Härtere Taktiken

„Scorpion“: Polizei fährt Motorrad-Diebe nieder!

Ausland
24.11.2018 07:08

Der Kampf gegen das Verbrechen erfordert in Großbritannien immer härtere Taktiken: Weil London schon seit geraumer Zeit von einer steigenden Zahl an gewalttätigen motorisierten Dieben in Atem gehalten wird, hat die Polizei zu drastischen Mitteln gegriffen. Ein eigenes „Team Scorpion“ darf etwa bei der Verfolgung die Verbrecher mit dem Auto von ihren Zweirädern stoßen (siehe Video oben). Eine gefährliche Vorgehensweise, die aber laut Metropolitan Police bereits Wirkung zeige.

Die Londoner Polizei betonte in einer Pressemeldung am Freitag, dass die härteren Taktiken gegen Diebe, die mit Zweirädern zuschlagen, dazu beigetragen hätten, die Kriminalität deutlich zu reduzieren. Die Zahl der Diebstähle, bei denen Motorräder, Mopeds und Motorroller verwendet werden, sei in der Hauptstadt um 36 Prozent gesunken, seit die „Operation Venice“ im Oktober 2017 ins Leben gerufen wurde.

2017 fast 20.000 Straftaten auf motorisierten Zweirädern begangen
Über die britische Hauptstadt war in der jüngeren Vergangenheit eine regelrechte Welle an teils äußerst brutalen Diebstählen dieser Art hereingebrochen. Angaben der Londoner Polizei zufolge wurden im Zeitraum Jänner bis Oktober 2017 19.455 Straftaten registriert, bei denen motorisierte Zweiräder eingesetzt wurden. Im Vergleichszeitraum 2018 waren es „nur noch“ 12.419. Im selben Zeitraum stieg bei den Verfolgungsjagden der Polizei der Anteil mit Beteiligung von Moped-Dieben von 24 auf 40 Prozent.

Als Teil von „Operation Venice“ wurden Beamte mit einem speziellen Markierungsspray zum Beschießen von Verdächtigen ausgestattet, zudem können mithilfe von ferngesteuerten Spikes die Reifen zum Platzen gebracht werden. Auch Hubschrauber können zur Überwachung aus der Luft angefordert werden - und es werden eben auch Polizeiautos eingesetzt, um Verdächtige von ihren Motorrädern zu stoßen. Die Metropolitan Police veröffentlichte dazu am Freitag ein Video, in dem mehrere erfolgreiche Einsätze mit dem sogenannten taktischen Kontakt zu sehen sind.

Die Polizeibeamten hätten sich in der Vergangenheit nur äußerst zögerlich auf Verfolgungsjagden mit den Dieben eingelassen, von denen mancher gar nur 14 Jahre jung sei, heißt es dazu in einem Bericht des „Guardian“. Zu groß sei die Angst der Einsatzkräfte vor Verletzten oder Toten im Zuge der Verfolgung gewesen - auch von unbeteiligten Verkehrsteilnehmern und Passanten. Der Anstieg bei den - auch immer gewalttätiger ablaufenden - Diebstählen mit motorisierten Zweirädern habe aber letztlich drastische Maßnahmen erforderlich gemacht, begründete die Londoner Polizei nun die harten Methoden von „Operation Venice“.

Polizeifahrer speziell für „taktischen Kontakt“ geschult
Ein Team an Polizeifahrern mit dem Namen „Scorpion“ wurde deshalb speziell für den „taktischem Kontakt“ geschult. Dabei wurden auch Richtlinien entwickelt, bei denen Rechtsexperten eingesetzt wurden, um die Wahrscheinlichkeit einer strafrechtlichen Verfolgung von Beamten für die im Oktober 2017 eingeführte Taktik zu minimieren. Bisher haben Polizisten laut offiziellen Angaben seit Jahresbeginn ganze 63-mal Verdächtige von ihren Mopeds oder Motorrollern gestoßen, einschließlich derjenigen, die im Zuge der Verfolgungsjagd ihre Helme abgenommen hätten.

Inspector Jim Corbett erläutert dazu gegenüber dem „Guardian“: Diejenigen, die dachten, sie würden nicht verfolgt, wenn sie ihre Helme abnehmen, seien überrascht gewesen. „Ein großer Mythos, den wir haben, ist, dass die Leute denken, wenn sie ihre Helme abnehmen, würden sie nicht verfolgt werden“, so Corbett.

Er schildert als Beispiel eine Festnahme, bei der ein Gauner nach einer Verfolgungsjagd zu den Beamten sagte: „Ich habe meinen Helm abgenommen, weil ich dachte, ihr würdet aufhören, mich zu verfolgen.“ Der Dieb war bei seiner Flucht von der Straße auf den Gehsteig gewechselt. Die Beamten stuften ihn deshalb als eine Gefahr für die Öffentlichkeit ein und benutzten „taktischen Kontakt“, um ihn erfolgreich von seinem Motorroller zu stoßen.

„Eine der schwierigsten Taktiken, die ein Polizist anwenden kann“
„Scorpion“-Fahrer Sergeant Tony McGovern zufolge sei es eine der schwierigsten Taktiken, die er als Polizist anwenden könne: „Es ist nur ein kleiner Anstoß. Es ist kontrolliert.“ Laut McGovern seien die Verdächtigen wirklich perplex, wenn sie von ihren Fahrzeugen gestoßen werden. „Sie sind schockiert. Sie sagen: ,Wir dachten nicht, dass Sie das dürfen.‘ Besonders nicht, wenn sie ihren Helm abgenommen haben. Sie sind verwirrt.“

Der erfahrene Beamte ergänzt, dass andere Polizeiautos zunächst versuchen würden, die Fahrt des Zweirads zu verlangsamen, bevor er und andere Spezialfahrer von „Scorpion“ das Gefährt des Diebes mit „möglichst langsamer Geschwindigkeit“ niederstoßen würden. Ziel sei es bei jedem Einsatz, die Verletzungen von Verfolgten und vor allem auch von Unbeteiligten möglichst zu minimieren. „Unsere gut ausgebildeten Polizeifahrer wägen die Risiken ab und entscheiden unter diesen Umständen über die am besten geeignete Taktik“, betont auch Commander Amanda Pearson.

Mehrere Faktoren hatten in London ab Anfang 2017 zu dem explosiven Anstieg der sogenannten Moped-Kriminalität geführt. So war die Anzahl der Besitzer von motorisierten Zweirädern - hauptsächlich Mopeds und Motorrollen - in der Metropole rasant gestiegen, verbunden mit Sicherheitsmaßnahmen, die nicht hart genug waren, damit diese nicht ständig gestohlen werden.

Lukratives Geschäft mit gestohlenen Handys
Ein weiterer wesentlicher Faktor ist das lukrative Geschäft mit gestohlenen Mobiltelefonen. iPhones seien dabei das bevorzugte Ziel bei zwei Dritteln der Diebstähle, gefolgt von Samsungs Galaxy-Smartphones. Jugendliche, die hinter den Diebstählen stehen, können umgerechnet rund 2000 Euro pro Stunde verdienen - sie lukrieren laut Polizei etwa 200 Euro pro gestohlenem Handy.

Weil die Diebe bei ihren Aktionen immer häufiger Gewalt angewendet hätten, sahen sich die Behörden zum Handeln gezwungen - und starteten schließlich die „Operation Venice“ ...

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