Eine rekordverdächtige Zahl von über 100 Vormerkungen hat der junge Serbe bereits als strafunmündiger Täter bei der Polizei gesammelt. Und erwartungsgemäß dauerte es nur wenige Stunden nach seinem 14. Geburtstag, bis er straffällig wurde. Im Wiener Landl wird er grinsend vorgeführt und sagt: „Mir war einfach langweilig.“ Er wird schließlich nicht rechtskräftig zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
Umringt von Justizwachebeamten werden die zwei Burschen in den Verhandlungssaal 204 im Wiener Landl gebracht. Ob sie den Ernst der Lage verstanden haben? Ihrer Reaktion nach zu urteilen, ist das fraglich: Kichernd und grinsend werden die Jugendlichen an den Kameras der Medienvertreter vorbeigeführt. Dabei sind die Vorwürfe schwerwiegend: Es geht um eine Vielzahl von Delikten.
Über 100 Vormerkungen
Dabei ist der Erstangeklagte erst am 23. März 14 Jahre alt geworden – keine Woche später wurde er bereits festgenommen. Die Behörden hatten den jungen Serben nämlich schon ganz genau im Auge: Er hat nämlich bereits als strafunmündiger Täter über 100 Vormerkungen gesammelt. In bis zu drei Autohäuser, Geschäfte und Lokale pro Nacht ist er zusammen mit einer ganzen Bande von großteils Kindern eingebrochen, nahm dort Bargeld und Wertgegenstände mit. Fanden sie dort einen Autoschlüssel, nahmen sie auch gleich das Fahrzeug mit.
Mir war einfach auch langweilig. Ich brauchte das Adrenalin.
14-jähriger „Systemsprenger“
„Was schätzen Sie, wie viele Einbrüche haben Sie schon gemacht?“, will die Richterin von dem erst seit einigen Wochen Jugendlichen wissen. „Keine Ahnung. Das weiß ich nicht auswendig.“ Und warum? „Ich hab‘ kein gutes Verhältnis zu meinem Betreuer im Krisenzentrum. Ich wollte dort nicht schlafen.“ – „Das heißt ja nicht, dass Sie einbrechen müssen.“ – „Mir war einfach auch langweilig. Ich brauchte das Adrenalin“, sagt der 14-Jährige schulterzuckend.
Seit jungen Jahren im Krisenzentrum
Sein Verteidiger Wolfgang Ebner gibt einen Einblick in die Kindheit: „Mein Mandant ist schon ein armer Teufel.“ Von klein auf war der Serbe im Krisenzentrum, klapperte dort mehrere Stationen ab. Anschluss in der Schule fand er nie. „Das war möglicherweise die einzige Freizeitbeschäftigung, die er für sich gesehen hat“, sagt der Anwalt über die Straftaten.
Zu denen sich der sogenannte „Systemsprenger“ großteils schuldig bekennt. Bloß bei einem Einbruchsdiebstahl will er absolut nicht dabei gewesen sein – an seinem 14. Geburtstag wurde ein Juweliergeschäft ausgeräumt. Fünf Tage später nahm die kriminelle Tour des Jugendlichen ein Ende: Mit seiner Bande brach er in ein Autohaus ein, sie nahmen einen roten Toyota in Betrieb und begaben sich auf eine Spritztour – die mit einer wilden Verfolgungsjagd und schließlich einem schweren Unfall endete ...
Spritztour endete mit schwerem Unfall
Mit von der Partie und auch der Fahrer des Toyotas: Der 16-jährige Zweitangeklagte. Den jüngeren „Systemsprenger“ habe er „draußen“ kennengelernt. „Wir sind einfach durch die Straßen gegangen und es war langweilig“, erklärt er, warum auch er Einbruchsdiebstähle – „drei pro Nacht“ – begangen hatte.
Am 28. März war er es, der mit vollem Karacho vor der Polizei davon fuhr, sogar auf zwei Beamte zuraste und sich im zweiten Bezirk schließlich überschlug. Zwei strafunmündige Mitfahrer wurden teilweise schwer verletzt. Im Prozess treten sie nur als Zeugen auf, sie sind unter 14 Jahre alt. „Sie haben eh alle mehr als genug Schutzengel gehabt“, so die Richterin – stummes Nicken.
Dem 14-Jährigen und seinem älteren Freund drohen im Wiener Landl bis zu zweieinhalb Jahre Haft. Ende April stand der Jugendliche das erste Mal vor Gericht: Da fasste er zehn Wochen Haft für eine zertrümmerte Autoscheibe aus.
Gefängnisstrafen für „Systemsprenger“
So glimpflich kommt er bei dem Konvolut an Straftaten, die nun in seinem zweiten Prozess gegenständlich sind, nicht davon. Er wird zu einer Zusatzstrafe von neun Monaten und zwei Wochen verurteilt – davon muss er nur drei tatsächlich in Haft. Für die Zeit auf Bewährung wird Psychotherapie, eine Ausbildungs- und Wohnweisung auferlegt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Der 16-Jähriger kassiert 15 Monate, davon fünf in Haft. Er muss außerdem ein Anti-Gewalt-Training absolvieren und per Weisung eine Ausbildung machen. Auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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