"Einheit des Volkes"

Libyens Führung lehnt Rückzug von Gadafi ab

Ausland
05.04.2011 13:51
Die libysche Führung hat sich zu Wahlen und Reformen bereit erklärt, lehnt aber einen Rückzug von Machthaber Muammar al-Gadafi weiter kategorisch ab. Dieser sei der Garant "für die Einheit des Volkes und der Stämme", sagte Regierungssprecher Mussa Ibrahim am Montagabend in Tripolis auf die Frage von Journalisten nach Verhandlungen mit dem Westen. Unter dem Druck des NATO-Militäreinsatzes in Libyen hatte Gadafi zuletzt begonnen, sich international um eine diplomatische Lösung des Konflikts zu bemühen.

Niemand könne nach Libyen kommen und den Menschen sagen, sie müssten Gadafi oder ihr System oder ihre Regierung loswerden, sagte Ibrahim: "Wer sind Sie, so etwas zu sagen?" Vom Ausland könnten keine Bedingungen gestellt werden, selbst wenn das Land bereit sei, Vorschläge für mehr Demokratie, Transparenz, Pressefreiheit und Kampf gegen die Korruption zu diskutieren, betonte der Regierungssprecher. "Entscheiden Sie nicht unsere Zukunft von außen, machen Sie uns Vorschläge für einen Wandel von innen heraus."

Aus persönlichem Interesse gegen Gadafi?
Über Gadafi sagte Ibrahim, er habe keine offizielle Position inne, von der er zurücktreten könne. "Er hat eine symbolische Bedeutung für das libysche Volk. Wie Libyen regiert wird, das ist eine andere Sache. Welches politische System in dem Land besteht, das ist eine andere Sache. Das ist eine Frage, über die wir sprechen können." Einigen westlichen Regierungschefs warf Ibrahim vor, Gadafi aus persönlichem Interesse oder wirtschaftlichen Gründen stürzen zu wollen. "Wir wissen, dass es einige amtierende Politiker im Westen gibt, die schlicht ein persönliches Problem mit dem Führer haben."

Vorwürfe, Gadafi-Truppen würden Zivilisten angreifen, wies der Regierungssprecher zurück. "Ich werde nicht hier stehen und für eine Regierung sprechen, die Zivilisten tötet. Was denken Sie, was wir sind - Monster?" Ibrahim bedauerte zudem die Entscheidung Italiens, die Aufständischen als legitime Vertreter Libyens anzuerkennen (siehe auch Infobox).

USA beenden Luftangriffe auf Libyen
Die USA haben unterdessen vorerst ihre Luftangriffe auf Libyen beendet. Die US-Kampfflugzeuge seien in der Nacht auf Dienstag um Mitternacht aus dem internationalen Lufteinsatz zurückgezogen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Washington mit. Ursprünglich wollten die USA bereits am Wochenende ihre Kampfflugzeuge und Tomahawk-Marschflugkörper aus dem Einsatz zurückziehen.

Allerdings bat die NATO das Pentagon darum, den Einsatz bis Montag auszudehnen. Dem stimmte Washington zu, nun wurde aber die Beteiligung an den Luftangriffen eingestellt. Die US-Kampfflieger bleiben aber in erhöhter Bereitschaft für etwaige NATO-Anfragen.

Sanktionen gegen geflohenen Minister aufgehoben
Am Montag haben die USA außerdem die Sanktionen gegen Ex-Außenminister Moussa Koussa, der sich in der vergangenen Woche nach Großbritannien abgesetzt hatte, aufgehoben. Zur Begründung erklärte das Finanzministerium in Washington auf seiner Internetseite, Koussa habe "die Verbindungen gekappt, die ihn mit dem Gadafi-Regime verbanden". Deshalb gehöre er nicht mehr zu den Personen, die von den US-Sanktionen gegen Gadafi betroffen seien.

Zu diesen Sanktionen gehört unter anderem das Einfrieren der Guthaben Gadafis und seiner Gefolgsleute. Der 59-Jährige galt bisher als einer der wichtigsten Vertrauten Gadafis, das Weiße Haus hatte seine Flucht als "harten Schlag" für den libyschen Machthaber bezeichnet. Der ehemalige Chef des libyschen Geheimdienstes wird vom Westen unter anderem verdächtigt, in den Lockerbie-Anschlag verwickelt gewesen zu sein. Bei dem Bombenanschlag auf eine Pan-Am-Passagiermaschine 1988 starben 270 Menschen.

Gadafi-Sohn: Keine Flucht des Ministers
Saif al-Islam Gadafi, der Sohn des libyschen Machthabers, hat am Dienstag hingegen seine Auffassung der "Flucht" des Ex-Außenministers gegenüber der britischen BBC vertreten. "Er hat uns gesagt, dass er krank ist und alle drei Monate nach London ins Krankenhaus muss", erklärte Saif al-Islam im Interview. Koussa habe sich nicht wirklich von Gadafi senior losgesagt, sondern lediglich medizinische Behandlung in Großbritannien benötigt. Den Briten hätte er "lustige Geschichten" erzählt, die sie gerne hören wollten, um vom Reiseverbot der internationalen Gemeinschaft für libysche Regime-Funktionäre befreit zu werden. Von bröckelnder Unterstützung für Muammar al-Gadafi könne daher überhaupt keine Rede sein.

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