Partei zieht Reißleine

Junger Linker empört mit „Klima-Holocaust“

Ausland
28.01.2020 17:19

Dass Umweltschützer bereit sind, für ihre Sache sehr weit zu gehen und Klimaaktivisten mitunter als Radikale gesehen werden, ist angesichts der anhaltenden Klimadebatte immer wieder Auslöser hitziger Diskussionen. So auch in Deutschland, wo ein junger Kandidat der Linken und selbsternannter Klimaaktivist mit seinen Aussagen für Empörung sorgt. Denn der erst 18 Jahre alte Tom Radtke setzte just am Holocaust-Gedenktag eine Reihe von verstörenden Tweets ab, in denen er den Holocaust und den Klimawandel in Verbindung bringt. Seine Partei zeigte sich entsetzt und entschied sich am Dienstag dazu, die Zusammenarbeit mit dem 18-Jährigen zu beenden. Damit nicht genug, droht Radtke der Parteiausschluss.

Tom Radtke kandidiert auf Platz 20 der Liste der Linken für die Bürgerschaftswahl am 23. Februar in Hamburg. Daneben engagiert sich der 18-jährige Schüler im Kampf gegen die Klimakrise, er bezeichnet sich auf seiner Homepage selbst als Klimaaktivist. „Seit zwei Jahren kämpfe ich gegen den Klimawandel und für radikalen Umweltschutz“, schreibt er dort. Doch der junge Nachwuchspolitiker musste jetzt lernen, wie überaus glatt das politische Parkett doch sein kann.

„Nazis gehören auch zu den größten Klimasünder*innen“
Denn mit seinen jüngsten Tweets ist der 18-Jährige für viele zu weit gegangen. Radtke schrieb am Montagabend in dem Kurznachrichtendienst über das Gedenken an den Holocaust: „Heute vor 75 Jahren wurde Auschwitz befreit. Der Holocaust war eines der größten Verbrechen im 2. Weltkrieg. Die Nazis gehören auch zu den größten Klimasünder*innen, da ihr Vernichtungskrieg und ihre Panzer riesige Mengen an CO2 produziert haben“.

Den Tweet versah er mit dem entsprechenden Hashtag #WeRemember, unter dem am Montag auch Österreichs Regierungsspitze die Erinnerung an den Holocaust wachhielt. Noch dazu verwendete er ein Bild, das zuvor bereits für Diskussionen gesorgt hatte.

„Was tun sie gegen den Klima-Holocaust?“
In einem zweiten Tweet legt Radtke noch nach: „Viele Politiker sagen, dass sich das nicht wiederholen darf. Aber was tun sie gegen den Klima-Holocaust, der in diesem Moment Millionen Menschen und Tiere tötet?“ Und weiter schreibt er: „Wir müssen die Klimaerwärmung jetzt stoppen, damit sich ein Holocaust nicht wiederholt.“

Der Landesverband Hamburg der Linken zeigte sich in einer Reaktion entsetzt über die Entgleisung. Die Spitzenkandidatin der Linken, Cansu Özdemir, schrieb auf Twitter: „Eine solche Gleichsetzung, eine solche Relativierung und Instrumentalisierung des Holocaust ist völlig absurd, schockierend und unverzeihlich. Wir verurteilen das ohne Einschränkung.“

Auch Fridays for Future Hamburg distanzierte sich bereits von den Aussagen des 18-Jährigen. Und auch die prominente Stimme der Bewegung, Luisa Neubauer, sprach in einem Tweet von „Nonsense“, der noch dazu mit einem Foto von ihr verbreitet werde.

Der Landesverband der Linken in Hamburg kündigte zunächst an, ein Gespräch mit dem Kandidaten führen zu wollen und dann über Konsequenzen zu entscheiden. Doch frei nach Willy Astor kommt Radtke nicht als „Jung und dumm“ mit einer Ermahnung davon, denn am Dienstagnachmittag teilte der Hamburger Landesverband mit, die Zusammenarbeit mit Radtke zu beenden.

Die Linke Hamburg forderte Radtke, der in den Tweets plötzlich nur noch Tom R. genannt wird, zudem auf, seine Kandidatur zurückzuziehen. Man berate nun ein ordentliches Parteiverfahren bis hin zum Ausschluss, heißt es weiter. Radtke selbst äußerte sich bislang noch nicht zu der Entscheidung der Linken, die Reißleine zu ziehen.

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