Landeschef-Interview

Kaiser: „Alle Warnungen in den Wind geschlagen“

Politik
29.07.2022 06:00

Kärntens Landeschef Peter Kaiser kritisiert die „eigenwillige Entscheidung“, die Quarantäne abzuschaffen. Außerdem fordert er einen Mietpreisdeckel und eine amtliche Preisregelung. Peter Kaiser im Interview mit den „Krone“-Redakteuren Ida Metzger und Fritz Kimeswenger.

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) hat Anfang 2023 einen harten Wahlkampf vor sich. Zehn Jahre nach seinem ersten Wahlsieg will er für eine dritte Legislaturperiode kandidieren. Die günstige Stimmung für die SPÖ scheint eine dritte Amtszeit in greifbare Nähe zu bringen. Dafür will er mit tief sozialdemokratischen Rezepten die Teuerung bekämpfen.

„Krone“:Welchen Antrieb hat Ihr Dienstauto?
Peter Kaiser: Es hat einen Hybridantrieb.

Das heißt, Sie benötigen Sprit. In der Vorwoche haben Sie Tempo 100 auf den Autobahnen vorgeschlagen. Wie kann man durch Spritsparen eine Gaskrise bewältigen?
Im „ZiB 2“-Interview bin ich gefragt worden, wie man selbst einen Beitrag zum Energiesparen leisten kann. Alle Studien zeigen, dass Temporeduzierungen die eigenen Ausgaben und den Verbrauch minimieren und Umwelt und Klima schonen.

Sie meinten aber, Ihnen sei lieber Tempo 100 als ein gesperrter Industriebetrieb. Das eine wird das andere nicht verhindern können?
Natürlich nicht 1:1. Jetzt wäre es sinnvoller denn je, Energiesparmaßnahmen mit Klimaschutzmaßnahmen zu verbinden. Beides werden wir jetzt brauchen. Die Länder würden sich freuen, wenn die Bundesregierung hier mehr kommunizieren würde, welche Maßnahmen zum Stromsparen gesetzt werden können. Da passiert bis jetzt nichts.

Das Szenario erinnert das Corona-Management. Der Streit SPÖ-Länder gegen Bund ist ein Dauerbrenner. Ist das mittlerweile eine Masche der SPÖ-Bundesländer?
Vielmehr ist es eine Masche der Bundesregierung, manche Partner wie die drei SPÖ-Bundesländer bewusst aus Kommunikation und Information auszusparen. Immer, wenn es brennt, ruft die Bundesregierung alle Bundesländer zu Hilfe. Wenn es vermeintliche Erleichterungen zu verkünden gibt, dann werden die Bundesländer, zumindest ein Teil, ausgegrenzt. Das zeugt weder von Verantwortungsbewusstsein noch von Leadership.

Tatsache ist, ab August schafft auch Frankreich die Quarantäne ab - und die Franzosen waren bei den Maßnahmen viel rigider als Österreich. Österreich ist also nicht alleine ... 
Alle Experten bestätigen, dass man die Situation der Länder nicht miteinander vergleichen kann. In anderen Staaten ist die Durchimpfungsrate höher und/oder wurde die Quarantäne ausgesetzt, weil die Zahlen sinken. Nur in Österreich hat die Bundesregierung alle Warnungen in den Wind geschlagen und einen eigensinnigen Beschluss gefasst - wohl mehr aufgrund abstürzender Umfragen -, statt ihrer Gesamtverantwortung nachzukommen. Experten zufolge wird die Bundesregierung Österreich so von einer Sommerwelle in eine Herbstwelle hineinmanövrieren. Und besonders gefährdete Menschen, Ältere, Krebspatienten und andere werden einem unnötigerweise noch höheren Risiko ausgesetzt. Selbst der von der Bundesregierung selbst eingesetzte Beraterstab GECKO warnt vor dem Quarantäne-Aus zu einem Zeitpunkt, wo die Infektionszahlen steigen.

Es gibt einen heftigen Clinch zwischen der Stadt Wien und der Regierung, dass die Zahlen, ob Erkrankte mit oder wegen Corona im Spital liegen, von der Stadt Wien nicht gemeldet werden. Liefert das Land Kärnten die Daten?
Ja. Die Daten werden von den Spitälern gemeldet.

Kommen wir nochmals zur Teuerung. Sie fordern progressive Energiepreise. Keinen generellen Deckel, wie Ihre Parteichefin. Das Regierungsmodell der Strompreisbremse klingt Ihrem sehr ähnlich. Damit müssten Sie ausnahmsweise zufriedensein ... 
Ich bin für die Abschöpfung von Übergewinnen. Damit sollen einerseits Haushalte entlastet und andererseits die Unternehmen verpflichtend in regenerative Energien investieren. Man muss das Geld dafür verwenden, dass Mahnungen oder Abschaltungen bei sozial schwachen Menschen nicht passieren, um die Stromarmut zu bekämpfen.

Dann sind Sie für eine Sonderdividendenauszahlung, aber nicht für eine Strafsteuer wie Pamela Rendi-Wagner.
Das ist ein semantischer Unterschied.

Sie wissen schon, dass die Semantik wichtig für die Börsenkurse ist. Wenn man von Strafsteuer spricht, stürzen die Kurse ab, wenn man von Sonderdividendenausschüttung spricht, bleibt der Kurs stabiler ...
Ich wähle eine Semantik, die nicht die Aktienkurse, den Kapitalmarkt und Gewinne in den Mittelpunkt stellt. Sondern ich hinterfrage: Wie kann man der großen Herausforderung der Klimasituation begegnen? Wie kann sich ein Haushalt die Strompreise noch leisten? Und was können jene, die jetzt mehr Geld scheffeln, dafür tun?

Über Peter Kaisers Rolle

Datenklau wird immer mehr zum politischen Druckmittel. Beim sogeannten BlackCat-Angriff sorgten Hacker dafür, dass die IT-Systeme des Landes Kärnten in eine Art Geiselhaft genommen wurden. Fünf Millionen Euro wollten die Hacker dadurch erpressen. 80 Prozent der geklauten Daten stammen von Peter Kaiser und seinem Büro. Eine drei Gigabyte große Zip-Datei wurde mittlerweile im Dark Net veröffentlicht. Die Opposition - vor allem die FPÖ - sucht nun nach belastenden E-Mails.

Wenn Sie bei der Abschöpfung der Gewinne von Energieunternehmen einen anderen Weg gehen wollen: Wie sehen Sie den Vorschlag der Gewerkschaft, dass die Mehrwertsteuer ausgesetzt oder gesenkt werden muss? Sämtliche Ökonomen sagen, dieses Modell verpufft.
Wenn ich will, dass die Grundbedürfnisse trotz Teuerung und Krise gedeckt sind, dann muss man das klar definieren. Das sichert man, indem man die wichtigsten Grundnahrungsmittel leistbar hält. Wenn ich den Mehrwertsteuersatz eine Zeit lang aussetze - das muss allerdings an die Teuerung gekoppelt sein -, dann würde das jenen, die wenig verfügbares Geld haben, weitaus mehr helfen.

Wollen Sie auch eine amtliche Preisregelung?
Wenn man es ganz hart machen will, dann macht man beides. Die Senkung der Mehrwertsteuer und eine Preisregelung. Neben den Grundnahrungsmitteln ist es wichtig, dass jeder ein Dach über dem Kopf hat.

Es braucht auch eine Senkung der Miet- und der Betriebskosten. Das ist in Berlin gescheitert, wo 60.000 Wohnung weniger gebaut wurden.
Nach einem Jahr, wo es keine Delogierungen gab. Wichtig ist, dass die Abwälzungen nicht auf die Mieter passieren.

Die SPÖ liegt bei den Umfragen bei rund 30 Prozent. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig präferiert eine große Koalition. Für welches Modell sind Sie?
Wenn denn Wahlen sind, was wahrscheinlich nicht so schnell passieren wird, könnte ich mir eine neue Form der Koalition vorstellen. SPÖ, NEOS und Grüne hätte viele spannende und fortschrittliche Aspekte.

Im Zuge des BlackCat-Hackerangriffes auf die Landesregierung wurden Daten bekannt, die eine Zurückhaltung von Akten für den Hypo-U-Ausschuss vermuten lassen. Sind Sie froh, dass es in Kärnten keinen Abgeordneten gibt wie Ihren Parteikollegen Jan Krainer? Er wäre sofort vor den Verfassungsgerichtshof gezogen.
Da gibt es gravierende Unterschiede. Denn es gibt noch Gläubiger bei der Hypo, die noch in einer Warteposition sind. Die Informationen, die hier rausgehen, sind schon von einer anderen Natur. Es müssten Datenräume für den U-Ausschuss eingerichtet werden, wo eine Datensicherheit gewahrt ist. Das kann die Landesregierung nicht entscheiden.

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