Richter Norbert Hofer meinte in seiner Begründung der Strafhöhe, dass die Voraussetzungen für eine "außerordentliche Strafmilderung" vorgelegen haben und daher die Mindeststrafe von zehn Jahren Haft zu unterschreiten war.
Das Verfahren war neu aufgerollt worden, weil der Oberste Gerichtshof das Urteil des Erstgerichts vom September 2011 aufgehoben hatte. Damals wurde der Angeklagte wegen versuchten Totschlags zu einer unbedingten Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (siehe Infobox). Vom Vorwurf des versuchten Mordes wurde der Tiroler damals vom Geschworenengericht freigesprochen.
Zahlreiche Milderungsgründe berücksichtigt
Laut dem Richter seien bei der Bemessung des Strafhöhe zahlreiche Milderungsgründe zu berücksichtigen gewesen, darunter etwa die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten, die Einschränkung der Dispositionsfähigkeit während der Tat sowie die nicht unerhebliche "Provokation des Opfers". Auch dass die Tat beim Versuch blieb, sei dem Beschuldigten als mildernd auszulegen gewesen, erklärte Hofer.
Der Beschuldigte hatte im Prozess einen Mordvorsatz vehement bestritten. Staatsanwalt Thomas Willam hingegen bekräftigte, dass der Tiroler ebendiesen Vorsatz gehabt habe. Es liege eben keine "allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung" vor, meinte Willam. Deshalb habe der Oberste Gerichtshof auch das Ersturteil aus dem Jahr 2011 aufgehoben.
"Höhergradig eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit"
Psychiater Reinhard Haller hatte dem Beschuldigten vor Gericht eine zur Tatzeit "höhergradig eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit" bescheinigt. Der 48-Jährige habe einen "Rappel" gehabt und sei "außer sich geraten", meinte Haller, der dem Angeklagten auch eine "hirnorganische Änderung in seinem Wesen" wegen eines Schädel-Hirn-Traumas infolge eines Autounfalls vor mehr als 20 Jahren attestierte.
Opfer soll Familie tyrannisiert haben
Die Schwester des Angeklagten sei alkoholkrank gewesen und habe ihren Bruder, dessen Frau sowie die gemeinsame Mutter einem "mehrjährigen Terror" ausgesetzt, meinte Verteidiger Albert Heiss. Sie habe unzählige SMS an die Frau des Angeklagten geschickt. Darin habe sie unter anderem behauptet, ihr Bruder habe mit ihr ein sexuelles Verhältnis und gehe außerdem ins Bordell.
Angeblich drohte das spätere Opfer laut Verteidiger auch mehrmals, die im selben Haus lebende Mutter "die Stiege hinunterzuwerfen". Seine Mutter habe deshalb sogar ausziehen müssen. Sogar ein Betretungsverbot sei gegen ihn verhängt worden, weil ihn die Schwester wegen angeblicher sexueller Übergriffe bei der Polizei angezeigt habe, sagte der Angeklagte.
Zehn Mal auf Schwester eingeschlagen
Der 48-Jährige wies zum Tatzeitpunkt 2,24 Promille Alkohol im Blut auf. Er sei an besagtem Abend trotz des Betretungsverbotes in sein Elternhaus eingedrungen, da er aus dem Haus Partygeräusche vernommen habe. Die Schwester feierte dort mit mehreren Jugendlichen. Der Angeklagte trat gewaltsam die Hintereingangstür ein, schnappte sich den Hammer und die Säge, zog die Schuhe aus und ging hinauf zu seiner Schwester.
Beide Werkzeuge habe er auch deshalb mitgenommen, um sich selber zu schützen. Er habe schließlich nicht gewusst, wer konkret sich bei seiner Schwester gerade aufhalte. Weshalb er dann rund zehnmal zugeschlagen habe, könne er sich nicht mehr erklären, meinte der Beschuldigte, der insgesamt 13 Monate in Untersuchungshaft saß und nach dem inzwischen aufgehobenen Ersturteil damals noch unmittelbar im Verhandlungssaal enthaftet wurde.
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