Unterweger vor Gericht

Ein Henkersknoten wurde ihm zum Verhängnis

Steiermark
06.03.2022 11:00

Im schicken Anzug trat er in den Saal, spielte einmal mehr den intellektuellen Lebemann: Am 20. April 1994 begann der Prozess gegen Jack Unterweger. 30 Verhandlungstage später wurde er für schuldig befunden. In der Nacht darauf erhängte er sich in seiner Zelle.

„Meine Damen und Herren Geschworenen, wir sind jetzt für die nächsten zwei Monate zusammen, und ich möchte kein steriler Schauspieler sein. Ich möchte es mit Ihnen so haben wie im Kaffeehaus.“ Gewohnt eloquent zeigte sich Unterweger beim Prozess-Start am 20. April 1994. In seinem Tagebuch zeigte er andere Gefühle: „Neun Uhr. Eintritt in den Saal. Grausam. Römische Arena. Kameras, Reporter, zum Kotzen ihre Zurufe: ,Daher, Jack dorthin!‘" Während der 30 Verhandlungstage selbst blieb er durchgehend charmant.

Erster Prozess mit DNA-Beweisen
Es wird der erste Prozess in der Geschichte Österreichs, der sich auf eine DNA-Spur und eine Tatortanalyse stützt. Aber diese Indizien sind erdrückend: Im BMW von Unterweger wurde ein Kopfhaar gefunden, es stammt von der in Tschechien ermordeten Blanka Bockova. Zudem finden sich Fusseln des roten Schals von Jack Unterweger, den er fast ständig trug, an der Kleidung der erdrosselten Frau in Vorarlberg.

„Wie sollten wir diese Gutachten widerlegen, allein das DNA-Gutachten“, sagt sein Verteidiger Hans Lehofer. „Wir hatten keine Möglichkeit. Der Prozess hing an einem Haar.“ Lynne Herold, die Expertin des FBI, kann zudem nachweisen, dass bei allen Verbrechen ein besonderer Knoten, der sogenannte Henkersknoten, verwendet wurde.

Zitat Icon

Falls Sie Fragen haben, stellen Sie sie bitte. Ich werde Ihnen auf alles Antwort geben. Ich habe den großen Vorteil, dass ich nichts zu verbergen habe, da ich nicht der Mörder bin. Wenn Sie mich bei einer Lüge erwischen, dann verurteilen Sie mich.

Unterweger in seinem Plädoyer

Alle elf Morde von einem Täter begangen
Und FBI-Profiler Gregg O. McCrary, der extra eingeflogen wird, um die Ähnlichkeiten der Taten in den drei Ländern zu untermauern, betont noch heute im „Krone“-Gespräch: „Unsere Auswertungen ergaben, dass die Ähnlichkeiten aller Taten überwogen." Alle elf Morde wurden von einem Täter begangen.

Gerichtspsychiater Reinhard Haller beurteilt den Angeklagten als zurechnungsfähig, aber geistig abnorm. „Abartig, pervers, sadistisch, ein Schwein“, schimpfte Unterweger in Richtung Journalisten. „Das gefällt euch.“ Acht Stunden beraten die Geschworenen, bis sie am 28. 6. um 21 Uhr ihr Urteil fällen. Mit 6:2 Stimmen schuldig in neun Fällen wegen Mordes - in zwei Fällen waren die Leichen für Verwertungen zu verwest.

Lautstark kündigt Unterweger Berufung an, dann wird er abgeführt. Sechseinhalb Stunden später entdeckt ein Justizwachebeamter den 43-Jährigen tot in seiner Zelle. Um den Hals die Kordel seiner Jogginghose. Der Knoten, an dem er sich erhängte, ist gleich geknüpft wie die Schlingen, die um die Hälse der Prostituierten lagen. Das Urteil gegen Unterweger wurde aufgrund seines Todes nie rechtskräftig. Somit gilt für immer die Unschuldsvermutung.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Steiermark
Kostenlose Spiele
Vorteilswelt