„Gibt‘s nur in Wien“

Simonischek: Berührender Trauerzug um die „Burg“

Adabei Österreich
16.06.2023 15:44

Zahlreiche Mitglieder des Burgtheaterensembles, Freunde und Verwandte haben sich am Freitagnachmittag auf der Feststiege des Burgtheaters versammelt, um sich von Peter Simonischek zu verabschieden. Bereits vor der offiziellen Trauerfeier hatte das Publikum die Möglichkeit zur Verabschiedung, im Anschluss wurde der Sarg des Ehrenmitglieds traditionsgemäß einmal rund um das Burgtheater gefahren.

Wie es der Tradition des Burgtheaters entspricht, wurde der schlichte hölzerne, nur von einem Kreuz geschmückte Sarg mit den sterblichen Überresten des Schauspielers inmitten prächtiger Blumenkränze auf der langen Festtreppe des Traditionshauses aufgebahrt, wo sich die Bevölkerung über Mittag eine Stunde lang verabschieden konnte.

„Only in Vienna“
Auch Kondolenzbücher für letzte, liebevolle Worte an den Star und seine Familie waren aufgelegt. Der Eingang des Burgtheaters war in schwarzer Trauerflor, was besonders staunende Touristen beeindruckte.

Der ehemalige britische Botschafter in Österreich, Leigh Turner, twitterte mit einem Video, das gebe es „only in Vienna“, „nur in Wien“.

Geschlossene Trauerfeier
Nach der Aufbahrung fand eine geschlossene Trauerfeier im Burgtheater statt, an der das Burgtheater-Ensemble, die Familie von Simonischek, Freunde und Freundinnen teilnahmen. Burgtheater-Direktor Martin Kusej, die ehemalige Direktorin Karin Bergmann und Ensemblemitglieder hielten Trauerreden.

Burgtheater-Direktor Martin Kušej würdigte Simonischek als „tollen und außerordentlichen Menschen, Künstlerkollegen und Freund, der zu den ganz großen Schauspielern dieses Landes gehörte“. Er schätze ihn für seine klare und offene Meinung, seinen außergewöhnlichen theatralischen Instinkt und seine gesellschaftspolitische Haltung.

Als Schauspieler sei Simonischek von einer „ganz besonderen Sensibilität und Schlauheit ausgezeichnet“, seine spezielle Aura habe sich in den Zuschauerraum fortgesetzt. Auch Bundestheater Holding-Geschäftsführer Christian Kircher verneigte sich vor dem Schauspieler: „Dass er an unseren Bühnen gespielt hat, war keine Auszeichnung für ihn, sondern für unsere Spielstätten.“

Bewegende Worte fand auch die ehemalige Burgtheaterdirektorin Karin Bergmann, die Simonischeks „immer klaren Kompass“ würdigte und ihn als „freien Geist, großherzig, inspirierend und immer neugierig“ in Erinnerung behält. Ein „Spieler, dem nichts Menschliches fern lag“ und dessen Liebe für das Theater an der Rampe nicht Halt machte, war Simonischek für Ensemblesprecher Philipp Hauß. „Die Zuschauer lagen dir am Herzen.“ Das letzte Wort hatte schließlich Simonischek selbst, dessen Interpretation von Alois Hergouths Gedicht „Abschied“, das 2016 für die Ö1-Reihe „Du holde Kunst“ entstanden war, den Ausklang zur Trauerfeier bildete.

„Die letzte Runde“
Zum Abschluss der Trauerfeier fand eine ganz besondere Tradition des Burgtheaters seine Fortsetzung. Wie Theatergranden vor ihm, darunter Gert Voss, Josef Meinrad oder Paula Wessely, wurde auch Simonischeks Sarg einmal um die  „Burg“ gefahren.

Während des „Zugs um die Burg“ oder „der letzten Runde“ fuhr der  silberne Leichenwagen, gefolgt vom Trauerzug, im Schritttempo einmal um das ehrwürdige Gebäude am Universitätsring.

„Traurig und schön“
Es sei „sehr traurig und sehr schön“. Man habe zum letzten Mal für ihn geklatscht, berichteten Zeugen des nahegehenden Marsches auf Twitter.

Die Bestattung von Peter Simonischek findet am Sonntag in Markt Hartmannsdorf in der Steiermark statt.

„Die letzte Runde“

Die Burg und ihre Tradition
1922 war es Burgtheaterdirektor Hugo Thimig, der als einer der Ersten mit dieser Trauerfeier verabschiedet wurde. Vorgesehen ist dabei, dass das verstorbene Ehrenmitglied des Theaters auf der Feststiege des Hauses aufgebahrt wird und Familie, Freunde sowie Kollegen Abschied nehmen können.

Im Anschluss daran wird der Verstorbene im Leichenwagen einmal um die Burg gefahren, es ist die sogenannte „letzte Runde“.

Zuletzt war es Schauspiel-Gigant Gert Voss, der 2014 auf diese Art und Weise verabschiedet wurde. Für besonderes Aufsehen in der Wiener Gesellschaft sorgte 1996 der Abschied von Josef Meinrad. Denn Überlieferungen zufolge sollen sich damals Bundespräsident Thomas Klestil und Bundeskanzler Franz Vranitzky regelrecht darum gestritten haben, wer denn den Nachruf vortragen durfte.

Auf Paula Wessely, die Mutter von Christiane Hörbiger, Maresa Hörbiger und Elisabeth Orth, dürfte all das abschreckend gewirkt haben. Sie ließ nämlich sogar testamentarisch verfügen, dass sie keine „letzte Runde“ haben wollte.

Starschauspieler sondergleichen
Peter Simonischek ist in seiner langen Karriere das Kunststück gelungen, sowohl den Liebhabern der schweren Dramatik als auch den Freunden leichter Komödien, den Theatergängern wie den Kinofans, Radiohörern wie Fernsehcouchbewohnern ans Herz zu wachsen - und das ohne anbiederische Volkstümelei.

Er starb am 29. Mai im Alter von 76 Jahren im Kreise seiner Familie in seinem Wiener Zuhause.

Seine große Popularität beim Publikum verdankte der am 6. August 1946 geborene Grazer nicht zuletzt seiner frappanten Fähigkeit, in verschiedenste Charakterfächer zu schlüpfen und sich diese ganz zu eigen zu machen.

So ist etwa seine Interpretation eines Pariser Lebemannes an der Seite von Udo Samel in Klaus Michael Grübers Wiederentdeckung des Labiche-Stücks „Die Affäre Rue de Lourcine“ an der Berliner Schaubühne legendär. Zugleich bleibt er als Herr des Salzburger Domplatzes unvergessen, wo Simonischek 2002 bis 2009 eine Rekordzahl prägnanter Auftritte als „Jedermann“ absolvierte.

Und schließlich trat er 2016 mit der Dramödie „Toni Erdmann“ noch im reiferen Alter ins Rampenlicht des Weltkinos.

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(Bild: kmm)



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