Neue „Krone“-Serie

Unterweger: Strahlender Star mit schwarzer Seele

Steiermark
27.02.2022 11:00

Literat, Frauenheld und Serienmörder. Jack Unterweger hielt in den 90er-Jahren die Welt in Atem. Heute vor 30 Jahren wurde er in Miami verhaftet. Eine neue „Krone“-Serie auf den Spuren eines Mythos.

Als „Häfnpoet“ wurde er in den 1980er-Jahren über die Mauern seines Gefängnisses in Stein und auch über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt: Johann „Jack“ Unterweger. Er war der Poster-Boy des humanen Strafvollzugs, das Aushängeschild für die Überzeugung, dass sogar ein Mörder mit guter Behandlung geläutert werden kann.

Die Literatur war das Mittel, mit der er die Aufmerksamkeit auf sich zog. Das erste Theaterstück, das Jack auf der Bühne sah, war sein eigenes: In Handschellen wurde er aus dem Gefängnis zur Premiere gebracht. Er schrieb über seine verkorkste Kindheit: Der Vater ein US-Soldat, der nichts mit ihm zu tun haben wollte. Die Mutter eine Bardame, die überfordert war und ihn zu ihrer Familie nach Kärnten abschob. Der Großvater ein brutaler Mann, der mit dem Buben auf Raubtouren ging, auf denen sie Nutztiere stahlen, und der mit Prostituierten verkehrte - auch vor den Augen von Jack.

Er beherrschte die Kunst der medialen Inszenierung
Die kriminelle Karriere war vorherbestimmt: Mit 16 Jahren wurde Unterweger zum ersten Mal wegen Diebstählen verhaftet. Es folgten Anklagen wegen Zuhälterei und Gewaltdelikten gegen Frauen. Und 1974 der brutale Mord an Margret Schäfer, die ihm jene lebenslange Haftstrafe einbrachte, von der er sich mit seinen literarischen Texten freischreiben wollte.

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Niemand stellte je die Frage, ob ich der Serienmörder bin. Es wurde nur theoretisiert, ob es gelingen würde, mir die Morde nachzuweisen, sie mir anzuhängen.

Unterweger sah sich als Justiz-Opfer

Literaturstars wie Elfriede Jelinek und viele Vertreter der Wiener Kunst-Schickeria setzten sich für seine Freilassung ein - und waren letztlich erfolgreich. Im Mai 1990 wurde er enthaftet und begann einen sagenhaften Aufstieg in der Seitenblicke-Gesellschaft. Der weiße Anzug mit roter Blume am Revers wurde zu seinem Markenzeichen, ebenso der weiße Ford Mustang mit der Nummerntafel „W-Jack 1“. Unterweger beherrschte die Kunst der medialen Inszenierung, machte mit markigen Sprüchen auch in TV-Sendungen wie „Club 2“ von sich hören und schrieb sogar für die Kindersendung „Das Traummännlein“.

Unter der Schale loderte ein tödliches Feuer
Doch unter der schillernden Schale loderte ein tödliches Feuer. Unterweger war alles andere als von seinem sadistischen Hass gegen Frauen geheilt. Nur sechs Monate nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis begann eine Mordserie, die elf Opfer in nur zehn Monaten fordern sollte. In Prag, Wien, Graz, Lustenau und Los Angeles wurden Prostituierte brutal ermordet - der Täter agierte immer gleich: Er machte einen Henkersknoten in ihre Unterwäsche und strangulierte die Frauen damit.

Als der Verdacht auf Jack Unterweger fiel - er war zu den Tatzeitpunkten immer in der jeweiligen Stadt - floh er mit seiner minderjährigen Freundin in die USA. Am 27. Februar 1992 - genau heute vor 30 Jahren - wurde er in Miami festgenommen.

Es war der Beginn des letzten Kapitels seines Lebens: Nach zwei Jahren U-Haft begann der Prozess in Graz. Ein letztes Mal genoss Jack die Aufmerksamkeit der Medien. Ein letztes Mal glaubte er, die Verantwortung für die Taten mit seinem Charme abwenden zu können. Doch der strahlende Star mit der schwarzen Seele scheiterte: Am 29. Juni 1994 wurde er für neun der elf angeklagten Morde verurteilt. Sechs Stunden nach dem Urteil erhängte er sich in seiner Zelle.

Fakten

  • Johann „Jack“ Unterweger wurde am 16. 8. 1950 in Judenburg geboren und wuchs beim Großvater in Kärnten auf.  
  • 1974 verübte er einen Mord und wurde zu einer lebenslangen Haft verurteilt.  
  • Er wurde gefeiert als Häfnpoet. Künstler setzten sich für seine Enthaftung ein.  
  • Am 23. Mai 1990 kam er frei und wurde zum Teil der Seitenblicke-Gesellschaft.  
  • 6 Monate nach der Freilassung begann eine Mordserie, die elf Opfer forderte.  
  • Am 27. 2. 1992 wurde er in Miami festgenommen.
  • Nach zwei Jahren U-Haft stand er wegen Mordes vor Gericht.
  • Am 29. Juni 1994 wurde er verurteilt.  
  • Sechs Stunden nach dem Urteil erhängte er sich in seiner Zelle.

Für die neue „Krone“-Serie „Der Fall Jack“ haben wir mit Menschen gesprochen, deren Begegnung mit Unterweger bis heute einen Schatten auf ihr Leben wirft: Geliebte, Polizisten, Künstler und Gutachter erzählen in den kommenden Tagen über ihre Erfahrungen mit dem Serienmörder.

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