Schweden abgeblitzt

Assange entlassen: “Toll, wieder frische Luft zu riechen”

Ausland
17.12.2010 07:57
Der Gründer der Internet-Enthüllungsplattform WikiLeaks, Julian Assange, ist nach Zahlung einer Kaution aus der Haft entlassen worden. Assange erschien am Donnerstagabend auf der Treppe des High Court in London. "Es ist toll, wieder die frische Luft Londons zu riechen", sagte er. Zuvor hatte das Gericht die vorläufige Haftentlassung gegen eine Barkaution von 200.000 Pfund sowie Sicherheitszahlungen von weiteren 40.000 Pfund genehmigt.

Das Gericht wies einen Einspruch Schwedens gegen die vorläufige Haftentlassung zurück, weil keine Fluchtgefahr bestehe. Die schwedischen Behörden werfen Assange sexuellen Missbrauch zweier Frauen vor, wobei es aber nicht um eine Vergewaltigung im "klassischen" Sinn geht, sondern um ungewollt ungeschützten, aber ansonsten freiwilligen Sex mit zwei einstigen Verehrerinnen. 

Assange fürchtet Auslieferung an die USA
Über die Auslieferung selbst wird erst im Jänner vor britischen Gerichten verhandelt. Kritiker halten die Sex-Vorwürfe für vorgeschoben und vermuten in Wahrheit politische Motive hinter der Inhaftierung des Aktivisten. Assange könnte quasi auf direktem Weg von Schweden an die USA ausgeliefert werden, wo man seit Wochen fieberhaft an einer Anklage gegen den WikiLeaks-Gründer bastelt. Am Donnerstag hieß es, Assange solle als Komplize jenes US-Soldaten angeklagt werden, der u.a. die "Cablegate"-Dokumente von den Servern des US-Außenministeriums entwendete (siehe Infobox).

Die US-Regierung wiederum streitet eine Verwicklung in die juristischen Vorgänge um Assange ab. "Es ist ein Rechtsverfahren in Großbritannien im Gange, und wir verfolgen das, aber wir haben keinerlei Beteiligung daran", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Philip Crowley, am Donnerstag in Washington. Dass die USA etwas mit den Vergewaltigungsvorwürfen gegen Assange zu tun haben sollen, bezeichnete Crowley als "Verschwörungstheorie".

Schweden-Beschwerde verhinderte Freilassung
Ein Londoner Gericht hatte bereits am Dienstag entschieden, Assange könne gegen Sicherheitsleistungen von insgesamt 240.000 Pfund und strenge Auflagen aus der U-Haft freikommen. Unter anderem solle er eine elektronische Fußfessel tragen. Außerdem müsser er sich ständig auf dem Landsitz Ellingham Hall in der ostenglischen Grafschaft Suffolk aufhalten - dort hat Assange beim Journalistenverband "Frontline Club" Unterschlupf gefunden - und sich täglich bei der Polizei melden.

Die britische Vertreterin der schwedischen Justiz vor Gericht, Gemma Lindfield, hatte dagegen aber Berufung eingelegt und dadurch einen Aufschub der Freilassung erwirkt. Auch wenn Assange eine elektronische Fußfessel trage, einen festen Wohnsitz nachweisen könne, sich täglich bei der Polizei melde und seinen Pass abgebe, bestehe weiterhin Fluchtgefahr, argumentierte sie. Das Gericht sah die Fluchtgefahr jedoch auch in zweiter Instanz nicht gegeben.

Australien stellt Ermittlungen gegen WikiLeaks ein
Unterdessen können Assange und WikiLeaks einen weiteren Erfolg verbuchen: Die australische Polizei hat ihre Ermittlungen gegen die Enthüllungsplattform eingestellt. Die Veröffentlichung von Depeschen der US-Diplomatie verstoße nicht gegen australisches Recht, teilte die Polizei am Freitag mit. Das vorliegende Material sei abschließend geprüft worden, die australische Justiz sei nicht zuständig.

Australiens Justizminister Robert McClelland erklärte aber, die Regierung bleibe weiterhin besorgt über die "unautorisierte und unverantwortliche Verbreitung von Geheimmaterial". Da die veröffentlichten Dokumente jedoch der US-Diplomatie entstammten, sei die US-Justiz zuständig. Die australische Regierung hatte zuvor erklärt, das Vorgehen von WikiLeaks sei "höchst unverantwortlich" und möglicherweise illegal.

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