Interne Präsentationen

Bericht: So hilft Huawei China bei der Überwachung

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15.12.2021 13:07

Huawei dürfte bei der Überwachung der chinesischen Bevölkerung eine viel größere Rolle spielen als der Technologieriese bislang öffentlich eingeräumt hat. Das zumindest legen interne Marketing-Präsentationen nahe, mit denen Huawei zeigt, wie seine Technologien Regierungsbehörden dabei helfen können, Personen anhand ihrer Stimme zu identifizieren, politisch interessierte Personen zu überwachen, ideologische Umerziehung und Arbeitspläne für Gefangene zu verwalten und Einzelhändlern dabei zu helfen, Einkäufer mithilfe von Gesichtserkennung zu verfolgen.

Das berichtet die „Washington Post“ unter Berufung auf mehr als 3000 teils als „vertraulich“ eingestufte PowerPoint-Folien des Unternehmens, die die US-Zeitung einsehen konnte. Sie beleuchten die Rolle des Konzerns bei fünf Überwachungslösungen in China, die Huawei gemeinsam mit Partnerunternehmen entwickelt hat: die Analyse von Sprachaufzeichnungen, die Überwachung von Haftanstalten, die Standortverfolgung politisch interessierter Personen, die polizeiliche Überwachung in der Region Xinjiang sowie die Überwachung von Mitarbeitern und Kunden.

Viele der PowerPoint-Präsentationen wurden dem Bericht nach am 23. September 2014 erstellt, wobei die letzten Änderungen an den Dateien laut den Metadaten der Präsentationen im Jahr 2019 oder 2020 erfolgten. Jede der fünf Präsentationen hat eine letzte Folie, auf der das Copyright von Huawei Technologies Co., Ltd. vermerkt ist.

Einige dieser Überwachungsprodukte waren noch in diesem Monat in einem Online-Katalog von Huawei aufgeführt. Andere wurden daraus entfernt, tauchten dem Bericht nach aber in diesem Jahr in staatlichen Beschaffungsdokumenten oder Patentanmeldungen unter den Markennamen von Partnerunternehmen von Huawei auf.

Die Zeitung konnte laut eigenen Angaben nicht bestätigen, wem die chinesischsprachigen Präsentationen gezeigt wurden und wann. Einige der Folien zeigten jedoch Überwachungsfunktionen, die speziell für Polizei- oder Regierungsbehörden bestimmt seien, was darauf schließen lasse, dass chinesische Regierungsbehörden das Zielpublikum gewesen sein könnten, hieß es.

Identifikation per „Stimmabdruck“
So soll Huawei etwa 2018 zusammen mit dem chinesischen KI-Unternehmen iFlytek mit der sogenannten iFlytek Voiceprint Management Platform ein System zur Identifikation von Personen anhand von aufgezeichneten „Stimmabdrücken“ vorgestellt haben. Dem Bericht nach war iFlytek eines von 28 Unternehmen, die im Oktober 2019 vom US-Handelsministerium wegen Menschenrechtsverletzungen gegen die ethnische Minderheit der Uiguren sanktioniert wurde

Wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen in der Region Xinjiang von den USA sanktioniert wurde diesen Juli auch das Start-up DeepGlint, das zusammen mit Huawei eine „One Person One File“ (Eine Person, eine Datei) genannte Gesichtserkennungslösung entwickelt haben soll. In einem Bericht wird die Technologie damit angepriesen, dass sie der öffentlichen Sicherheit in Urumqi, der Hauptstadt der Region Xinjiang, geholfen hat, eine Reihe von kriminellen Verdächtigen festzunehmen.

In der Präsentation heißt es, das System sei seit 2017 in Urumqi im Einsatz - ein Zeitraum, der mit den Massenverhaftungen von Uiguren in Xinjiang zusammenfällt.

Smarte Gefängnisüberwachung
Andere Folien legen nahe, dass Huawei einige technische Grundlagen für Chinas umstrittene Umerziehungs- und Arbeitsprogramme für Gefangene mitentwickelt hat. Bei einem Projekt mit der Bezeichnung „Huawei and Hewei Smart Prison Unified Platform“ handelt es sich demnach um ein umfassendes Gefängnisüberwachungssystem, das gemeinsam mit dem chinesischen Unternehmen Shanghai Hewei Technology entwickelt wurde.

Neben physischen Sicherheitsaspekten wie Videokameras und intelligenten Toren umfasst das System dem Bericht nach auch Software für die Verwaltung der Zeitpläne von Häftlingen, einschließlich der Teilnahme an ideologischen Umerziehungskursen und Arbeitsschichten im Gefängnis, wie aus den Screenshots in der Präsentation hervorgeht.

Wie aus einer Auflistung von „Erfolgsfällen“ hervorgeht, wurde die Technologie in Gefängnissen in der Inneren Mongolei und der Provinz Shanxi eingesetzt sowie in Haftanstalten speziell für Drogenstraftäter in der Region Xinjiang.

Überwachung von Angestellten und Kunden
Nicht alle Überwachungsprodukte von Huawei wurden jedoch für Regierungszwecke hergestellt. Einige wurden laut „Washington Post“ auch für Unternehmen entwickelt, unter anderem, um Angestellte beim Faulenzen zu erwischen oder Kunden in Einzelhandelsgeschäften zu identifizieren.

So soll die von Huawei und dem in Nanjing ansässigen Unternehmen 4D Vector entwickelte „Smart Service Center Joint Solution“ etwa die Bewegungen der Mitarbeiter aufzeichnen und eine Warnung ausgeben, wenn diese zu schlafen scheinen, sich nicht an ihrem Arbeitsplatz aufhalten oder mit ihrem Telefon spielen.

Huawei weist Vorwürfe zurück
Huawei selbst wies die Vorwürfe zurück: „Huawei hat keine Kenntnis von den Projekten, die in dem Bericht der ‚Washington Post‘ erwähnt werden“, sagte das Unternehmen in einer Erklärung, nachdem die Zeitung einige der Folien an Unternehmensvertreter weitergegeben hatte, um einen Kommentar zu erhalten. „Wie alle anderen großen Dienstanbieter bietet Huawei Cloud-Plattformdienste an, die den gängigen Industriestandards entsprechen.“

Huawei erklärte weiters, keine Systeme zu entwickeln oder zu verkaufen, die auf eine bestimmte Personengruppe abzielten. Von allen Teilen des Unternehmens sowie von Partnern verlange man, die geltenden Gesetze und die Geschäftsethik einzuhalten. „Der Schutz der Privatsphäre hat für uns oberste Priorität“, so das Unternehmen.

Die chinesische Botschaft in Washington wies die Kritik an Huawei als „unbegründet“ zurück. „Huawei hat seit langem öffentlich seine Bereitschaft bekundet, ein ‘No backdoor‘-Abkommen zu unterzeichnen und in jedem Land ein Cybersicherheits-Bewertungszentrum einzurichten, um sich einer externen Prüfung zu unterziehen“, hieß es. Bislang habe kein anderes Unternehmen eine solche Verpflichtung übernommen.

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