Erst 35 Jahre alt

Chile: Linker Boric gewinnt Präsidenten-Stichwahl

Ausland
20.12.2021 06:35

Der frühere Studentenführer Gabriel Boric ist mit 35 Jahren zum neuen Präsidenten Chiles gewählt worden. Der Kandidat des linken Wahlbündnisses „Apruebo Dignidad“ (Ich stimme der Würde zu) kam in der Stichwahl am Sonntag nach Auszählung fast aller Stimmen auf 55,9 Prozent. Sein rechtsgerichteter Rivale José Antonio Kast, dessen Familie deutsche Wurzeln hat, erkannte seine Niederlage an.

„Ich habe gerade mit Gabriel Boric gesprochen und ihn zu seinem großen Triumph beglückwünscht“, schrieb der 55-jährige Kandidat der Republikanischen Partei auf Twitter. „Ab heute ist er der gewählte Präsident Chiles.“ Boric ist der Nachfolger des konservativen Staatschefs Sebastian Pinera, der nach zwei Amtszeiten nicht noch einmal antreten durfte.

Die Wahl galt aufgrund der gewaltigen politischen Kluft zwischen beiden Kandidaten als Weichenstellung, vielen sogar als wichtigste Wahl seit Chiles Rückkehr zur Demokratie 1990. Boric hatte 2011 die Studentenproteste in Chile angeführt und im ersten Wahlgang vor vier Wochen knapp hinter Kast Platz zwei belegt.

Tausende feierten angezogen von seiner ersten Rede auf der Hauptverkehrsstraße Alameda in der Hauptstadt Santiago de Chile und in anderen Städten des südamerikanischen Landes. Boric versicherte seinen Landsleuten, er wolle die im Wahlkampf offen zutage getretenen Gräben zwischen Rechts und Links überbrücken: „Ich werde der Präsident aller Chileninnen und Chilenen sein.“

Endgültige Abkehr von Pinochets Erbe angestrebt
Boric, Sohn kroatischer und katalanischer Einwanderer, will das Land wirtschaftspolitisch vom Erbe des früheren Militärdiktators Augusto Pinochets lösen, das er für die große soziale Ungleichheit in Chile verantwortlich macht. Er hat ein öffentliches Bildungswesen und bessere Gesundheitsversorgung versprochen, setzt sich für die Rechte von Migranten, Indigenen und Homosexuellen ein.

Noch-Präsident Sebastián Piñera gratulierte Boric zum Sieg. In einer kurzen Ansprache wünschte der Konservative der künftigen Regierung „den allergrößten Erfolg“. „Sie werden der Präsident aller Chilenen sein und werden den Auftrag haben, alle unsere Landsleute zusammenzuführen“, schrieb Piñera auf Twitter. Der Konservative Piñera war schon von 2010 bis 2014 Präsident. 2018 trat er eine zweite Amtszeit an.

Rechter Rivale sympathisiert mit Diktator Pinochet
Kast hingegen hatte seinen Wählern Steuersenkungen, einen Grenzgraben gegen illegale Einwanderung und hartes Vorgehen gegen Kriminelle in Aussicht gestellt. Der neunfache Vater und strenggläubige Katholik gilt als Sympathisant des früheren Diktators Augusto Pinochet.

Insgesamt waren in dem südamerikanischen Land rund 15 Millionen Menschen wahlberechtigt. Chile gilt als leuchtendes Beispiel in der Region. Das Land hat das höchste Pro-Kopf-Einkommen in Südamerika, die Armut konnte in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gesenkt werden. Probleme bereitet vielen Menschen aber nach wie vor die große soziale Ungleichheit. Weite Teile des Gesundheits- und Bildungswesens sind privatisiert, immer mehr Chilenen fühlen sich abgehängt vom privilegierteren Teil der Gesellschaft. Vor zwei Jahren gingen über Wochen hinweg jeden Tag Tausende auf die Straße, um soziale Reformen und den Rücktritt von Präsident Sebastián Piñera zu fordern.

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