Livebericht aus Israel

Segenreich: „Hamas nutzt Zivilisten als Schutz“

Ausland
19.05.2021 16:39

Zwei Wochen dauern die Kämpfe im Gazastreifen nun bereits an, es leidet vor allem die Zivilbevölkerung. Inzwischen sind es mehr als 200 Tote, die meisten davon auf palästinensischer Seite. Internationale Bemühungen um einen Waffenstillstand sind bisher ergebnislos geblieben, wenn auch langsam ein Hoffnungsschimmer auftaucht. Die Hintergründe und die Perspektiven erklärt im krone.tv-Studio Ben Segenreich, er ist österreichisch-israelischer Journalist und Nahostexperte, im Gespräch mit Damita Pressl.

„In letzter Zeit hat die Intensität ein wenig abgenommen“, berichtet Segenreich aus Herzlia, einer Vorstadt von Tel Aviv. Die Hamas schieße nach wie vor Raketen auf israelische Städte, jetzt aber vor allem in Südisrael, es werde außerdem nicht mehr so häufig geschossen und nicht mehr mit so vielen Raketen gleichzeitig. Dennoch sei der Konflikt natürlich nach wie vor präsent, so Segenreich, und die israelische Luftwaffe greife auch weiterhin den Gazastreifen an.

„Iron Dome“ fängt Raketen ab, die in der Stadt landen würden
Im Vergleich zum letzten gröberen Konflikt 2014 sei Hamas nun „imstande, viel intensivere Salven abzuschießen“, berichtet Segenreich - etwa gleichzeitig mehrere Raketen auf eine israelische Stadt, „in der Hoffnung, dass die dort aufgestellte Abwehrbatterie nicht alle diese anfliegenden Raketen abwehren kann“. Aber auch die Israelis haben ihr System weiterentwickelt; die Erfolgsquote des Abwehrsystems ist damit die gleiche, nämlich rund 90 Prozent. „Die Eisenkuppel ist ziemlich raffiniert und einzigartig, sie kann in Sekundenschnelle erkennen, ob eine Rakete tatsächlich gefährlich ist oder nicht. Die meisten von ihnen gehen ja irgendwo im Gelände nieder“, erklärt Segenreich. Das System fange somit nur jene Raketen ab, die tatsächlich in einer Stadt landen würden.

„Man weiß, irgendwann geht das zu Ende. Politisch kann man mit so einem Raketenterror nichts erreichen und er bringt eine Lösung nicht näher, im Gegenteil.“ Ähnliche Runden der Gewalt habe es immer wieder gegeben, sagt Segenreich. Die humanitäre Lage sei prekär, die Sachschäden vor allem im Gazastreifen enorm. Aber: „Selbstverständlich gibt es hier keine Symmetrie. Die Hamas schießt vorsätzlich Raketen in Städte hinein. Man kann sagen, das ist das Schulbeispiel eines Kriegsverbrechens.“ Israel tue das genau Umgekehrte und versuche, möglichst genau zu schießen und möglichst wenige Zivilisten zu treffen. Dazu käme, dass Hamas „ihre eigenen Zivilisten als Schutzschild benutzt“. Hamas-Einrichtungen befänden sich nämlich in urbaner Umgebung, ihre Raketen kämen teils aus der Nähe von Schulen, Spitälern oder Moscheen.

Ein Waffenstillstand sei aber bereits in Sicht, sagt Segenreich, aushandeln wird ihn federführend wohl Ägypten. Innenpolitisch profitiere Ministerpräsident Benjamin Netanyahu: „Die Chance, eine Koalitionsregierung zu bilden, die Netanyahu ablösen würde, ist drastisch gesunken. Denn in einer solchen müssten auch arabische Parteien mitarbeiten.“ In der Krise habe man aber gemerkt, dass es nicht einfach sei, arabische Parteien an der Führung Israels zu beteiligen.

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