„Grundrechtseingriffe“

Datenschützer für Pause bei Sicherheitsgesetzen

Web
09.05.2019 07:10

Der deutsche Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber tritt dafür ein, vorerst keine neuen Sicherheitsgesetze mehr zu beschließen. „Bevor weitergehende Möglichkeiten für Grundrechtseingriffe geschaffen werden, sollten die Sicherheitsbehörden besser erst einmal die bereits bestehenden Kompetenzen voll ausschöpfen“, sagte Kelber am Mittwoch bei der Vorstellung seines Tätigkeitsberichts zum Datenschutz in Berlin. „Wir brauchen dringend eine Sicherheitsgesetz-Pause.“

Es verstetige sich der Trend, die Kompetenzen der Sicherheitsbehörden zur Verarbeitung personenbezogener Daten immer umfassender auszuweiten. „Gerade vor dem Hintergrund einer kontinuierlich zurückgehenden Kriminalitätsrate ist diese Entwicklung für mich unverständlich“, kritisierte Kelber.

Kritisch äußerte er sich auch zur Video-Überwachung an öffentlichen Plätzen, die am Berliner Bahnhof Südkreuz erprobt worden war. Nach der Pilotphase habe er erhebliche Zweifel, ob es sinnvoll und datenschutzkonfom sei, diese biometrische Gesichtserkennung flächendeckend einzuführen. „Ich sehe nach wie vor hohe Fehlerquoten.“ Würde ein solches Verfahren generell eingeführt, würden wohl viele Menschen völlig unberechtigt polizeilichen Maßnahmen unterzogen.

„Facebook nicht datenschutzkonform“
Hart ins Gericht ging Kelber auch mit Facebook. Das soziale Netzwerk arbeite in seiner heutigen Form nicht datenschutzkonform, bemängelte der deutsche Bundesdatenschutzbeauftragte. Als Beispiel nannte er die sogenannten Fanpages, die Unternehmen für den Kontakt mit ihren Kunden verwenden. Hier gibt es immer wieder Debatten über die Verarbeitung personenbezogener Daten.

DSGVO internationales Vorbild
Eine insgesamt positive Bilanz zog Kelber zu der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die seit vergangenem Jahr angewandt werden muss. Sie entwickle sich weit über Europa hinaus zu einem Standard, an dem sich auch Staaten und Regionen vor allem in Asien, Nord- und Südamerika orientierten.

Die ersten Monate nach Wirksamwerden der Verordnung seien „von großen Ängsten und plakativen Falschmeldungen“ geprägt gewesen. Oft hätten die Betreiber von Websites, die ihre Angebote aus Angst um den Datenschutz vom Netz genommen hätten, aber „die Flinte zu früh ins Korn geworfen“. Er wolle dabei helfen, dass solche Angebote weiterbestehen können, betonte Kelber. Und unter Umständen müssten Regelungen auch vereinfacht werden.

Letztendlich sei aber die bei Einführung der Verordnung vielfach befürchtete „Abmahnwelle“ wegen Datenschutzverstößen ausgeblieben. Auch nach der DSGVO dürften natürlich wie bisher Fotografien angefertigt und veröffentlicht werden. „Und selbstverständlich dürfen auch weiterhin Namen an den Klingelschildern von Mehrfamilienhäusern stehen“, fügte Kelber hinzu.

Wachsendes Interesse an Datenschutz
Nach seinen Angaben gibt es offenbar ein wachsendes Interesse am Datenschutz. Seit Ende Mai 2018 bis Ende des Jahres hätten seine Behörde 6507 allgemeine Anfragen und 3108 Beschwerden erreicht. Das seien innerhalb von gut sieben Monaten mehr als doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2017.

Kelber war im November vergangenen Jahres zum Datenschutzbeauftragten gewählt worden und stellte am Mittwoch erstmals seinen Tätigkeitsbericht zum Datenschutz vor.

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