Psychische Störung

Schizophrenie: Krankheit voller Vorurteile

Gesund Aktuell
03.04.2022 17:00

Niemand muss sich schämen, wenn er an Schizophrenie leidet! Kaum eine Krankheit ist mit so vielen Fehlinformationen sowie Vorurteilen behaftet und wird nach wie vor häufig falsch eingeschätzt. Betroffene leiden unter der Stigmatisierung durch die Gesellschaft, erleben Ausgrenzung und Abwertung. Schizophrenie hat aber nichts mit Persönlichkeitsspaltung zu tun, wie fälschlicherweise oft angenommen wird. Ein Experte klärt auf.

Liest man die möglichen Symptome von Erkrankungen des schizophrenen Formenkreises durch, so stechen Verfolgungswahn, das starke Gefühl zu Besonderem berufen zu sein, Abstumpfung gegenüber anderen, sozialer Rückzug sowie eingeschränkte Denkleistung besonders hervor. Am häufigsten hören die Betroffenen aber Stimmen. Dr. Robert Walter-Herz, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie aus Wien, sieht in der Schizophrenie ein Leiden, das wie kaum ein anderes von Vorurteilen, Missverständnissen, Stigmatisierungen und Informationsmangel geprägt ist: „Irre, verrückt, gefährlich - das sind die häufigsten Ausdrücke der Mitmenschen.“

Daher wird Ihnen, liebe Leser, unser Experte diese psychiatrische Krankheit im Folgenden so darstellen, wie sie realistisch gesehen werden sollte. „Das geschieht, wenn eine Schizophrenie ausbricht: In der Pubertät wird vieles in unserem Gehirn neu verschaltet und umgebaut. Eltern pubertierender Kinder werden das nachempfinden können. In dieser Lebensphase haben alle viel Stress - wir machen neue Erfahrungen, und alte Ordnungen werden in Frage gestellt, Ausbildungen beendet und begonnen, neue Lebenswege beschritten.

Vorgänge sind verwirrend und erzeugen oft Angst
Die psychische Stabilität ist in dieser Zeit extrem fragil. Es ist ja auch die Zeit hormoneller Veränderungen. Manche jedoch empfinden die Vorgänge als besonders belastend, verwirrend und oft auch beängstigend. Es gibt plötzlich keine zuverlässige Verarbeitung von Informationen mehr. Die normale Orientierung geht meistens auf Grund einer genetischen Veranlagung verloren. Typisch sind dann Konzentrationsstörungen, die Leistungsfähigkeit nimmt ab. Das Zusammenleben mit anderen wird komplizierter. Sinnestäuschungen treten auf, Ideen werden nicht hinterfragt, sondern als wahr empfunden. Es kommt zu inneren und äußeren Konflikten. Man hat in dieser Phase das Gefühl, nicht verstanden, sondern beobachtet bzw. verfolgt zu werden. Es regiert die Angst.

All das passiert, wenn ganz bestimmte Fehler im Gehirn auftreten. Wir gehen heute von Veränderungen in der Kommunikation zwischen einzelnen Nervenzellen aus. Dadurch verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen wichtigen Substanzen in der ,Denkfabrik‘. Sehr lange standen für die Schizophrenie aus heutiger Sicht nur fragwürdige Behandlungsmethoden zur Verfügung. Seit etwa 30 Jahren wird aber ein vielversprechender Therapieansatz verfolgt. Allerdings kommt hier - wie bei so ziemlich allen Krankheiten - der Früherkennung entscheidende Bedeutung zu. Weil rechtzeitige Behandlung wie immer am erfolgversprechendsten ist.

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Ich registriere nach wie vor zu viele Vorurteile, unbegründete Ängste, Scham und Schuldzuweisungen, wenn man selbst oder ein Familienmitglied betroffen ist.

Dr. Robert Walter-Herz, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie aus Wien

Experte beklagt Vorurteile und wenig Unterstützung
“Grundsätzlich sind die oft sehr unterschiedlich ausgeprägten Erkrankungen des schizophrenen Formenkreises meistens gut behandelbar. Es gibt mittlerweile eine Anzahl wirksamer Medikamente, unterstützende Psychotherapie und auch soziale Hilfestellungen bezüglich Lebens- und Wohnsituation, Beziehungen, Arbeit etc.“

Für Dr. Herz reicht diese Hilfe jedoch noch nicht aus: „Ich registriere nach wie vor zu viele Vorurteile, unbegründete Ängste, Scham und Schuldzuweisungen, wenn man selbst oder ein Familienmitglied betroffen ist. Ich würde mir für die Kranken noch bessere Unterstützung durch die Familie, die Medizin, einen verständnisvollen Arbeitgeber und überhaupt ein funktionierendes soziales Netz wünschen. Menschen mit dieser schweren psychischen Krankheit können dann durchaus recht gut zurechtkommen.“

Wolfgang Exel
Wolfgang Exel
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