Im Missbrauchsfall um einen Sportlehrer, der bis zu seinem Suizid im Mai 2019 an einer Wiener Mittelschule mehr als zwei Dutzend Buben im Alter von neun bis 14 Jahren missbraucht haben dürfte, hat sich am Wochenende bestätigt, dass der Mann bei einem zweiten Wiener Sportverein tätig war. Während er in einem Club der Sportunion eine leitende Funktion innehatte, war er zugleich als Basketball-Trainer bei einem zweiten, einem anderen Verband unterstehenden Verein im Einsatz.
Bisher war bekannt, dass der Pädagoge etliche Schüler zu jenem Sportverein gelotst hatte, wo er als Funktionär tätig war. Er brachte dort auch einen ehemaligen Lehrer, der dort Burschen im Basketball trainierte, und einen früheren Schüler unter - die beiden wurden am vergangenen Montag von einer Opfer-Anwältin wegen Verdachts auf Missbrauch von Unmündigen und Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses angezeigt. Der Jüngere der beiden, der vereinsübergreifend mehrere Sportarten trainiert hatte, war erst vor wenigen Montagen zum Vize-Präsidenten dieses Vereins gewählt worden. Am Mittwoch wurde er bis zur Klärung der gegen ihn gerichteten Vorwürfe von der Sportunion sämtlicher Funktionen enthoben.
Zusätzlich war der verstorbene Sportlehrer parallel zum einen Verein „zwei bis drei Jahre bei uns als Basketball-Trainer tätig“, wie der Präsident des zweiten Vereins am Samstag der APA bestätigte. Gekommen sei es dazu im Zuge einer Kooperation mit der Mittelschule, wo der Pädagoge seit 1996 beschäftigt war. Der Sportlehrer habe die U10-Mannschaft der Buben betreut, sagte der Vereinspräsident.
Verdächtiger war nie allein mit Kindern
„Bei uns gibt es zum Glück keine betroffenen Kinder“, betonte der Präsident. Im Zuge der von einem ehemaligen Schüler des Sportlehrers losgetretenen Ermittlungen - dieser hatte den Pädagogen im April 2019 anzeigt - sei der Verein vom Dachverband und dem Wiener Basketballverband (WBV) unter Einbindung zweier Kinder- und Jugendschutzorganisationen eingehend geprüft worden.
Bei uns gibt es zum Glück keine betroffenen Kinder.
Präsident des zweiten Sportvereins
Auffälligkeiten oder gar Übergriffe seien dabei nicht zutage gekommen. Der Präsident führte dies darauf zurück, dass die Trainings seit jeher stets von zwei Personen geleitet würden: „Er war nie allein mit den Kids. Es war immer ein zweiter Trainer dabei.“ Zum anderen hätte sich Medienberichten zufolge das Interesse des Pädagogen offenbar auf ältere Buben konzentriert.
Fest steht, dass der Pädagoge gemeinsam mit dem nun mitverdächtigen Ex-Lehrer auch im Trainerstab eines mehrtägigen Basketball-Camps war, das Anfang Juli 2017 in Wien stattfand. Der damalige Leiter des Camps versicherte am Samstag auf APA-Anfrage, es sei seinerzeit zu keinen Vorkommnissen gekommen. Das habe man „wirklich eingehend überprüft“.
Strengere Gesetze gefordert
Neben Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) und Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP), die - wie berichtet - von einem „Systemversagen“ auf Behördenebene sprachen, meldete sich am Samstag auch ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker zu Wort: Die Wiener Behörden hätten „viel zu lange weggesehen und keine Ermittlungen in Gang gesetzt“. Sie seien nun „in der Pflicht, für vollumfängliche Aufklärung zu sorgen.“ Seitens der Volkspartei fordere man schon lange möglichst strenge Gesetze, um Kinder in ihrem physischen und psychischen Wohlergehen zu schützen.
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