"Cablegate"
Araber forderten US-Militärschlag gegen den Iran
Aus den Berichten der US-Diplomatie geht ziemlich deutlich hervor, dass einige arabischen Herrscher nichts gegen eine Militärintervention der USA zur Zerstörung des iranischen Atomprogrammes hätten bzw. diese sogar einforderten - eine Strategie, die sie öffentlich so bisher nicht geäußert haben.
Kolportiert wird von den US-Diplomaten unter anderem, dass Ägyptens Präsident Hosni Mubarak die Mächtigen in Teheran für "Lügner" hält und von einem "tiefen Hass auf die Islamische Republik beseelt ist". Der saudische Botschafter Adel al-Jubair soll in einem Gespräch mit US-Diplomaten gesagt haben, König Abdullah von Saudi-Arabien habe Washington bereits 2008 in Bezug auf den Iran aufgefordert, "der Schlange den Kopf abzuschlagen".
Arabische Regierungen zurückhaltend
Der irakische Außenminister Hoshiyar Zebari kritisierte die jüngsten WikiLeaks-Veröffentlichungen als "unpassend" und "nicht hilfreich". Kein Wunder: In einem der "cabel" beschreiben US-amerikanische Diplomaten, dass der Iran pro Jahr mehrere Millionen Dollar ausgibt, um sich im Irak Unterstützer zu erkaufen.
Von den anderen arabischen Regierungen gab es keine offiziellen Statements, dafür aber mediale Ausweichmanöver. Die halbamtliche syrische Zeitung "Tishrin" streute Zweifel an der Echtheit der Dokumente. Die regierungsnahe irakische Zeitung "Al-Sabah" erklärte, Diplomaten seien nicht unfehlbar: "Es ist möglich, dass einige dieser Analysen und Einschätzungen falsch sind." Der saudische Sender Al-Arabiya, der seinen Sitz in Dubai hat, berichtete zwar über die WikiLeaks-Dokumente. Alles, was die regionalen Herrscher und Probleme anging, wurde jedoch ausgeklammert. Im Außenministerium in Riad hieß es: "Kein Kommentar."
Nordkorea lieferte Raketen an den Iran
Aufhorchen lässt in den Dokumenten auch eine angebliche Raketenlieferung Nordkoreas an den Iran. Die "New York Times" berichtet unter Berufung auf eine Depesche ("cable") aus dem Jahr 2007, dass Teheran aus Pjöngjang 19 Raketen erhalten hat, die mit Atomsprengköpfen bestückt werden können und eine Reichweite von mehr als 3.000 Kilometern erreichen. Theoretisch hätte eine solche Rakete - den "Cablegate"-Dokumenten zufolge - je nach Abschussrichtung auch Berlin oder Moskau erreichen können.
Und: Die Dokumente legen nahe, dass die Lieferungen über den Hafen von Peking erfolgte. Die USA hatten von der Lieferung Wind bekommen und China aufaufgefordert, diese zu stoppen. Sie seien enttäuscht gewesen, dass Peking dem kaum Folge leistete. Vonseiten Chinas gab es dazu am Montag kein offizielles Statement.
Israel erfreut: "Erstmals Einigkeit"
Erfreut über die Enthüllungen zeigte sich indes Israel. Zu den Berichten, dass auch Saudi-Arabien auf einen Militärschlag gegen den Iran gedrängt haben soll, meinte Premier Benjamin Netanyahu am Montag: "Zum ersten Mal in der Geschichte herrscht Einigkeit in der Region, dass die Hauptbedrohung der Iran und seine Aufrüstung sind." Sollten die Informationen von WikiLeaks dazu führen, dass die politischen Führer in der Region dies künftig auch offen sagen, sehe er einen möglichen Durchbruch. "Dieses gemeinsame Verständnis ist der Schlüssel für einen regionalen Frieden", sagte Netanyahu.
Die Einschätzung der US-Diplomaten zu Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad überrascht hingegen keineswegs. In den Depeschen wird Ahmadinejad gar mit Adolf Hitler verglichen. Dieser Einschätzung durch einen US-Diplomaten in Abu Dhabi folgt ein Vergleich der derzeitigen Lage angesichts des iranischen Atomprogramms mit der Situation in Europa vor dem Zweiten Weltkrieg.
Iran: "Psychologische Kriegsführung"
Ahmadinejad hat die Enthüllungen am Montag als "wertlos" bezeichnet. "Diese Dokumente verfolgen bestimmte politische Ziele. Sie sind eine gewisse Art von Geheimdienst-Spiel und haben deshalb keine einzige legale Grundlage", sagte Ahmadinejad bei einer Pressekonferenz. Er sprach von psychologischer US-Kriegsführung und zeigte sich überzeugt, dass die Enthüllungen keine Folgen für die Beziehungen des Iran mit den arabischen Ländern haben würden.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.