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Türkise Trümmer | Nazi-Sager für die Quote

Können Sie sich an den letzten Tag erinnern, an dem Ihnen keine Meldung über (mögliche) türkise Korruption, parteiinterne Schlammschlachten, gegenseitige Vorwürfe und Unterstellungen oder veröffentlichte skurrile, bedenkliche bis hin zu schlichtweg ekelhaften Chats untergekommen ist? Wir uns auch nicht. Seit einem Jahr dominiert der türkise Trümmerhaufen, den Ex-Kanzler Sebastian Kurz und sein Umfeld hinterlassen haben, die tägliche Berichterstattung. Gestern erst bekam die Posse um die Aussagen Thomas Schmids bei der Staatsanwaltschaft einen neuen Akt: Das skurrile Telefonat, das der Ex-Kanzler mit dem Ex-Öbag-Chef aufgezeichnet und zu seiner Verteidigung Journalisten vorgelegt hatte, sei nur fingiert gewesen. Sagt Schmid. Und Kurz wird reagieren. Sie werden es lesen. Es sind nicht nur die Skandale, ob nachgewiesen oder vermutet, die täglich das Misstrauen der Österreicher in die Staatsspitze und den Verdruss in die Politik allgemein nähren: Ebenfalls gestern empfahl der Rechnungshof, die COFAG aufzulösen. Jene Agentur, die für die Milliarden an Corona-Hilfen verantwortlich gewesen ist. Für das Steuergeld der Österreicher. Die Vorwürfe: Lockdown-Zuschüsse ohne Schadensnachweis. 117 Millionen Euro an überflüssigen Auszahlungen. Ausschreibungen nicht gesetzeskonform, Jobs „maßgeschneidert“. Eingerichtet wurde die Agentur unter Gernot Blümel. Türkiser Finanzminister. Kurz-Vertrauter. Diese täglichen Meldungen lähmen das Land. Lähmen die Regierung, weil die ÖVP in einer Tour damit beschäftigt ist, sich zu rechtfertigen. Und die Grünen damit, ihr Festhalten am Koalitionspartner zu verteidigen. Kommende Woche will die SPÖ in einer Sondersitzung im Nationalrat wieder Neuwahlen beantragen. Auch sie würden das Land lähmen. Aber zumindest das Ende der Lähmung wäre klar definiert.

Wem die politischen Querelen zu mühsam sind, wer die Worte „Umfrage-Affäre“ und „WKSta“ nicht mehr hören kann, dem sei die Flucht in das sogenannte Trash-TV („Müll-TV“) empfohlen. Seichte, leicht verdauliche Unterhaltung, Fremdschämen auf Bestellung: 600.000 Zuseher entflohen bei „Forsthaus Rampensau“ mit diversen C- bis X-Promis auf einer Kärntner Alm der grauen Realität. Doch nun: Skandal und Affären auch hier. Der Nazi-Sager von Kandidatin Kerstin war für den Privatsender ATV zu Recht „nicht tragbar“. Kerstin flog aus der Almhütte und vom Bildschirm. Allerdings: nicht umgehend. Der Sender habe erst reagiert, als andere Kandidaten sich weigerten, mit Kerstin weiterzudrehen, kritisiert der Cast. Unverständlich auch, dass weitere Sendungen mit der - mittlerweile reumütigen - Kandidatin geplant sind. Dass das Thema quasi live diskutiert wird, obwohl die Sendung bereits im Sommer aufgezeichnet und schon lange produziert und geschnitten wurde, hinterlässt einen weiteren fahlen Beigeschmack. Quoten machen mit einem Nazi-Sager? Trash hin oder her - das darf nicht sein.

Haben Sie einen schönen Samstag!

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