„Gefahr nicht kleiner“

Massive russische Granatenangriffe auf Cherson

Ukraine-Krieg
27.11.2022 20:01

Russland hat die von ukrainischen Truppen kürzlich zurückeroberte Stadt Cherson und deren Umgebung massiv beschossen. Bei mehr als 50 Angriffen seien auch Wohnhäuser von Granaten getroffen worden, berichtete Militärgouverneur Jaroslaw Januschewitsch am Sonntag im Nachrichtenkanal Telegram. Demnach gab es mindestens einen Toten und zwei Verletzte. Viele Zivilisten flohen aus der Stadt, die Lage dort ist weiter prekär (siehe Video oben).

Unter dem Druck ukrainischer Angriffe hatten russische Truppen Cherson nach mehr als acht Monaten Besatzung Mitte November geräumt. Die Lage in der Stadt mit einst etwa 300.000 Einwohnern ist auch wegen der Zerstörungen der Stromleitungen und der Infrastruktur kritisch. Auf der Flucht vor Beschuss strömten Zivilisten am Samstag aus der südukrainischen Stadt. Am Stadtrand von Cherson bildete sich eine kilometerlange Schlange von Lastwagen, Lieferwagen und Autos, die zum Teil Anhänger zogen oder Haustiere und andere Habseligkeiten transportierten.

Sieben Tote in 24 Stunden
Insgesamt seien binnen 24 Stunden in verschiedenen ukrainischen Gebieten durch russische Angriffe sieben Zivilisten getötet worden, hieß es vom Präsidialamt in Kiew. Die von Russland unterstützten Separatisten in Donezk berichteten am Sonntag von drei getöteten Zivilisten.

Die Behörden der Hauptstadt Kiew vermelden unterdessen gute Nachrichten: Die Versorgung mit Strom, Wasser, Wärme und Mobilnetz in der Drei-Millionen-Metropole sei nahezu vollständig wiederhergestellt, teilte die Militärverwaltung mit. Die Hauptstadt war vier Tage lang wegen russischer Angriffe auf die Energie-Infrastruktur ohne Strom. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko deswegen ungewöhnlich offen kritisiert. Der ehemalige Box-Weltmeister warnte daraufhin vor politischem Streit.

Schwere russische Verluste in Donezk 
Indes hat Russland nach Einschätzung britischer Geheimdienste in der schwer umkämpften Region Donezk viele Gefallene zu beklagen. Rund um die Städte Pawliwka und Wuhledar im Süden der Region habe es intensive Kämpfe mit schweren Verlusten für die russische Marineinfanterie gegeben, hieß es in einem Bericht des britischen Verteidigungsministeriums. London wertet die Kämpfe auch als Zeichen dafür, dass Russland die Region als möglichen Startpunkt einer Offensive Richtung Norden sieht.

Estlands Regierung sieht das Nachbarland Russland trotz Verlusten nicht entscheidend geschwächt. „Wir müssen ehrlich und klar sein: Die russische Marine und die russische Luftwaffe sind mehr oder weniger so groß wie vor dem Krieg“, so Verteidigungsminister Hanno Pevkur. Zwar hätten die Landstreitkräfte deutlich an Kraft verloren, würden aber „eher früher als später“ den Umfang vor Kriegsbeginn am 24. Februar haben oder sogar größer sein.

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Wir haben keinen Grund zur Annahme, dass die Gefahr durch Russland irgendwie geringer wird.

Estlands Verteidigungsminister Hanno Pevkur

Er erwarte zudem, dass Russland aus dem Kriegsverlauf lernen werde. „Das bedeutet: Sie werden in den kommenden Jahren mehr in die Fähigkeiten investieren, die aus ihrer Perspektive in der Ukraine erfolgreich waren. Wir haben keinen Grund zur Annahme, dass die Gefahr durch Russland irgendwie geringer oder die Bedrohung für die NATO reduziert ist.“ Pevkur warnte zudem vor „Kriegsmüdigkeit“ im Westen und forderte, mehr für die Ukraine zu tun. Besonders bräuchten die Verteidiger Systeme der Flugabwehr sowie schwere Artillerie und Munition.

„Russland zu langem Krieg bereit
Russland habe es nicht eilig, so Pevkur. Er gehe davon aus, dass Russland „von der Mentalität her zu einem langen Krieg bereit ist“. Allerdings wolle die Führung in Moskau angesichts schwerer Verluste bei den Landstreitkräften - womöglich inzwischen 50 Prozent - „eine Art Pause“, um Kräfte neu zu sammeln. Erst im Frühling kommenden Jahres könne man besser sehen, wie lange der Krieg dauern könne. Pevkur: „Werden es Jahre? Schwer zu sagen.“

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