EU und USA entsetzt
Berlusconi sprengt die Anti-Mubarak-Allianz
Ägypten solle sich laut Berlusconi hin zu einer Demokratie entwickeln, ohne mit Mubarak zu brechen. Dieser werde vom Westen und dort vor allem von den USA als weiser Mann gesehen, sagte der italienische Ministerpräsident - sehr zur Überraschung westlicher Spitzenpolitiker. Indes gehen die Krawalle in Kairo weiter (siehe Infobox). Nach wie vor prügeln Mubarak-Anhänger ungehindert auf Regimekritiker ein.
Die US-Regierung setzt - im Gegensatz zu Berlusconi - offenbar nicht mehr auf den 82-jährigen Mubarak und sein Regime. Mittlerweile führen Diplomaten offenbar Gespräche mit Mitgliedern der ägyptischen Führung über eine sofortige Ablösung des Präsidenten. Die "New York Times" berichtete in der Nacht auf Freitag, der Vorschlag sehe die Übergabe der Macht an Vize-Präsident Omar Suleiman vor. Dessen Regierung würde dann eine sofortige Verfassungsreform einleiten mit dem Ziel freier Wahlen im September. Auch solle die Übergangsregierung das Gespräch mit Oppositionsgruppen suchen, einschließlich der verbotenen Muslimbrüder. Mubarak selbst sei an den Gesprächen nicht beteiligt.
Der Sprecher des US-Außenministeriums, P.J. Crowley, sagte zu dem Zeitungsbericht, US-Präsident Barack Obama und Außenministerin Hillary Clinton hätten die Regierung in Ägypten zu einem geordneten Übergang aufgefordert. Was alles darüber hinaus angehe: "Unsere Ratschläge bleiben vertraulich."
Auch EU ringt sich zu Erklärung durch
Am Freitagnachmittag konnte sich dann auch Europa zu einer gemeinsamen Erklärt durchringen: Der EU-Gipfel fordert jetzt einstimmig einen sofortigen Übergangsprozess in Ägypten. "Alle Parteien sollten Zurückhaltung übenm, jede weitere Gewalt vermeiden und einen geordneten Übergang zu einer Regierung auf breiter Basis beginnen", hieß es am Freitag in Brüssel. "Dieser Übergangsprozess muss jetzt starten."
Iran sieht Volksaufstand als "islamisches Erwachen"
Ganz anders hat sich indes das iranische geistliche Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei über den Volkstaufstand in Ägypten und den vorangegangenen Regierungssturz in Tunesien geäußert. Die Volksaufstände seien Ausdruck des "islamischen Erwachens". Mubarak bezeichnete er als "Diener der Zionisten und der USA".
Die gegenwärtigen Ereignisse hätten eine besondere Bedeutung für den Iran, sagte Khamenei beim Freitagsgebet in der Universität Teheran. Er rief das ägyptische Volk auf, den Protest fortzusetzen, bis ein auf der "islamischen Religion basierendes System" errichtet sei. Er hoffe, dass sich die Armee mit den Menschen verbünde. "Der größte Feind der Armee ist das zionistische Regime, nicht das Volk", sagte Khamenei. Dreißig Jahre sei Ägypten in den Händen eines "Feindes der Freiheit" gewesen. Die Israelis seien am stärksten beunruhigt über die Ereignisse, weil sie wüssten, dass es sich um ein einschneidendes Ereignis in der Region handle, wenn Ägypten nicht länger zu ihren Verbündeten zähle.
Mubarak: "Wenn ich gehe, bricht Chaos aus"
Mubarak will ungeachtet der anhaltenden Proteste und Gewaltexzesse vorerst im Amt bleiben. In einem Interview des US-Senders "ABC" bekräftigte er am Donnerstagabend seine grundsätzliche Bereitschaft zum Rückzug, sagte jedoch: "Aber wenn ich heute zurücktrete, wird Chaos ausbrechen." Nach Angaben des Senders hält sich Mubarak mit seiner Familie im schwer bewachten Präsidentenpalast in Kairo auf.
"Ich habe es satt, im öffentlichen Leben zu stehen", sagte der 82-Jährige. "Ich habe genug, ich möchte gehen." Die Furcht um ein Chaos im Land halte ihn jedoch davon ab. "Ich kümmere mich nicht darum, was die Menschen sagen, sondern um Ägypten", sagte der 82-Jährige, der seit 30 Jahren an der Macht ist. Zu den regulären Wahlen im September meinte Mubarak: "Ich habe niemals vorgehabt, nochmals anzutreten." Er habe auch nicht geplant, dass sein Sohn Gamal ihn als Präsident ablöst. Zugleich betonte Mubarak, er werde nicht aus Ägypten flüchten. Er werde zu Hause sterben.
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