online-Plattform X (ehemals Twitter) mit. Man prüfe jetzt, wie man die Vorbehalte mehrerer Mitgliedstaaten gemeinsam mit dem EU-Parlament angehen könnte, heißt es in dem kurzen Statement.

Kompromiss liegt vor
Eigentlich haben sich die EU-Mitgliedsstaaten (Rat) zusammen mit dem Europaparlament bereits auf einen gemeinsamen Kompromisstext geeinigt. Beide Institutionen müssen diesen aber noch final absegnen. Bereits Mitte Februar war dies bei einer Zusammenkunft der EU-Botschafter nicht möglich, weshalb die Abstimmung im Rat vertagt wurde.

EU-Lieferkettengesetz

  • Das EU-Lieferkettengesetz soll große Unternehmen zur Rechenschaft ziehen, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren.
  • Betroffen wären Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern bzw. in Risikosektoren mit mehr als 250 Mitarbeitern.
  • Größere Unternehmen müssen zudem einen Plan erstellen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit der Einhaltung der Pariser Klimaziele zur Begrenzung der Erderhitzung vereinbar sind. 

Wegen Meinungsverschiedenheiten in der Regierungskoalition in Berlin hatte Deutschland angekündigt, sich zu enthalten. Auch Österreichs Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) gab bekannt, dass Wien sich bei der Abstimmung enthalten werde. Zudem dürften auch andere Länder, darunter Italien, sich quergelegt haben. Damit der Text im Rat (in dem die EU-Staaten vertreten sind) verabschiedet werden kann, wäre eine qualifizierte Mehrheit (55 Prozent - also 15 von 27 Mitgliedsstaaten, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung abbilden) im Ausschuss der EU-Botschafter nötig.

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Damit wurde eine historische Chance verpasst.

(Bild: SEPA.Media/Michael Indra)

Alma Zadic 

Österreichs Justizministerin Alma Zadic (Grüne) bezeichnet den Ausgang in einer Aussendung als „bitter“. Anders als Kocher hatte sie in der Vergangenheit eine Zustimmung Österreichs gefordert. „Damit wurde eine historische Chance verpasst, Millionen von Kindern vor Ausbeutung zu schützen und unsere Umwelt vor weiterer Zerstörung zu bewahren“, so Zadic.

Sie betonte aber, dass sie trotz des heutigen Rückschlags nicht aufgeben wolle. „Ich werde mich weiter auf allen Ebenen für den Schutz von Kindern, der Natur und der Menschenrechte einsetzen“, heißt es in dem Statement.

ÖVP sieht „demokratische Entscheidung“
Unter Menschenrechtlern und Klimaschützern ist die Aufregung groß. Die grüne Spitzenkandidatin für die EU-Wahl, Lena Schilling, spricht von einem Skandal. Der stellvertretende Kabinettschef von Bundeskanzler Karl Nehammer, Daniel Kosak, verteidigt hingegen das Ergebnis: „Wenn die vorgesehene Mehrheit verfehlt wird, weil die Bedenken groß sind, dann ist das eine demokratische Entscheidung.“

Laut Wirtschaftsminister Kocher zeigt das Ergebnis, „dass neben Österreich auch zahlreiche andere Länder Bedenken an der Umsetzbarkeit des vorliegenden Entwurfs hatten“, sagte er in einer Aussendung. Die Ziele der Lieferkettenrichtlinie unterstütze man aber. „Wir haben weitere Verhandlungen gefordert und hoffen, dass die Gespräche nun wiederaufgenommen werden.“

„Mit dem heutigen Beschluss wurde zu Recht in letzter Minute ein massiver Wettbewerbsnachteil für den europäischen Wirtschafts- und Industriestandort verhindert“, freute sich dagegen Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV). „Für viele Unternehmen, gerade im mittelständigen Bereich, wären die Vorgaben schlichtweg nicht umzusetzen gewesen“.

ÖVP „verhindert“ Menschenrechte
„FDP und ÖVP tragen die Verantwortung dafür, dass heute ein Meilenstein für Umweltschutz und Menschenrechte verhindert wurde“, kritisiert die Umweltorganisation Greenpeace. „Minister Kocher hat sich dabei auf Argumente der Industrie gestützt, die schlicht falsch oder maßlos übertrieben sind“, sagt deren Sprecherin Lisa Panhuber.

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