Zugriff auf Individuen

ÖVP beharrt auf umstrittener Klarnamenpflicht

„Wie schaffe ich es, am Ende des Tages auch einem Individuum habhaft zu werden?“, sei das Problem, das man mit der Klarnamenpflicht zu lösen versuche, sagt Staatssekretär Tursky. Politische Mehrheiten für das Vorhaben sind aber nicht in Sicht.

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Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) beharrt trotz heftigem Widerstand aller anderen Parlamentsparteien inklusive des grünen Koalitionspartners auf ihrer Forderung nach einem Ende der Anonymität im Internet und der Einführung der umstrittenen Klarnamenpflicht. Missbrauchs- und Datenschutzbedenken wiegelt man ab.

Wie können Gesetze im Internet durchgesetzt werden? Dies werde in den kommenden Jahren eine entscheidende Diskussion auf europäischer Ebene, erwartet Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP). Mit Blick auf die von seiner Partei geforderte Klarnamenpflicht - eine Verifizierungspflicht bei Registrierung auf Online-Plattformen, etwa per Ausweis oder Videotelefonat - gebe es datenschutzkonforme Lösungen. Missbrauchsgefahr durch ein autoritäres Regime dürfe nicht davon abhalten, die Menschen vor Vergehen im Netz zu schützen.

Tursky will „Individuum habhaft werden“
Das Internet dürfe kein „rechtsfreier Raum“ sein, auch für Einzelpersonen. Dies sei einer der Grundsätze hinter der EU-Politik im digitalen Bereich der letzten Jahre. Aktuelle europäische Regulierungen, wie der Digital Services Act (DSA), würden aber vorrangig die großen Online-Plattformen in die Pflicht nehmen, nicht die User. „Wie schaffe ich es, am Ende des Tages auch einem Individuum habhaft zu werden?“, sei das Problem, das man mit der Klarnamenpflicht zu lösen versuche. Bisherige Möglichkeiten, Menschen mithilfe von IP-Adressen zu verfolgen, seien „in Wahrheit zahnlos“, so Tursky.

Digital-Staatssekretär Florian Tursky tritt Ende April bei den Innsbrucker Gemeinderatswahlen für die ÖVP als Bürgermeisterkandidat an.

(Bild: Florian Schroetter, Krone KREATIV)

Tursky wolle aber nicht sogenannte „Nicknamen“ verbieten, sondern sicherstellen, dass die Behörden „bei rechtlich bedenklichen oder strafrechtlichen Vorgängen“ vorgehen können. Dafür müsse es möglich sein, zu wissen, wer hinter einem bestimmten Profil stecke. Eine kritische Frage sei hier, welche persönlichen Informationen Nutzer einer Plattform geben müssen. Dies auch angesichts des Risikos, dass Hacker diese Informationen später erbeuten könnten. „Ist es da möglicherweise wirklich der Klarname, der zur Verfügung steht, oder ist es ein Blockchain-basierter Identitätsbrocken, der der Plattform nicht die Möglichkeit gibt, die Person zu identifizieren - aber im Fall einer Strafverfolgung den Behörden diese Möglichkeit geben könnte“, so Tursky. Anders als vor einigen Jahren sei man mittlerweile in der Lage, entsprechende technische Lösungen anzubieten.

Missbrauchsgefahr durch autoritäres Regime
Solche Instrumente müssten auch so gebaut werden, dass die Meinungsfreiheit dadurch nicht eingeschränkt wird. Es bestehe die Gefahr, dass ein autoritäres Regime das Instrument für gegenteilige Zwecke nutzen könnte. „Leider ist auch das die logisch-technische Konsequenz, vor der es gilt, die Menschen durch liberale demokratische Systeme zu schützen“, sagt Tursky. Ein autoritäres Regime würde solche Instrumente aber ohnehin einführen. „Wir dürfen nicht davor zurückschrecken, in einem System wie Österreich, wo ich das ausschließen kann, die Menschen zu schützen.“

Die aktuell größere Gefahr sei die bewusste Desinformation in Online-Netzwerken, auch mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI). „Das macht mir riesige Sorgen, weil das wirkliche Gefahren für unsere Demokratie sind“, so der Politiker. KI könnte hier helfen, gefälschte Bilder oder Videos zu erkennen und davor warnen zu können. Darüber hinaus sei es Aufgabe der Behörden, aufzuklären. „Unsere Aufgabe wird es sein, den Menschen zu sagen, dass sie nicht alles glauben dürfen und kritisch hinterfragen müssen.“ Das man heutzutage auch einem Bild nicht mehr trauen könne, sei „zwar traurig und mühsam, aber es wird die Realität sein.“